Staphylococcus aureus

Vorkommen

  • Beim gesunden Menschen findet man Staphylococcus aureus in wechselnder Häufigkeit in der Standortflora des vorderen Nasenbereiches, seltener in der Rachenflora, an bestimmen Bereichen der Hautflora (besonders Perineum = Darmregion) und sporadisch auch in der Darmflora.

Eigenschaften des Erregers

  • Staphylococcus aureus zeigt keine besonderen Nährstoffansprüche; die Kolonien sind meist gelb pigmentiert und zeigen auf Blutagar oft eine Hämolyse. Es können aber auch weiß pigmentierte Kolonien vorkommen. In der Zellwand dieser Staphylokokken ist der Clumping-Faktor lokalisiert, der über Fibrinogen und lösliche Fibrinkomplexe zu einer Verklumpung des Plasmas führt. Die pathogene Bedeutung dieses Faktors wird noch diskutiert. 
  • Auf der Zellwandoberfläche ist bei Staphylococcus aureus das Protein A nachzuweisen, welches die Staphylokokken vor einer Phagozytose schützt. Interessant ist, dass sich dieses Protein A unspezifisch mit dem Fc-Stück von IgG-Antikörpern verbinden kann. 
  • Imposant ist der Ferment und Toxinreichtum des Staphylococcus aureus:
    • Koagulase
      • Dieses Exoenzym wirkt auf das Prothrombin ein. Das dadurch gebildete Staphylothrombin führt zu einer Plasmakoagulation, welche der natürlichen Blutgerinnung gleicht. 
      • Dank dieses Ferments sind die eingedrungenen Staphylokokken in der Lage, einen schützenden Fibrinwall gegen die Abwehrmechanismen des Körpers zu bilden. 
      • Dieses Ferment ist die Mitursache der bei Staphylokokken typischerweise zu beobachtenden Abszessbildung.
    • Hämolysin
      • Von den vier bekannten Hämolysinen (a-, b-, d- und e-Hämolysin) ist humanmedizinisch das a-Hämolysin am wichtigsten. 
      • Dieses Toxin weist eine letale Wirkung auf, es kommt zum Aktivitätszusammenbruch bestimmter Organzellen, insbesondere von Ganglienzellen. 
      • Auch eine dermonekrotische Wirkung kommt dem a-Hämolysin zu.
    • Leucocidin
      • Dieses Toxin schädigt spezifisch die Leukozyten, wodurch ebenfalls die Phagozytose als wichtigster Abwehrmechanismus des Körpers gegen Staphylokokken gestört wird.
    • Fibrinolysin (Staphylokinase)
      • Mit diesem Enzym können die Staphylokokken Plasminogen aktivieren, das dadurch entstehende Plasmin führt zur Fibrinauflösung. 
      • Staphylokokken bilden das Fibrinolysin erst einige Zeit nach der Koagulase. N
      • achdem sich die Staphylokokken vorerst im Schutz des Fibrinmantels vermehren konnten, vermögen sie dann dieses Fibrin selbst aufzulösen und sich damit einen Weg zur Ausbreitung freizumachen.
    • Hyaluronidase
      • Dieses Enzym löst die interzelluläre Kittsubstanz Hyaluronsäure auf, dadurch wird ebenfalls eine Ausbreitung der Staphylokokken gefördert.
    • Proteasen
      • Die Staphylokokken bauen mit Hilfe der Proteasen verschiedenste Eiweißstoffe ab, um sie dann für ihren eigenen Stoffwechsel zu nutzen. 
      • Eine dieser Proteasen kann über das Thrombin ebenfalls zu einer Blutgerinnung führen. 
      • Manche Staphylokokken bilden eine Protease, welche den für Influenzaviren entscheidenden Pathogenitätsfaktor Hämagglutinin aktivieren und damit das in Gang kommen bzw. das Ausmaß dieser Virusinfektion fördern kann. 
      • Staphylococcus aureus gehört damit zu den mit Recht gefürchteten Begleitkeimen einer Influenza-Pneumonie.
    • Lipasen
      • Staphylokokken schließen mit Hilfe der Lipasen verschiedene Lipoide auf, um die Abbauprodukte für ihren eigenen Stoffwechsel zu verwenden.
    • Lysozym
      • Das Staphylokokkenenzym ist in seiner Wirkung dem Eiweißlysozym ähnlich. 
      • Ebenso wie die bei Staphylokokken reichlich nachzuweisenden Bekteriocine schafft es dem Staphylococcus eine Lebensnische innerhalb einer grampositiven Mischflora.
    • Enterotoxine
      • Rund ein Drittel aller Staphylococcus-aureus-Stämme sind in der Lage, Enterotoxine zu bilden und sie an die Umgebung abzugeben. 
      • Man unterscheidet die Enterotoxine A, B, C, D und E. 
      • Noch ungeklärt ist ihre Wirkung und die Umstände, unter denen die gebildeten Enterotoxine schließlich zu Staphylokokkenenterotoxikose führen.
    • Exifoliativtoxine
      • Diese epidermolytischen Toxine verursachen eine intraepidermale Spaltbildung in der Haut, wodurch das "Staphylococcal Scalded Skin-Syndrom" (SSSS) ausgelöst wird (beim Säugling spricht man auch von der Ritterschen Erkrankung). 
      • Man kennt zwei Toxine, das Exfoliatin A und das Exfoliatin B, die besonders von Staphylokokken der Phaggruppe II gebildet werden.
    • Toxic shock syndrom toxin 1
      • Das TSST-1 wird nur von etwa einem Drittel aller Staphylococcus-aureus-Stämme produziert.
      • Es verursacht das "Toxic shock syndrom". 
      • Die genauen Entstehungsmechanismen des TSS sind noch nicht geklärt.

