Koazervation
Synonym
Definition
- Entmischung einer stark solvatisierten Kolloidlösung durch partielle
Desolvatation (Verringerung der Löslichkeit) in 2 flüssige voneinander
abgegrenzte Phasen, von denen die eine viel, die andere wenig oder gar keine
Kolloidteilchen enthält.
Bemerkungen
- Die kolloidreiche Phase mit den dicht zusammengedrängten Teilchen, das Koazervat,
kann in der Folge ein Gel ausbilden.
- Die partielle Desolvatation wird durch Zugabe von Elektrolyten (Salze),
Nichtelektrolyten (z.B. Alkohole, "Nicht-Lösungsmittel",
hydrophile Polymere), durch pH- oder Temperaturänderung erreicht.
- Beim letztgenannten Punkt kommt es durch das Absenken der Temperatur
des erwärmten Sols, zu einer thermischen Sol-Gel-Umwandlung.
- Auch Viskosität und Oberflächenspannung spielen eine wichtige Rolle.
- Man unterscheidet die einfache Koazervation und die komplexe
Koazervation.
- Beide dienen meist dazu einen in einer Phase dispergierten Stoff zu
umhüllen; so wird die Koazervation als Standardverfahren für die
Herstellung von Mikrokapseln
eingesetzt.
Einfache Koazervation
- Bei der einfachen Koazervation findet die Koazervatbildung aus
konzentrierten Lösungen makromolekularer Substanzen, meist natürlicher
oder synthetischer Polymere, heraus statt, die nur ein Polymer enthalten.
Dementsprechend ist auch das Koazervat nur aus einer Substanz aufgebaut.
- Ein einfaches Koazervat bildet sich z.B. aus einem anionischen
Celluloseacetatphthalat-Sol durch Zugabe von Dinatriumhydrogenphosphat und
anschließend Natriumsulfat.
- Neben der gerade beschriebenen Art der Koazervatbildung durch Aussalzen
eines geladenen Polymers, kann die Koazervation auch durch Änderung der
Temperatur, des pH-Wertes oder der Löslichkeit (z.B. durch Zugabe eines
Nichtlösungsmittels) initiiert werden.
- Zur Herstellung von Mikrokapseln durch Koazervation
wird zunächst die zu umhüllende Substanz im Sol der Hüllensubstanz
dispergiert.
- Anschließend wird durch eines der eben aufgeführten Verfahren die Löslichkeit
der Hüllensubstanz im Sol so weit verringert, bis diese schließlich
präzipitiert und sich als Wandmaterial in flüssiger Form abscheidet.
Die Abscheidung erfolgt dabei bevorzugt auf der Oberfläche der
dispergierten Teilchen, so dass diese zunehmend umhüllt und nach und
nach verkapselt werden.
- Durch ständiges Rühren wird eine Agglomeration der noch unfertigen
gequollenen Mikrokapseln verhindert.
- Zur Verfestigung der neu gebildeten Mikrokapseln muss nun noch
entweder die Temperatur der gebildeten Dispersion unter die
Sol-Gel-Umwandlungstemperatur des Hüllmaterials abgesenkt werden oder
aber das Hüllmaterial durch Zusatz geeigneter Substanzen (z.B.
Formaldehyd beim Einsatz von Gelatine) chemisch verfestigt werden.
- Nach der Aushärtung können die neu gebildeten Mikropartikel
abfiltriert, getrocknet und weiterverwendet werden.
- Ein weiteres konkretes Beispiel für die Herstellung sei nachfolgend
genannt:
- Zunächst wird eine warme hochkonzentrierte wässrige Gelatinelösung
hergestellt, wobei man den pH-Wert der Lösung auf den isoelektrischen Punkt
der Gelatine einstellt (geringste Löslichkeit).
Setzt man nun warmen Ethanol
hinzu, so mischt sich dieser mit dem Wasser, wodurch die
Löslichkeit der Gelatine in der wässrigen Phase herabgesetzt wird.
Schließlich präzipitiert die Gelatine und scheidet sich Form
mikroskopisch kleiner Tröpfchen aus der Lösung ab. Diese lagern
sich nun bevorzugt an Grenzfläche zwischen wässriger Phase und dem
dispergierten zu verkapselnden Material ab, das so eine
Gelatinehülle bekommt.
Komplexe Koazervation
- Bei der komplexen Koazervation werden zwei verdünnte Polymerlösungen mit
zwei verschiedenen Polymeren verwendet. Die Polymere der einen Lösung
weisen überwiegend positive, die der anderen überwiegend negative Ladungen
auf.
- Werden die beiden Kolloidlösungen nun zusammengegeben, (z.B. Gelatine-Sol
mit positiver, Gummi-arabicum-Sol mit negativer Ladung), so entsteht durch
Vermischen unter Ladungsausgleich eine kolloidreiche Phase, das Koazervat.
- Ein komplexes Koazervat erhält man auch z.B. durch Mischen von
Gelatinelösungen Typ A mit Typ B.
- Unter pH 4,7 sind beide Gelatine-Typen positiv geladen.
- Erst nach dem Alkalisieren auf pH über 5 beginnt sich Typ B negativ
aufzuladen, was zum Ladungsausgleich und zum Koazervat führt.
- Dehydratisierende Stoffe (konzentrierte Alkohole) entwässern die
Gelatinehülle.
- Eine nachträgliche Härtung (meist mit Formaldehyd)
führt zu einer verzögerten Wirkstofffreigabe.
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