Emulsionen

Definition

  • Disperse Systeme aus mindestens zwei miteinander nicht mischbaren flüssigen und/oder flüssigkristallinen Phasen.

Bemerkungen

  • Emulsionen bilden sich, wenn zwei miteinander nicht mischbare Flüssigkeiten zu einem dispersen System verarbeitet werden. Die kohärente Phase wird äußere, die dispergierte innere Phase genannt.
  • Da die Mischbarkeit praktisch nur auf der Hydrophilie bzw. Lipophilie der Einzelstoffe beruht, werden die Phasen von Emulsionen auch als hydrophile bzw. lipophile Phase bezeichnet.

Aussehen

  • Emulsionen erscheinen immer milchig-trüb. Die vielen kleinen Tröpfchen der inneren Phase brechen das Licht und führen so zu einer sehr intensiven Streuung und dem trüben Eindruck.
  • Wenn die Tröpfchen sehr klein werden, wird die Emulsion wieder klarer, da dann nur noch eine leichte Streuung zu beobachten ist (vgl. Opaleszenz, Tyndall-Effekt).

Phasenlage

  • Bei der Angabe der Phasenlage von Emulsionen werden die Buchstaben O ("Oil" = ölige, lipophile Phase) und W ("Water" = wässrige, hydrophile Phase) verwendet. Sie werden durch einen Schrägstrich voneinander abgetrennt (z.B. O/W).
  • Der erste Buchstabe bezeichnet die dispergierte Phase, der zweite die kontinuierliche, außen liegende Phase. Somit bedeutet O/W, dass eine Öl-in-Wasser-Emulsion vorliegt.
  • Normalerweise bildet die Phase mit dem größeren Volumen die äußere Phase, so ist Milch eine O/W-, die fettere Butter hingegen eine W/O-Emulsion. 
    • Es gibt aber Ausnahmen, so ist z.B. Diätmargarine eine W/O-Emulsion obwohl der Wasseranteil > 50 % ist. Analog ist Mayonnaise trotz 85 % Ölanteil eine O/W-Emulsion.
    • Allgemein gilt aber: Die innere Phase kann max. 70 % des Gesamtvolumens ausmachen, denn dann liegt die dichteste Kugelpackung der Tröpfchen vor.
  • Neben einfachen O/W- oder W/O-Systemen können auch kompliziertere Emulsionen hergestellt werden, diese entsprechen dann W/O/W- oder O/W/O-Systemen.
Phasenlage Beispiel
O/W Milch
W/O Butter
O/W/O  
W/O/W
  • Flüssige O/W-Emulsionen zur äußerlichen Anwendung werden als Lotionen bezeichnet.

Herstellung

  • Die zur Herstellung einer Emulsion aufzuwendende Dispersionsarbeit ist sehr groß, da die Energie zur Erzeugung neuer Grenzflächen in der Praxis nicht nur einmal aufgebracht werden muss, sondern mehrfach, da bereits während des Zerteilungsprozesses die neu entstandenen Tropfen teilweise wieder zu größeren Tropfen zusammenfließen. Dabei wird die eingesetzte Energie in Form von Wärme wieder frei, so dass es zu einer Erwärmung der Emulsion kommt.
  • Aufgrund der zunehmenden Grenzflächenenergie wird das entstehende System mit zunehmender Dispersität immer instabiler.
  • Um die Stabilität der Emulsion zu erhöhen, müssen Emulgatoren eingesetzt werden, die die Grenzflächenspannung und damit die Grenzflächenenergie des Systems herabsetzen.
  • Thermodynamisch ist und bleibt eine Emulsion dennoch immer instabil.

Instabilität

  • Da Emulsionen aufgrund ihrer Grenzflächenenergie thermodynamisch instabile Systeme sind, unterliegen sie verschiedenen zerstörerischen Phänomenen:
    • Aufrahmung oder Sedimentation
      • Die Tropfen der inneren Phase bewegen sich aufgrund von Dichteunterschieden nach oben oder unten.
      • Zur Beschreibung kann man das Stokes Gesetz heranziehen, das hier jedoch nur qualitativ gilt, da die Teilchen dicht beieinander liegen und sich gegenseitig beeinflussen.
      • Es ergibt sich nur eine Veränderung der Gleichmäßigkeit der Verteilung der inneren Phase, eine Änderung des Dispersitätsgrades tritt nicht auf.
    • Flocculation
      • Die Tröpfchen ballen sich zu Konglomeraten zusammen, fließen aber nicht zusammen und behalten ihre Individualität.
      • Ein Flocculat lässt sich leicht wieder aufschütteln.
    • Koaleszenz
      • Die Tropfen fließen zusammen, wobei kleine Tropfen zu Gunsten großer verschwinden.
      • Die Individualität der kleinen Tröpfchen geht somit verloren und die Grenzflächenenergie nimmt ab.
      • Zur Herstellung des alten Dispersitätsgrades muss relativ viel Energie aufgewendet werden.

