Moleküle mit mehr als einem chiralen Zentrum
Bemerkungen
- In Verbindungen mit mehr als einem chiralen Zentrum muss für jedes
Zentrum die absolute Konfiguration separat ermittelt werden.
- Bei einem Molekül mit zwei chiralen Zentren gibt es insgesamt vier
Isomere, nämlich ein R,R, ein S,S, ein R,S und ein S,R.
Da ein Molekül aber nur ein Spiegelbild haben kann, kann nur eine der drei
weiteren Formen, zur ersten Isomer sein. So ist das S,S-Isomer
enantiomer zum R,R-Isomer. Die beiden anderen Formen verhalten sich
zu den ersten auf eine Weise, die als "diastereomer" bezeichnet
wird. Diese beiden Diastereomere sind untereinander jedoch wieder enantiomer.
Diastereomere können als Stereoisomere, die aber keine Enantiomere sind,
definiert werden. Anders als Enantiomere besitzen Diastereomere meist
relativ deutlich unterschiedliche Eigenschaften (z.B. Schmelzpunkt,
Siedepunkt, Löslichkeit, Reaktivität usw.) Die Eigenschaften sind zwar oft
ähnlich, nie aber identisch. Die optische Aktivität von Diastereomeren
unterscheidet sich ebenfalls, so kann eines keine optische Aktivität
zeigen, ein anderes jedoch optisch aktiv sein.
- Nun wird klar, warum Enantiomere in gleicher Rate mit achiralen, mit
chiralen Verbindungen jedoch unterschiedlich reagieren. Der aus (R)-Form
und achiralem Reaktionspartner gebildete Komplex unterscheidet sich von dem
aus (S)-Form und achiralem Reaktionspartner nur wie Bild und
Spiegelbild, ist also ebenfalls enantiomer. Damit sind die Eigenschaften der
Komplexe gleich und folglich reagieren beide in gleichem Ausmaß, gleicher
Geschwindigkeit etc. Bei der Reaktion mit chiralen Reaktionspartnern bilden
sich jedoch nicht nur enantiomere Komplexe, sondern auch diastereomere, wenn
z.B. die (R)-Form einmal mit einer weiteren (R)-Form und
einmal mit einer (S)-Form reagiert. Die entstandenen Komplexe sind
nun also Diastereomere und weisen dementsprechend verschiedene Eigenschaften
auf.
Meso-Verbindungen
- Vier Isomere ist das Maximum einer Verbindung mit zwei chiralen Zentren.
Dieses Maximum muss jedoch nicht erreicht werden, einige Verbindungen weisen
weniger Isomere auf. Besitzen zwei chirale Zentren drei gleiche Gruppen
(unterscheiden sich voneinander also nur durch den vierten Substituenten),
so hat eines der Isomere - die sogenannte meso-Form eine Symmetrieebene und
ist demnach optisch inaktiv, obwohl es zwei chirale Zentren ausweist. Ein
typisches Bespiel ist Weinsäure, von der es ein Enantiomerenpaar und eine
meso-Form gibt (R,R, S,S, R,S bzw. S,R).
- Meso-Formen können nur auftreten, wenn zwei chirale Zentren genau die
gleichen Substituenten aufweisen.
Anzahl der Isomere
- Die meisten Verbindungen mit mehreren chiralen Zentren weisen 2n
Isomere auf, wobei n die Anzahl der chiralen Zentren angibt, diese Zahl kann
jedoch durch meso-Formen verringert sein.
Pseudoasymmetrische C-Atome
- Als pseudoasymmetrische C-Atome werden Kohlenstoffe bezeichnet, die nicht
asymmetrisch sind, wenn zwei ihrer Substituenten (R) oder (S)
sind, aber wenn einer der beiden Substituenten (R) und der andere (S)
ist (z.B. das C-3 im Pentan-2,3,4-triol).
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