Pathogenese und Klinik

  • Die für die Menschen pathogenen Staphylococcus-aureus-Stämme zeigen große Unterschiede in ihrer Virulenz.
  • Keines der oben aufgeführten Toxine oder Enzyme kann bei invasiven Infektionen als der entscheidende Virulenzfaktor angesprochen werden. 
  • Die Virulenz ist vielmehr als die Summe aller Aktivitäten eines Staphylokokkenstammes anzusehen. 
  • Darüber hinaus musste man in den letzten Jahren feststellen, dass manche virulenten Staphylokokken auch eine besondere Epidemietendenz besitzen. Worauf diese beruht, ist nicht bekannt.
  • Auf der Haut und Schleimhautoberfläche werden Staphylokokken nur dann zum Entzündungserreger, wenn eine Vorschädigung oder eine lokale Resistenzminderung vorliegt (z.B. Dermatitis). 
  • Sind Staphylokokken in das Zwischengewebe des Körpers eingedrungen, dann können sie die unterschiedlichsten Infektionsprozesse verursachen oder mitunterhalten. 
  • Als typische Staphylococcus-aureus-Prozesse sind zu nennen: 
    • Osteomyelitis (= Knochenmarksentzündung)
    • Furunkel, Karbunkel (= Ansammlung dicht beieinanderliegender Furunkeln)
    • Mastitis (= Brustdrüsenentzündung)
    • Impetigo (=Eiterflechte)
    • Rittersche Erkrankung (Dermatitis exfoliativa)
    • Bartflechte
  • Das seit 1978 bekannte Toxic Shock Syndrome (TSS) imponiert durch die Leitsymptome Fieber, Hypotonie und Exanthem (scharlach-ähnlich). Hinzu kommen meist noch verschiedene Organschädigungen. Meist tritt TSS in Zusammenhang mit der Menstruation (Tampons) bei jüngeren Frauen auf, hierher gehört offensichtlich auch der Staphylokokken-Scharlach.

Epidemiologie

  • Primäres Erregerreservoir der für den Menschen gefährlichen Staphylococcus-aureus-Stämme ist der Mensch selbst. 
  • Außerhalb des menschlichen Körpers können die Staphylokokken wohl eine gewisse Zeit überleben, eine Vermehrung findet aber nur im Körper oder in bestimmten Lebensmitteln statt (besonders in Milch und Milchprodukten, Eiprodukten, Kartoffelsalat, Fleischwaren u.a.). 
  • Tierische Staphylococcus-aureus-Stämme gehen nur selten auf den Menschen über und umgekehrt.
  • In den 50er Jahren kam es sehr überraschend zum Auftreten von Staphylococcus-aureus-bedingten Krankenhausinfektionen, nicht selten in Form von Epidemien. Man sprach damals von Staphylokokken-Hospitalismus. Diese Entwicklung beruhte sicherlich auf der im Zeichen der Antibiotikaära im Krankenhaus vernachlässigten Asepsis und Antisepsis und auf der hohen Antibiotikaresistenzneigung dieser Staphylokokken. Auch vorher nicht da gewesene Epidemietypen wurden beobachtet. Aber völlig befriedigend lässt sich dieses Phänomen des plötzlichen Hervortretens einer zuvor eher harmlosen Bakterienart nicht erklären. Man hat diese sich wandelnde Epidemietendenz auch mit dem Ausdruck "Genius epidemicus" umschrieben.
  • Ende der 60er Jahre nahm die Häufigkeit von Staphylococcus aureus als Erreger von Krankenhausinfektionen ab, auch diese Beobachtung ist nicht völlig zu verstehen. Vielleicht spielte die damalige Einführung der heute noch gut wirksamen beta-Lactamase-stabilen Penicilline in der Therapie eine gewisse Rolle.
  • Enterotoxinbildende Staphylokokken zählen zu den wichtigsten Ursachen von Nahrungsmittelintoxikationen. Strenge lebensmittelhygienische Maßnahmen sind erforderlich, um solche Ausbrüche zu verhindern. Die klinische Symptomatik gleicht hierbei der anderer Nahrungsmittelinfektionen.

