Thalidomid
Übersicht
Medizin
Typ
- Schwere Missbildungen des Kindes bei Einsatz während der Schwangerschaft
- Die Missbildungen beruhen auf einer antiangiogenetischen Wirkung
einiger Metaboliten, die jedoch nur in bestimmten Phasen der
Embryonalentwicklung eine negative Wirkung zu zeigen scheinen. Dies
erklärt das selektive Auftreten der Missbildungen an den Extremitäten,
während innere Organe - die deutlich früher gebildet werden - nicht
betroffen sind.
- Durch den Eingriff der Metaboliten in die Angiogeneseprozesse kommt
es zu einer verminderten Sauerstoffversorgung der sich neu bildenden
Gewebe und zur Apoptose der neu gebildeten Zellen.
- An bereits vorhandenen Gefäßen entstehen keine Schäden, ebenso
scheinen nicht alle Arten von den beschriebenen Schäden betroffen, wobei
noch nicht völlig klar ist, ob diese Arten von sich aus unempfindlichre
gegen die schädigenden Metaboliten sind, oder ob diese Arten schlicht die
schädigenden Metaboliten nicht bilden.
- Diese Erklärung der Missbildungen passt gut zu den positiven
Erfahrungen mit der Substanz bzw. Analoga der Substanz bei bestimmten
Tumoren, wo sie somit Angiogenese-Inhibitoren wären.
Anwendung
Tagesdosis |
50 - 100 mg |
Einzeldosis |
50 - 100 mg |
Pharmakologie
Typ
Pharmakodynamik
Pharmakokinetik
- Thalidomid wird im Körper in mehr als einhundert verschiedene
Metaboliten
umgewandelt.
- Da Thalidomid selbst nicht teratogen ist, sondern erst einige seiner
Metaboliten, handelt es sich also teilweise um eine Giftungsreaktion.
- Thalidomid ist beim Menschen sicher
teratogen.
Geschichtliches
- Thalidomid war für den bislang größten Arzneimittelskandal in der
Bundesrepublik Deutschland verantwortlich. Dieser führte u.a. zur
Einführung des Arzneimittelgesetzes.
- Die Substanz wurde am 1. Oktober 1957 von Grünenthal unter dem
Handelsnamen Contergan® eingeführt, nachdem sie in Tierversuchen
und den durchgeführten klinischen Studien sehr gut vertragen worden war.
- Thalidomid wurde auch zur Therapie von Schlafstörungen bei Schwangeren
empfohlen, da es als unbedenklich galt. Diese Ansicht beruhte neben den
Ergebnissen der Tierversuche v.a. darauf, dass nicht abhängig machte, keinen
Einfluss auf den Blutdruck und die Atmung hatte. Damit war es den damals
üblichen Hypnotika aus der Klasse der Barbiturate hinsichtlich
Verträglichkeit deutlich überlegen.
- Etwa zwei Jahre nach der Markteinführung begannen sich berichte über
Missbildungen - typischerweise verkürzte bis fehlende Extremitäten - an
Neugeborenen zu häufen, deren Ursache aber zunächst unklar blieb.
- Erst 1961 wurde der Zusammenhang zwischen diesen Missbildungen erkannt
und die Substanz mit Wirkung zum 27. November 1961 vom Markt genommen. In
den vier Jahren seit der Markteinführung wurden allein in Deutschland etwa
5000 Kinder mit den auf das Medikament zurückzuführenden Missbildungen
geboren, weltweit etwa 12000.
Chemie
Strukturformel
C13H10N2O4
|