Barbiturate

Übersicht


Medizin

Typ

Definition

Untertypen

Indikationen

Arzneimittelinteraktionen

Unerwünschte Arzneimittelwirkungen

  • "Hang-over"
    • Allgemeine Symptome sind Schläfrigkeit am Tage, Gleichgewichtsstörungen, Lethargie, Trunkensein, Ataxie und eingeschränktes Urteilsvermögen.
    • Besonders häufig werden diese Effekte nach der Einnahme langwirkender Barbiturate beobachtet.
  • Gastrointestinale Beschwerden, Hautreaktionen
    • Diese Nebenwirkungen treten vorwiegend bei älteren Patienten auf.
    • Die Hautreaktionen können sich in Ödemen, Exanthemen und exfoliativer Dermatitis äußern.
    • Bei den gastrointestinalen Beschwerden sind Übelkeit und Erbrechen zu nennen.
  • Toleranzentstehung
    • Wahrscheinlich v.a. durch die Enzyminduktion, die den Abbau der Barbiturate beschleunigt.
  • Amnesie
  • Leberfunktionsstörungen

Bemerkungen

  • Intoxikationen können zum Atem- und Herzstillstand führen! Diese atemlähmende Wirkung führte dazu, dass Barbiturate oft für Suizidversuche eingesetzt wurden, weshalb sie heute nicht mehr frei erhältlich sind und kaum noch verschrieben werden.
  • An ihre Stelle sind v.a. die Benzodiazepine getreten.

Pharmakologie

Pharmakodynamik

Wirkungen

  • Sedierung
    • In geringer Konzentration wirken Barbiturate beruhigend und sedierend, in etwas höherer auch schlafanstoßend.
  • Narkose
    • Hohe Konzentrationen von Barbituraten sind schlaferzwingend.

Wirkmechanismen

  • Barbiturate führen zu einer unspezifischen Hemmung des Zentralnervensystems durch Aktivierung inhibitorischer GABAA-Rezeptoren und Hemmung exzitatorischer AMPA-Rezeptoren.
    • Da Barbiturate den Rezeptor, über eine eigene Bindungsstelle auf der β-Untereinheit, selbst aktivieren und nicht nur wie die Benzodiazepine seine Affinität zu seinem natürlichen Transmitter erhöhen, ist die Gefahr von Intoxikationen und deren Folgen (z.B. Atemlähmung) deutlich höher als bei den Benzodiazepinen.
  • Je nach Dosierung wirken sie sedativ, hypnotisch oder narkotisch.
  • Hinsichtlich des schlafinduzierenden Effektes gibt es keine Unterschiede zwischen den verschiedenen Barbitursäure-Derivaten.
  • Schnelligkeit des Wirkungseintrittes und Wirkungsdauer einer Einzeldosis werden bei den einzelnen Derivaten durch die von der chemischen Struktur abhängigen Unterschiede in der Pharmakokinetik bestimmt.
  • Barbiturate verkürzen den REM-Schlaf sowie Stadium 4 des NREM-Schlafes; sie verlängern Stadium 2 des NREM-Schlafes.
  • Die in den ersten Nächten nach der Einnahme beobachtete Verlängerung der Gesamtschlafdauer wird bei fortgesetzter Applikation innerhalb kurzer Zeit (8 - 10 Tage) auf den Ausgangswert und darunter reduziert (Toleranzentwicklung).
  • Die schlafinduzierende Wirkung wird durch die Toleranzentwicklung abgeschwächt oder völlig aufgehoben; nur durch Dosiserhöhung kann der ursprüngliche Effekt wieder herbeigeführt werden.
    • Dieser Wirkungsverlust kann nur teilweise mit der Beschleunigung des Abbaus (Enzyminduktion) erklärt werden; es müssen außerdem adaptative Vorgänge im ZNS eine Rolle spielen (z.B. Beeinflussung des Zusammenspiels zwischen Transmitter und Rezeptor an der zentralnervösen Synapse).
  • Nach längerer Anwendung hat ein abruptes Absetzen von Barbituraten einen REM-Rebound zur Folge; der gesteigerte Nachholbedarf für REM-Schlaf geht mit Alpträumen einher.

