Kernresonanz-Spektroskopie
Synonym
- NMR-Spektroskopie (von "nuclear magnetic resonance")
Definition
- Spektrometrisches Messverfahren, das mit elektromagnetischer Strahlung
relativ niedriger Frequenz (meist 90 - 500 MHz) arbeitet. Die magnetische
Antwort der Atomkerne auf diese Anregung wird gemessen und ausgewertet.
Messprinzip
- Atomkerne mit ungerader Kernladungs- und/oder Neutronenzahl besitzen eine
Kernspinquantenzahl <> 0 und damit einen Kernspin
(Eigendrehimpuls, p) sowie ein magnetisches Moment µ.
- Beide Größen sind zueinander proportional, wobei der
Proportionalitätsfaktor γ als gyromagnetisches
Verhältnis bezeichnet wird.
µ |
: |
magnetisches Moment |
γ |
: |
gyromagnetisches Verhältnis |
p |
: |
Eigendrehimpuls |
- Das gyromagnetische Verhältnis ist für jede Kernsorte eine
charakteristische Konstante.
- NMR aktive Atomkerne nehmen nun im magnetischen Feld zwei energetisch
unterschiedliche Orientierungen - parallel oder antiparallel - ein. (Kern-Zeemann-Niveaus)
- Durch Zufuhr elektromagnetischer Strahlung relativ niedriger Frequenz (ca.
300 MHz) werden die Kerne aus dem parallelen in das antiparallele Niveau
gehoben, wobei es zur Spin-Inversion kommt.
- Diese Anregung erfolgt nur, wenn der Betrag der eingestrahlten Energie
genau der Differenz der beiden Kern-Zeemann-Niveaus entspricht, die
eingestrahlte Frequenz also gleich der Resonanzfrequenz des Kerns ist.
- ....
- Durch das äußere Magnetfeld kommt es zu einer Aufspaltung der vorher
energetisch gleichen Energieniveaus. Für deren Energiedifferenz gilt nun:
- Die Energie, die aufgewendet werden muss, um einen Atomkern aus dem
energieärmeren in den energiereicheren Zustand zu überführen, berechnet
sich nach:
- Sie entspricht somit der Energiedifferenz zwischen den beiden
Energieniveaus.
Larmor-Gleichung
ω |
: |
Kreisfrequenz [Hz] |
γ |
: |
gyromagnetisches Verhältnis |
B0 |
: |
magnetische Flussdichte |
- Die Präzessionsbewegung des Kernkreisels im äußeren Magnetfeld B0
verläuft mit einer bestimmten Kreisfrequenz ω.
- Wie zu erkennen, steigt die Kreisfrequenz mit zunehmender Stärke des
angelegten äußeren Magnetfeldes an.
- Das gyromagnetische Verhältnis γ ist eine für
jedes Element charakteristische Konstante.
Boltzmann-Gleichung
- Das Verhältnis der angeregten zu den nicht angeregten Atomen der Probe
ergibt sich nach:
N1 |
: |
Atome im angeregten Zustand [1] |
N0 |
: |
Atome im Grundzustand [1] |
ΔE |
: |
Energiedifferenz [K] |
k |
: |
Proportionalitätsfaktor |
T |
: |
absolute Temperatur [K] |
- Daraus folgt, dass bei Zimmertemperatur bereits rund 50 % der Atome im
angeregten Zustand vorliegen.
- Bei einem von außen angelegten Magnetfeld von 1,4 Tesla sind von
2.000.000 Atomkernen tatsächlich nur etwa 10 mehr im energieärmeren
Zustand und damit überhaupt einer Messung zugänglich.
- Durch die Einstrahlung der Energie werden 100 % der Atome in den
angeregten Zustand überführt, wofür eine charakteristische Energie
notwendig ist. Damit diese zwischen den Messungen gleich bleibt, muss dafür
gesorgt werden, dass vor Beginn der nächsten Messung wieder nur 50 % der
Atome bereits angeregt sind.
- Aus diesem Grund darf eine erneute Messung erst nach der Relaxationszeit
der Atome von ca. 0,1 bis 10 Sekunden stattfinden.
- Da die separate Messung der betrachteten Wellenlängenbereichte so sehr
lange dauern würde, wird in der Praxis meist die sogenannte
PFT-NMR-Technik angewandt, bei der das gesamte betrachtete Frequenzspektrum
auf einmal (als Puls) eingestrahlt wird und anschließend die einzelnen
Antworten mit Hilfe der Fourier-Transformation errechnet werden.
- Messtechnische Bedeutung haben nur relativ wenige Atomkerne, wie 1H,
13C, 19F oder 21P.
Auswertung
- Die Auswertung erfolgt anhand der folgenden Kriterien:
- Chemische Verschiebung
- Abhängigkeit der Lage des Signals von der direkten chemischen
Umgebung des erzeugenden Atomkerns.
- Integration
- Abhängigkeit der Größe des Signals von der Anzahl der
erzeugenden Atome.
- Spin-Spin-Kopplung
- Abhängigkeit der Aufspaltung des Signals von der Möglichkeit zur
Kopplung mit Atomkernen in seiner indirekten Umgebung.
Anwendung
- Strukturaufklärung
- Identitätsprüfung
- Reinheitsprüfung (z.B. Gentamicinsulfat)
- Gehaltsbestimmung
Messtechniken
- CW-Technik / Sweep-Verfahren
- Die Abkürzung CW steht für "continuous wave"
- Es werden zwei Sweep-Verfahren unterschieden:
- Frequency sweep
- kontinuierliche Änderung der eingestrahlten Frequenz bei
konstantem Magnetfeld
- Field sweep
- Veränderung der magnetischen Feldstärke bei konstanter
Frequenz
- PFT-Technik / Impuls-Spektroskopie
- PFT steht als Abkürzung für Puls-Fourier-Transformation
- Durch einen Puls, der eine Sequenz von Hochfrequenzimpulsen darstellt,
werden alle Kerne einer Kernsorte gleichzeitig angeregt. Mittels eines
mathematischen Verfahrens (Fourier-Transformation) wird die Vielzahl der
Schwingungen in ein Spektrum umgewandelt.
Anwendung
- Kerne mit ungerader Kernladungszahl und/oder Neutronenzahl, z.B. 1H,
7Li, 11B, 13C, 15N, 19F,
29Si, 31P, 33S, 77Se
- Die geringe natürliche Häufigkeit einzelner Isotope begrenzt oder
erschwert dieses Verfahren. Ein großes magnetisches Moment begünstigt es
hingegen durch eine Erhöhung der Empfindlichkeit.
Skalierung
- Definitionsgemäß steigt die magnetische Feldstärke auf der X-Achse von
links nach rechts an, daher wird das linke Gebiet im Spektrogramm auch als tiefes
Feld, die rechte als hohes Feld bezeichnet.
- Da sich magnetisches Feld und Frequenz antiproportional zueinander
Verhalten, nimmt die Frequenz auf der X-Achse von links nach rechts ab.
- Die Skalierung der X-Achse erfolgt mit Hilfe des Standards Tetramethylsilan,
der nur ein einziges Signal liefert, da alle Wasserstoffe gleichwertig sind.
- Die Lage dieses Peaks wird als 0 ppm definiert.
- Nach links werden nun die Werte der chemischen
Verschiebung ansteigend als ppm-Werte aufgetragen.
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