Chlorierte Kohlenwasserstoffe
Übersicht
Pharmakologie
Pharmakologie
Wirktyp
Wirkmechanismus
- Angriffspunkte sind die Natriumkanäle von Nervenmembranen.
- Durch Anlagerung der Insektizide an ihre Bindungsstellen am Kanalprotein
wird dessen Inaktivierung verzögert, der einzelne Kanal kann für mehrere
Sekunden geöffnet bleiben.
- Die Repolarisationsverzögerung führt zu einem ausgeprägten
Nachpotential.
- Die dadurch bedingte partielle Depolarisation erleichtert die
Wiedererregbarkeit der Neuronen mit der Folge repetitiver Entladungen und
einer vermehrten Neurotransmitterfreisetzung an neuronalen Synapsen wie z.B.
der motorischen Endplatte.
- Daneben kann aber auch ein Erregungsblock auftreten.
- Die Wirkung der chlorierten Kohlenwasserstoffe an Neuronen von Insekten
und Menschen unterscheidet sich nicht prinzipiell. Allerdings sind Insekten
wesentlich sensibler. Als Ursache dafür wird die unterschiedliche
Körpertemperatur der beiden Spezies angesehen: Die Aktivität dieser
Insektizide nimmt bei abnehmender Temperatur zu.
- Während die chlorierten Kohlenwasserstoffe zunächst zuverlässig als
Insektizide wirksam waren, hat sich inzwischen teilweise eine Resistenz
entwickelt.
- Als Mechanismus hierfür wurde eine Abnahme der Anzahl von Natriumkanälen
bei resistenten Spezies gefunden.
Intoxikation
Bemerkungen
- Die Vergiftungssymptome, die durch die einzelnen Substanzen hervorgerufen
werden, sind weitgehend gleich.
- Bei der akuten Vergiftung treten vor allem zentralnervöse Störungen
(Übererregbarkeit, Tremor, Zuckungen der Gesichtsmuskulatur) auf, die sich
bis zu schweren tonisch-klonischen Krämpfen steigern und schließlich zu
Koma und Tod führen können.
- Als Spätfolgen können sensible und motorische Ausfallserscheinungen
auftreten.
- Da ein spezifisches Antidot fehlt, sind nur resorptionsverhindernde und
symptomatische Maßnahmen möglich.
Technologie
Typ
Bemerkungen
- Chlorierte Kohlenwasserstoffe durchdringen die Chitinhülle von Insekten.
Über die Lymphe und Lipide der Nervenbahnen gelangen sie zum
Zentralnervensystem. Dort führen sie in niedrigen Konzentrationen zu
Erregungen, in hohen zu Lähmung und Tod.
- Wichtige Vertreter der chlorierten Kohlenwasserstoffe sind z.B.
Chlorphenotan, Methoxychlor und γ-Hexachlorcyclohexan.
- Es handelt sich um sehr lipophile, chemisch stabile Substanzen mit
Halbwertszeiten in der Umwelt von z.T. über 10 Jahren.
- Dies bedingt einerseits die langdauernde, zuverlässige Wirkung,
andererseits werden die chlorierten Kohlenwasserstoffe daher aber auch von
Mensch und Tier außerordentlich langsam eliminiert.
- Es tritt daher eine Anreicherung im Organismus auf. Hinzu kommt eine
Kumulation in der Nahrungskette.
- Wegen der schlechten Wasserlöslichkeit sind die Konzentrationen
dieser Stoffe in Gewässern zwar niedrig, doch erfolgt eine rasche
Aufnahme in Mikroorganismen, die im Wasser leben. Diese dienen als
Nahrung für Plankton, von dem sich wiederum kleine Fischarten, Garnelen
und Muscheln ernähren. Diese Tiere sind die Beute für größere
Fische, von denen verschiedene Vogelarten leben.
- Auf der Ebene der Nahrungskette findet auf diese Weise eine annähernd
zehnfache Anreicherung der Schadstoffe statt mit der Konsequenz, dass
bei den am Ende der Nahrungskette stehenden Spezies schwere Schäden
auftreten können.
- Einigen Vogelarten droht die Gefahr der Ausrottung infolge einer
Insektizidkumulation.
- Aber auch für den Menschen kann diese Art der Umweltverschmutzung
gefährliche Folgen haben.
Beispiele
Chlorphenotan
- Der wichtigste Vertreter dieser Gruppe war Chlorphenotan (Dichlordiphenyltrichlorethan,
DDT®).
- Wegen der zunehmenden Trinkwasserverseuchung und der steigenden
Konzentration in Nahrungsmitteln wurde seine Anwendung in vielen Ländern -
auch in der Bundesrepublik Deutschland - stark eingeschränkt oder
verboten.
- Dies hatte zur Folge, dass die Malaria in Ländern, in denen sie durch
den Einsatz von Chlorphenotan stark zurückgegangen war, wieder zunahm.
- Zur Bekämpfung der Malaria kann daher auch heute auf nicht völlig
Chlorphenotan verzichtet werden.
- Auf die Resistenzentwicklung wurde bereits hingewiesen.
- Außer durch Änderung der Zahl der Natriumkanäle kann Resistenz
gegenüber Chlorphenotan auch noch auf einem weiteren Mechanismus beruhen:
- So gibt es Insekten, die mit Hilfe einer Dehydrochlorinase
Chlorwasserstoff aus Chlorphenotan abspalten und so das für Insekten
nicht mehr toxische 1,1-Di-(4-chlorphenyl)-2,2-dichlorethen (DDE)
bilden.
- Bislang findet man diese Stämme allerdings nur in einem kleinen Teil
der Malariagebiete.
- Für Säugetiere und Menschen ist Chlorphenotan akut wenig giftig (Dosis
letalis 10 - 30 g).
- Aus wäßrigen Suspensionen wird es kaum, aus öligen Lösungen dagegen
besser resorbiert, infolge seiner guten Lipidlöslichkeit im Fettgewebe
angereichert und sehr langsam u.a. als Dichlordiphenylessigsäure
(Halbwertszeit ca. 1 Jahr!) ausgeschieden.
- Durch Verbesserung der Biotransformierbarkeit wurde versucht, die
negativen Auswirkungen, die sich aus der Anwendung von Insektiziden des
Chlorphenotan-Typs ergeben, zu vermeiden.
- Es wurden mit Chlorphenotan verwandte Insektizide entwickelt, die
metabolisierbare Gruppen enthalten.
- Ein Beispiel für solche Substanzen ist Methoxychlor, das durch
oxidative Entalkylierung in ein Phenol umgewandelt wird. Dieses kann
konjugiert und damit die Ausscheidung beschleunigt werden.
γ-Hexachlorcyclohexan
- γ-Hexachlorcyclohexan (Lindan) ist bei etwa
gleicher insektizider Wirksamkeit für den Menschen toxischer als
Chlorphenotan (Dosis letalis in wäßriger Suspension ca. 150 mg/kg, in
öliger Lösung 15 - 20 mg/kg).
- Die in Wasser unlösliche, ziemlich flüchtige Substanz wirkt als
Kontakt-, Fraß- und Atemgift. In Emulsionsform hat sie sich als
Antiskabiesmittel bewährt, als Gel wird sie gegen Läuse eingesetzt.
- Aldrin und Dieldrin, Substanzen zur Bekämpfung von
Kartoffelkäfern und Rapsschädlingen, besitzen eine noch höhere Toxizität
als γ-Hexachlorcyclohexan.
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