Narkose
- Die Narkose setzt sich aus drei Grundkomponenten zusammen:
- Analgesierung
- Sedierung
- Relaxierung
Präoxigenierung vor der Intubation
Grundidee
- Erreichen einer durchgehend guten Sauerstoffsättigung, trotz
zwischenzeitlicher Unterbrechung der Sauerstoffzufuhr
Grundlagen
- Sauerstoffverbrauch (Ruhe): ca. 4 ml·kg KG
- Beispiel:
Für einen Patienten mit 75 kg KG und ca. 3 Liter FRC ("Functional
Residual Capacity") ergibt sich bei "normaler" Beatmung
(ca. 20 % Sauerstoff) ein Sauerstoffvolumen von 600 ml. Daraus ergibt
sich ein Intervall von ca. 2 min in dem der Patient ohne weitere Beatmung
auskommen kann, ohne dass die Sauerstoffsättigung des Blutes (merklich)
absinkt.
Würde der Patient optimal präoxigeniert (Beatmung
mit 100 % Sauerstoff), so ergäbe sich ein verfügbares
Sauerstoffvolumen von 3000 ml, was ein "beatmungsfreies
Intervall" von ca. 10 Minuten ergibt. Aus diesem Grund ist Hektik
bei der Intubation eines (optimal) präoxigenierten Patienten keinerlei
Hektik geboten. Viel wichtiger ist die gründliche Überprüfung der
Tubuslage durch Auskultation, da auf eine Fehllage des Tubus nicht über
ein Abfallen des Sättigungswertes am Pulsoximeter geschlossen werden
kann und darf. Dieser Abfall tritt erst nach den besagten 10 Minuten
auf!
- Sauerstofftransportkapazität des Blutes:
- Die Sauerstofftransportkapazität des Blutes ist abhängig vom
Herzzeitvolumen und vom Sauerstoffgehalt. Als Formel ergibt sich:
Sauerstofftransportkapazität:= HZV · CaO2 · 10
CaO2:= 1,39 · HB · SaO2 /
100 + 0,0031 · pO2
- Beispiel: Patient 75 kg KG, Sauerstoffverbrauch ca. 300 ml/min in Ruhe
- Kein Blutverlust
HZV:= 5
HB:= 15
SaO2:= 98
pO2:=
(1,39 · HB · SaO2 / 100 + 0,0031 · pO2)
· HZV · 10 = 1016 ml/min
- Blutverlust von 50 %
HZV:= 5
HB:= 7,5
SaO2:= 98
pO2:=
10,39 · 5 · 10 = 509 ml/min
Durch Stress besteht ein erhöhter Sauerstoffverbrauch (z.B. 8
ml·kg KG), daraus folgt ein Bedarf von 600 ml/min. Die Versorgung
mit Sauerstoff ist also ungenügend.
- Extremer Blutverlust (ca. 4 Liter). Optimaler Volumenersatz, Beatmung
(100 % Sauerstoff), gesteigertes HZV (Katecholamine,
z.B. Dopamin),
Relaxierung, Sedierung, Analgesierung:
HZV:= 10
HB:= 2
SaO2:= 100
pO2:= 400
(1,39 · HB · SaO2 / 100 + 0,0031 · pO2)
· HZV · 10 = 402 ml/min
Bei optimaler Therapie sind also selbst solch extreme Blutverluste
noch relativ gut beherrschbar. Der Patient wird trotz der allgemein
lebensbedrohlichen Situation mit ausreichend Sauerstoff versorgt.
Die Narkose im Rettungsdienst
Materialien
- Beatmungsbeutel, Maske und Reservoir
- Mindestens ein (besser zwei) gesicherter venöser Zugang
- Absaugbereitschaft mit Yankauer
- Material zur Intubation
- Erforderliche Medikamente
aufgezogen und beschriftet
- Equipment zur Vitalparametrie angeschlossen (RR, EKG
(mit Ton), Pulsoximeter (mit Ton)
- Ausreichend Sauerstoffreserve
- Vorbereiteter Respirator mit HME
- Möglichkeit des Wärmeerhalts
- Ggf. Magensonde
Medikamente
Prioritäten beim Aufzug der Medikamente
- Etomidat oder Ketamin
- Suxamethoniumchlorid
- Atropin
- Opioide, z.B. Fentanyl
- Midazolam
- Vecuronium
Beispiele
- Patient: 25 Jahre, 80 kg KG, Pulsfrequenz 100 / min, RRsyst 90
mm Hg, Polytrauma
- Atropin,
Dormicum, Norcuron, Ketamin,
Succinyl:
- (Präoxygenierung)
- Atropin
0,5 mg
- Dormicum 2,5 mg
- Norcuron 2 mg
- Ketamin 150
mg
- Succinyl 100 mg
- (Intubation)
- Ketamin 50
mg / 10 min
- Norcuron 6 mg
- Atropin, Diazepam,
Fentanyl, Thiopental,
Succinyl, Norcuron:
- (Präoxigenierung)
- Diazepam 5
mg
- Fentanyl
0,1 mg
- Thiopental
320 mg
- Succinyl 100 mg
- (Intubation)
- Fentanyl
0,1 mg
- Norcuron 6 mg
- Atropin,
Dormicum, Norcuron, Ketamin,
Etomidat,
Succinyl:
- (Präoxigenierung)
- Atropin
0,5 mg
- Dormicum 2,5 mg
- Norcuron 2 mg
- Ketamin 50
mg
- Etomidat 14
mg
- Succinyl 100 mg
- (Intubation)
- Ketamin 50
mg / 10 min
- Norcuron 6 mg
Bemerkungen
- Aufgrund der vielen verschiedenen Kombinationsmöglichkeiten der
Narkosemedikamente, sollte man sich auf eine Narkoseführung spezialisieren,
die dafür "im Schlaf" beherrscht wird. Das letztgenannte Beispiel
ist zwar etwas aufwendiger, weist jedoch normalerweise die geringsten
Gefahren auf.
- Die Angaben zu den Medikamentengaben nach der erfolgten Intubation sollten
mit Vorsicht betrachtet werden, da die Narkosefortführung nie nach festem
Schema ablaufen sollte. Treten z.B. Husten- oder Würgereflexe auf, sollte
schnellstmöglich die Sedierung vertieft werden und die Relaxation
verbessert. Das Ansteigen der Pulsfrequenz und des Blutdrucks deuten auf
eine unzureichende Sedierung und Analgesie hin.
- Um eine gute Steuerbarkeit der Narkose zu erhalten, sollten Medikamente
mit möglichst kurzer Halbwertszeit verwandt werden.
- Jede Narkose darf nur unter genauem Monitoring durchgeführt werden!
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