Therapie

  • Staphylococcus-aureus-Stämme zeigen ein sehr variables Resistenzverhalten gegen die verschiedensten Antibiotika. 
  • Bei Stämmen, die keine Penicillinase (β-Lactamase) bilden, ist das Penicillin G auch heute noch das Mittel der Wahl. 
  • Penicillinasebildende Staphylokokken sollten mit penicillinasefesten Penicillinen oder mit Cephalosporinen bekämpft werden. 
  • Rund 5 % der bei uns vorkommenden Staphylococcus-aureus-Stämme sind resistent gegen diese penicillinasefesten Penicilline, hier muss auf Vancomycin, Clindamycin oder auf die neuen Chinolone ausgewichen werden. 
  • Eine Resistenzbestimmung ist in jedem Fall erforderlich.
 

VORLESUNG

Staphylococcus aureus

  • Hautbewohner
  • grampositive Haufenkokken, unbeweglich (wie alle Kokken)
  • Gramfärbung von Eiter: Bakterien als Haufenkokken
Kern der Lymphozyten rot (wie bei einer gramnegativen Färbung; Ursache: es gibt bei den Blutzellen kein Murein, in das sich der Farbkomplex der grampositiven Färbung einlagern könnte)
  • bildet goldgelbes Pigment in der Reinkultur
  • relativ große Einzelkulturen, rund kuppelförmig (weil sich die Bakterien nicht bewegen)
  • säuretolerant, bis pH 5 (pH-Wert der Haut)
  • salztolerant, bis 10% NaCl (z.B. durch Schweiß)
  • Koagulase: K1 K1: Koagulase wird aus der Zelle hinaus transportiert
ð "Plasmakoagulase" (Objektträgertest) K2 K 2: Abgabe bis an die Oberfläche ð "Clumping-Faktor" ( Reagenzglastest: Plasma als optimales Nährmedium mit Bakterium zusammen bebrüten ð Plasma gerinnt)
 

Fibrinogen ð Fibrin ð "Pseudoblutgerinnung" Ziel: Schutz vor der körpereigenen Abwehr; es findet zunächst keine Ausbreitung im Körper statt ð Abszeßbildung (= Eiteransammlung im Bindegewebe)
 

St. epidermidis: Koagulase-negativ Hospitalismuskeim, kann an sehr glatten Oberflächen haften (Katheter, Sonden, Herzklappen)
  • Gelatinase: Gelatine wird abgebaut
Gelatine ist ein Protein und kommt in fast allen Bindegeweben vor (dazu gehören auch Knochen, Knorpel,...). Gelatine ist bei Raumtemperatur fest und verflüssigt sich bei ca. 30 0C Unter den Kokken ist nur Staphylococcus aureus ein Gelatinase-Bildner · Hämolyse: Wenn a -, b - oder d - Lysine vorhanden sind, werden Erythrozyten, komplett oder auch nur der Farbstoff, abgebaut. Der Blutnährboden wird vernichtet.
  • Vielstoffverwerter; können viele Kohlenhydrate spalten (z.B. Lactose, Mannitol)
  • Kokken bilden kein Gas (z.B. H2, CO2)
  • Glucoseverwertung unter Säurebildung; Indikator (Phenolrot) schlägt von orange-rot auf gelb um.
  • Staphylokokken in Flüssigkultur trüben die Lösung; sie liegen suspendiert vor.
  • Hyaluronidase: Eitererreger besitzen dieses Enzym. Es löst die Hyaluronsäure auf, ein Stoff der den Zusammenhalt in den Geweben gewährleistet. So kann der Erreger besser in die Gewebe eindringen.
· b -Lactamase: 70-90% der Staphylokokken sind b -Lactam-Antibiotika-resistent Gruppenschutz: auch andere Bakterien werden vor b -Lactam-Antibiotika, geschützt, indem durch Transduktion (Plasmide) die Information der Antibiotikaresistenz verbreitet wird. Transduktion = Übertragung genetischer Information durch Bakteriophagen · Bekämpfung der b -Lactam-Antibiotika-Resistenz: Anstelle von b -Lactam-Antibiotika wird ein substituiertes Penicillin verwendet. Das Isoxazolylpenicillin kann oral oder per Injektion verabreicht werden. Es ist schwächer wirksam als das ursprüngliche Penicillin, kann aber durch die b -Lactamase nicht in seiner Wirkung beeinträchtigt werden. Allerdings ist das Isoxazolylpenicillin nur gegen die b -Lactamase der Staphylokokken wirksam. Eine weitere Möglichkeit der Therapie sind Tetracycline, die aber nur bakteriostatisch wirksam sind.
 

