Thiopurin-S-Methyltransferase (TPMT)
Definition
- Das Enzym Thiopurin-S-Methyltransferase überträgt Methylgruppen auf den
Schwefel von Thiopurinen und spielt damit eine Hauptrolle im Metabolismus
dieser Substanzen.
Bemerkungen
- Die Aktivität der in insbesondere in der Leber lokalisierten TPMT
unterliegt einem genetischen Polymorphismus.
- Das TPMT codierende Gen befindet sich auf dem kurzen Arm des Chromosom 6 (6p22.3).
- Bei etwa 11 % der Europäer ist die Aktivität der TPMT merklich
vermindert, bei etwa 0,3 % der Bevölkerung fehlt sie praktisch ganz.
- Die mit Abstand häufigsten Mutationen werden als TPMT*2, TPMT*3A und
TPMT*3C bezeichnet.
- Sie treten mit folgenden Allelfrequenzen auf: TPMT*2: 0,17 %,
TPMT*3A: 4,5 %, TPMT*3C: 0,4 %.
- Die dabei auftretenden Basensubstitutionen sind - in gleicher
Reihenfolge - ein Tausch von G nach C an Nukleosidposition 238,
ein Tausch von G nach A an Position 460 und ein Tausch von A nach G
an Position 719. Diese führen schließlich zu den Aminosäuresubstitutionen A80P, A154T und Y240C.
- Neben diesen häufigen Mutationen sind noch zahlreiche weitere Mutationen
erkannt, die jedoch extrem selten vorkommen und meist nur einmal beschrieben wurden.
- Da diese Personen Thiopurine somit nur schlecht abbauen können, können
Arzneistoffe, die chemisch Thiopurine darstellen hier bei wiederholter
Anwendung leicht kumulieren. So kann der Einsatz der Standarddosierungen
hier dazu führen, dass bereits toxische Plasmakonzentrationen erreicht
werden.
- Individuen, die heterozygot für eine der beschriebenen Mutationen sind, haben eine reduzierte Enzymaktivität und erreichen bei gleicher Dosis eine etwa
2 - 3 mal so hohe zelluläre Konzentration an Thioguanin-Nukleotiden. Es hat sich in diesen Fällen als sinnvoll erwiesen, die Therapie mit
50 % der Normaldosis zu beginnen.
- Individuen, die homozygot für eine der beschriebenen Mutationen sind oder
eine Kombination heterozygoter Mutationen tragen, haben nur eine marginale Enzymaktivität und akkumulieren bei gleicher Dosis eine
etwa 10 - 20fach höhere zelluläre Konzentration an Thioguanin-Nukleotiden als Vergleichspersonen ohne Mutationen.
In diesen Fällen sollte die Therapie mit nur 10 % der Standarddosis
begonnen werden und Um in diesen Fällen eine sich meist sehr schnell entwickelnde Panzytopenie zu vermeiden, sollte die Therapie mit 10% der üblichen Dosis begonnen werden.
- Aufgrund der teilweise sehr schwerwiegenden unerwünschten
Arzneimittelwirkungen dieser Substanzen bei Überdosierung, sollte vor ihrer
Anwendung eine Genotypisierung des Patienten hinsichtlich TPMT vorgenommen
werden, so dass gegebenenfalls die Dosierung angepasst werden kann.
Vorkommen von TPMT-Polymorphismen
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Häufigkeit in der europäischen Bevölkerung |
Genotyen (Beispiele) |
Auswirkungen |
Keine TPMT-Defizienz |
ca. 89 % |
*1*1 |
Volle Aktivität des Enzyms |
Heterozygote TPMT Defizienz |
ca. 11 % |
*1*2, *1*3A, *1*3C |
Verminderte Aktivität des Enzyms |
Homozygote TPMT Defizienz |
ca. 0,3 % |
*3A*3A, *3A*3C, *3A*2A |
Stark verringerte Aktivität des Enzyms |
Durch TPMT-Polymorphismen in ihre Metabolisierung veränderte Arzneistoffe
(Auswahl)
Thiopurine sind die inaktiven Vorstufen der antiproliferativ und immunsuppressiv wirkenden 6-Thioguanin-Nukleotide (6-TGN), die als Substratanaloga in DNA- und RNA-Moleküle eingebaut werden und die fortdauernde Nukleinsäuresynthese verhindern. Auch für die toxischen Nebenwirkungen einer Thiopurintherapie sind die 6-TGN verantwortlich.
Das Enzym Thiopurin-S-Methyltransferase (TPMT) katalysiert die S-Methylierung von Thiopurinen und Thiopurin-Nukleotiden und trägt damit zu deren Inaktivierung bei.
Die Aktivität des Enzyms zeigt jedoch eine große interindividuelle Variation. Unter Standarddosierung bauen Patienten mit intermediärer TPMT-Aktivität eine ca. 2-3 mal höhere 6-TGN-Konzentration als Patienten mit normaler Aktivität auf. Patienten mit vollständiger TPMT-Defizienz entwickeln 10-20fach höhere 6-TGN-Konzentrationen, was zu einer schweren Myelodepression aufgrund der toxischen Akkumulation von 6-TGN in den hämatopoetischen Geweben führt.
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