Optische Aktivität und Chiralität

  • Stoffe, die die Ebene polarisierten Lichts ändern, wenn dieses durch sie hindurchfällt, werden als optisch aktiv bezeichnet. Das Molekül einer reinen optisch aktiven Substanz ist nicht deckungsgleich mit seinem Spiegelbild. Diese Eigenschaft wird als Chiralität bezeichnet. Verbindungen, die mit ihrem Spiegelbild deckungsgleich sind, werden als achiral bezeichnet. Alle optisch aktiven Substanzen sind chiral. Von jeder optisch aktiven Substanz existieren zwei - und nur zwei - Isomere, die Enantiomere genannt werden. Enantiomere unterscheiden sich ausschließlich in der "Händigkeit" ihrer Orientierungen. Sie besitzen die gleichen physikalischen und chemischen Eigenschaften, außer in den folgenden zwei Punkten:
    1. Sie drehen die Ebene polarisierten Lichts in entgegengesetzte Richtungen, aber um den gleichen Betrag. Isomere, die die Ebene gegen den Uhrzeigersinn, als linksherum drehen werden mit (-) gekennzeichnet und "levo" genannt. Die Isomere, die die Polarisationsebene im Uhrzeigersinn drehen werden mit (+) markiert und "dextro" genannt. Die Isomeren sind optische Antipoden.
    2. Sie reagieren mit anderen chiralen Verbindungen mit unterschiedlichen Raten. Der Unterschied variiert dabei von Verbindung zu Verbindung sehr stark. Enantiomere reagieren mit achiralen Verbindungen mit gleicher Rate.
  • Allgemein lässt sich sagen, dass Enantiomere in symmetrischen Umgebungen identische Eigenschaften besitzen, nicht jedoch in asymmetrischen.
  • Enantiomere können auch mit achiralen Verbindungen mit unterschiedlichen Raten reagieren, wenn ein chiraler Katalysator anwesend ist. Ebenso können sie in optisch aktiven Lösungsmitteln unterschiedliche Löslichkeiten aufweisen, andere Brechungsindizes oder Absorptionsspektren aufweisen, etc. In den meisten Fällen sind diese Unterschiede jedoch zu klein um ausgenutzt werden zu können, bzw. zu klein um überhaupt messbar zu sein.
  • Mischungen gleichen Anteils beider Enantiomere eines Stoffes, werden Racemate oder racemische Mischungen genannt. Die Eigenschaften von Racematen entsprechen nicht immer denen der reinen Enantiomere. Im gasförmigen und flüssigen Zustand, bzw. in Lösung sind ihre Eigenschaften oft noch gleich, Eigenschaften der festen Phase unterscheiden sich jedoch häufig.
  • Weist die (+)-Form eine starke Affinität zur (-)-Form auf, so kristallisieren diese jeweils in Pärchen aus. Der entstandene Feststoff wird racemische Verbindung genannt. Racemische Verbindungen weisen meist eine typische Schmelzpunktskurve auf: Ausgehend vom reinen (+)-Enantiomer sinkt der Schmelzpunkt durch zunehmende Verunreinigung durch das (-)-Enantiomer zuerst ab, bevor er dann bis zum 50:50-Verhältnis auf einen höheren Wert als beim reinen Enantiomer ansteigt. Die Kurve ist symmetrisch.
  • Kristallisieren bevorzugt (+) und (+), bzw. (-) und (-) zusammen aus, so entsteht ein racemisches Gemisch (früher als Konglomerat bezeichnet). Ausgehend vom reinen (+)-Enantiomer sinkt der Schmelzpunkt bei zunehmendem Gehalt des (-)-Enantiomers bis zum 50:50-Verhältnis ab. Auch diese Kurve ist symmetrisch.
  • Bei sehr geringen Unterschieden in der Affinität der Enantiomere zueinander, entsteht beim Auskristallisieren eine racemische feste Lösung, in der die Enantiomere unregelmäßig verteilt vorliegen. Der entstandene Feststoff weist unabhängig vom Verhältnis der Enantiomere zueinander immer den gleichen Wert auf.
  • Die Trennung eines Racemats in die enthaltenen Enantiomere wird "resolution" genannt.
  • Das Vorhandensein optischer Aktivität beweist, dass eine Komponente chiral ist, das Fehlern optischer Aktivität beweist jedoch nicht, dass der Stoff achiral ist, da es sich auch um ein Racemat handeln kann.
 

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