Toxine (die meisten sind lokalwirksam)  

  • Leukozidine
    • Abtötung der Leukozyten und Schädigung anderer Zellen.
  • Enterotoxine (wirksam im Darm)
    • 5% aller Stämme können Enterotoxine produzieren.
    • Orale Aufnahme der Bakterien, z.B. durch verdorbene Lebensmittel, führen zum Durchfall. Es kommt zur Resorption und zur Verteilung im ganzen Körper, wodurch das Brechzentrum im Hirn angesprochen wird
ð BRECHDURCHFALL Ursache: Lebensmittelvergiftung; häufigste bakterielle Lebensmittelvergiftung [Salmonellen führen zu einer Infektion und nicht zu einer Vergiftung] Die Staphylokokken werden im Magen oder Darm abgetötet, die gebildeten Toxine können im Magen jedoch nicht zerstört werden.
     

  • Toxischer-Schock-(Syndrom)-Toxin TS(S)-Toxin
    • Kommt sehr selten vor. Es kommt zur Toxinbildung bei Mangel an zweiwertigen Ionen (Tampons resorbieren zweiwertige Ionen aus der Vaginalschleimhaut)
    • Auswirkungen: 50% Letalität bei ausbleibender Behandlung
  • SSSS-Toxin
    • Brühhaut-Syndrom, Dermatitisexfoliativa, Rittersche Erkrankung
    • Grunderkrankung bei Staphylococcus aureus (Furunkel o.ä.) ist Voraussetzung dieser Krankheit. Das Toxin wird von den Bakterien produziert und über den Organismus verteilt.
 

Hornschicht  

teilungsfähige Zellen

 

Blut + SSSS-Toxin

Die obere Hautschicht löst sich blasenartig von der unteren ab ð toxische Epidermolyse Toxische Reaktion findet am ganzen Körper statt.
Sinn: Schädigung der Haut, damit der Staphylococcus aureus, der sich auf der Haut befindet in die Wunde gelangen kann und dort eine Eiterbildung auslösen kann.

Letalität: 1% bei steriler Abdeckung der offenen Hautstellen durch Sepsis oder Sekundärinfektionen.

Therapie: Beseitung des Toxinherdes mit Antibiotika. Die betroffenen Hautstellen heilen ohne Narbenbildung aus, weil die teilungsfähiken Zellen nicht geschädigt wurden.

Zielgruppe: besonders betroffen sind Kinder. Im Laufe des Lebens wird eine Immunität gegen dieses Toxin entwickelt.

 

Ähnliche Erkrankung: SJS = Steven-Jonson-Syndrom (Lyell)

 

Antigen-Antikörper-Komplexe lagern sich im Gewebe zwischen den teilungsfähigen Zellen an. Durch Phagozytose werden die AG-AK-Komplexe zerstört und mit ihnen die Haut. Die Schädigung der Haut ist irreversibel, weil die teilungsfähigen Zellen betroffen sind. Es kommt zur Hautablösung und damit zum Hautverlust. Die Wunden verheilen nur unter Narbenbildung. Letalität: 70% Auslöser: Auslöser ist eine Fremdstoffüberreaktion, z.B. durch Arzneimittel. Zielgruppe: Erwachsene, weil bereits Antikörper gegen bestimmte Stoffe vorhanden sein müssen.

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Demoversion des pharm@zie-Projektes vom 27.12.2001. Für den Zugriff auf die aktuelle Online-Version benötigen Sie ein persönliches Passwort. Auch wenn diese Altversion einer Spende eigentlich nicht würdig ist, würde ich mich natürlich darüber freuen, um die aktuelle Version werbefrei und so unabhängig wie mir möglich zu halten. Fachliche Unterstützung wäre mir jedoch noch viel lieber als Geld... Die Übernahme der Texte und Bilder in andere On- oder Offline-Angebote ist nur mit schriftlicher Erlaubnis gestattet! Datenschutz | Impressum | © 2000 - 2018  www.BDsoft.de