Pharmakokinetik

Absorption, Distribution

  • Barbiturate können bereits im Magen (pH 1) resorbiert werden, weil sie als schwache organische Säuren (pKS 7,3 - 8,2) zu mehr als 90 % in der nicht ionisierten, lipidlöslichen Form vorliegen.
  • Im Blut (pH 7,4) ist der nicht an Albumin gebundene Anteil, z.B. von Phenobarbital (pKS 7,3) zu jeweils etwa 50 % ionisiert bzw. nicht ionisiert. Die nicht ionisierte Fraktion kann Zellmembranen, u.a. auch die Blut-Hirnschranke, durchdringen und reichert sich in den Zelllipiden an.

Metabolisierung

Elimination

  • In der Niere verlässt der nicht an Albumin gebundene Anteil der Barbiturate mit dem Ultrafiltrat das Blut.
    • Bei niedrigem pH-Wert (Azidose) verschiebt sich im tubulären Harn das Gleichgewicht zugunsten des nicht ionisierten Anteils, demzufolge wird das Barbiturat in Form der freien Säure schnell durch die Lipidbarriere des Tubulusepithels wieder ins Blut zurück diffundieren.
    • Eine Alkalisierung des Harnes (Gabe von NaHCO3) vermindert die Reabsorption, weil nunmehr die ionisierte Form überwiegt, die tubulär nicht zurück diffundieren kann.

Toxikologie

  • Die Gefahren beim Missbrauch und bei der akuten Intoxikation (tödliche Verläufe bei Vergiftungen durch Herzstillstand, Kreislaufversagen, Atemlähmung) sowie das Abhängigkeitspotential sind bei Barbituraten zweifelsfrei deutlich größer als bei den Benzodiazepinen.
  • Missbrauch ist nicht selten und hängt damit zusammen, dass Barbiturate bei manchen Personen Euphorie erzeugen.
    • Symptome einer zentralen Dämpfung werden bei Süchtigen häufig durch die gleichzeitige Einnahme zentral erregender Substanzen, z.B. Methamphetamin etc. kompensiert.
  • Akut toxische Plasmakonzentrationen treten ab 5 - 20 mg·l-1 auf, letale ab 50 - 100 mg·l-1. Entsprechend sind oralen Einmaldosen von 5 - 10 g als potentiell letal anzusehen.
  • Längerer Gebrauch von Barbituraten führt zu einer Toleranzbildung.
    • Bei Abhängigen kommen Dosissteigerungen bis zum Faktor 10 - 15 gegenüber der Norm vor.
  • Bei Langzeitbehandlung ist eine Abhängigkeit wahrscheinlich.
  • Bei abruptem Absetzen kommt es zu Entzugssymptomen, wie z.B.
    • Übererregbarkeit
    • Tremor
    • Angst
    • Schwächegefühl.
  • Bei an besonders hohe Dosen gewöhnten Süchtigen können im akuten Entzug auch Krämpfe und toxisch bedingte Psychosen (Delirium tremens) auftreten.
  • Nach längerer Anwendung von Barbituraten ist daher eine langsame Dosisreduzierung erforderlich.

Geschichtliches

  • Nach der Entdeckung des ersten hypnotisch wirksamen Barbiturats, des Barbitals, im Jahr 1902 und dessen Vermarktung ab 1904, wurden mehr als 2.000 Barbitursäure-Derivate synthetisiert, von denen über 50 als Arzneistoffe eingesetzt wurden.
  • Ab Ende der 1950er Jahre verloren die Barbiturate zunehmend ihre Bedeutung als Schlafmittel, da mit den Benzodiazepinen eine neue, deutlich sicherere Arzneistoffklasse zur Verfügung stand.
  • Barbiturate sind heute noch in der Anästhesie als Narkosemittel, sowie z.T. als Antiepileptika im Einsatz. Als Schlafmittel sind sie praktisch obsolet.

Intoxikation

Symptomatik

Sofortmaßnahmen

Therapie

  • Primäres Ziel ist die beschleunigte Ausscheidung des Gifts durch:
  • Eine Magenspülung um nicht resorbiertes Gift zu entfernen ist bis zu 24 h nach Ingestion sinnvoll.

Bemerkungen

  • Der Tod kann akut durch zentrale Atemlähmung oder nach 2 - 4 Tagen durch sekundäre Störungen eintreten. Hier sind v.a. Herz- bzw. Nieren-Versagen, Bronchopneumonie und Schocklunge zu nennen.

Chemie

Grundstruktur (Barbitale)

Bemerkungen

  • Die unsubstituierte Barbitursäure ist nicht hypnotisch aktiv. Erst ihre Derivate (R <> H) zeigen die arzneilich verwendeten Wirkungen.

Analytik

Identität


Beispiele

Substanzen

Barbitale

N-Methylbarbitale

Thiobarbitale

 

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