Stabilisierung

  • Bereits aus dem Stokes Gesetz ergeben sich mehrere Möglichkeiten zur Stabilisierung einer Emulsion. Diese betreffen jedoch praktisch nur Aufrahmung und Sedimentation:
    • Dichteangleich der beiden Phasen
      • Durch ein Angleichen der Dichte der äußeren Phase an die innere Phase (bzw. umgekehrt), kann eine Aufrahmung oder Sedimentation deutlich verzögert werden.
      • Oftmals ist dies jedoch nicht frei von Problemen, da die Dichten der beiden Phasen sich unterschiedlich stark auf Änderungen der Temperatur reagieren. Bei geänderter Temperatur kann eine gute Angleichung der Dichten somit wiederum hinfällig sein.
    • Erhöhung der Viskosität
      • Durch Erhöhung der Viskosität der äußeren Phase lässt sich die Geschwindigkeit von Aufrahmung und Sedimentation herabsetzen.
      • Denkbar sind Zusätze von viskositätserhöhenden Stoffen (Verdickungsmitteln) wie Traganth, Methylcellulose, Bentonit etc.
    • Verringerung des Tropfendurchmessers
      • Die Verringerung des Tropfendurchmessers der inneren Phase verlangsamt zwar Aufrahmung und Sedimentation, erhöht aber zugleich die Anfälligkeit der Emulsion gegenüber Flocculation und Koaleszenz.
  • Zur Stabilisierung von Emulsionen gegen Flocculation und Koaleszenz bestehen u.a. folgende Möglichkeiten:
    • Zusatz von Emulgatoren
      • Emulgatoren erleichtern nicht nur die Bildung von Emulsionen, sondern können sie durch die Verringerung der Grenzflächenenergie auch merklich stabilisieren.
    • Einbringen von Ladungen
      • Zur Stabilisierung von Emulsionen und Suspensionen trägt auch die Abstoßung gleich geladener Teilchen bei.
      • Die Ursachen für die elektrostatische Aufladung der Teilchen können unterschiedlich sein:
        • Es können bestimmte Ionen selektiv an der Grenzfläche adsorbiert werden, sowohl zugesetzte Ionen als auch solche des Lösungsmittels (H+, OH-). Zudem können sich an den Grenzflächen funktionelle Gruppen befinden, die in Abhängigkeit vom pH-Wert geladen oder ungeladen sind (-NH2, -COOH).
        • Bei Festkörpern (in Suspensionen) können auch Baufehler der Kristallgitter zu Grenzflächenladungen führen.
      • Die in der Grenzfläche befindlichen Ionen werden als potentialbestimmende Ionen bezeichnet. Sie bestimmen das Nernst-Potential.
      • Das Gesamtsystem muss elektrisch neutral sein. Darum gibt es zu den potentialbestimmenden Ionen stets auch Gegenionen.
      • Diese Ionen sind in der Nähe der Grenzfläche stärker fixiert als in weiterer Entfernung.
      • Es befinden sich ebenfalls Ionen mit gleicher Ladung wie die potentialbestimmenden Ionen in der Lösung. Von der Grenzfläche der Partikel erfolgt allmählich eine Abschirmung der Ladungen hin zum "Inneren" der Lösung, das gleich dem Nullpotential ist.
      • Bei Bewegungen macht nur ein Teil der Ionen, die dieses Partikel umgeben, die Bewegung mit (Sternschicht). Bei einem anderen, weiter entfernten, sind die elektrostatischen Anziehungskräfte nicht mehr ausreichend, um die Scherkräfte zu überwinden.
      • Das durch die mitbewegten Ionen bestimmte Potential wird als elektrokinetisches Potential oder als Zeta-Potential (ζ- Potential) bezeichnet.
        • Das Zeta-Potential ist für die tatsächlichen Abstoßungskräfte zwischen den Teilchen maßgebend.
        • Wird das Zeta-Potential klein, so können sich die einzelnen Partikel eher zusammenlagern bzw. zusammenfließen, da die abstoßend wirkenden elektrostatischen Kräfte ebenfalls nur gering sind.
        • Umgekehrt kann man feststellen, dass durch ein hohes Zeta-Potential die Stabilität einer Emulsion bzw. Suspension erhöht wird.
        • Setzt man als Gegenionen mehrwertig geladene Ionen ein, so kann das Nernst-Potential schneller kompensiert werden und das Zeta-Potential ist geringer. Das heißt, die Abstoßungskräfte zwischen den Partikeln sind kleiner und es kommt leichter zur Flocculation.
        • Reichern sich die Gegenionen (mit hoher Ladung auf kleinem Volumen) stark in der Nähe der ladungstragenden Schicht an, so kann das Nernst-Potential innerhalb der Schicht, die das Zeta-Potential bestimmt, überkompensiert werden. So ergibt sich ein Zeta-Potential mit einer der Oberfläche des Partikels entgegengesetzten Ladung (Peptisation).
    • Makromoleküle
      • In geringen Konzentrationen setzen Makromoleküle die Stabilität von Emulsionen herab. Dies geschieht zum einen durch teilweise Abschirmung der Oberflächenladung als makromolekulares Gegenion, zum anderen durch Verbrückung der einzelnen Teilchen.
      • Etwas höhere Konzentrationen stabilisieren hingegen die Dispersion. Dies soll durch zwei Effekte erreicht werden:
        • Makromoleküle reichern sich in der Grenzfläche an und verhindern durch sterische Stabilisierung das Zusammenfließen der Teilchen.
        • Die Makromoleküle sind stark solvatisierbar und bilden um das Teilchen eine "Lyosphäre", in der das Solvens fest gebunden wird. Durch diese Schutzhülle wird die gegenseitige Annäherung der Teilchen verhindert und somit auch das Zusammenfließen.
    • Flüssigkristalline Lamellarphasen
      • Liegen genügend hohe Konzentrationen an Tensiden vor, so wird nicht nur die Grenzflächenspannung herabgesetzt, sondern es bilden sich in der Grenzfläche Lamellarphasen.
      • Hierdurch entsteht ein elastischer Film, der das Zusammenfließen der Einzeltröpfchen verhindert. Außerdem ist die Viskosität in der Grenzfläche (lokale Viskosität) sehr viel höher als in der kontinuierlichen Phase.

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