Phenytoin (PHT)

Übersicht


Medizin

Typ

Indikationen

  • Fokal eingeleitete generalisierende und generalisierte tonisch-klonische Anfälle (Grand mal)
  • Einfache (z.B. Jackson Anfälle) und komplex fokale Anfälle (z.B. Temporallappenanfälle)
  • Anfallsverhütung z.B. bei neurochirurgischen Eingriffen oder SHT
  • Neurogene Schmerzzustände vom Typ des Tic douloureux sowie andere zentrale oder periphere neurogene Schmerzzustände, die anderweitig nicht ausreichend behandelt werden können

Kontraindikationen

Absolute Kontraindikationen

  • Überempfindlichkeit gegen Hydantoine
  • Sick-Sinus-Syndrom, AV-Block II. und III. Grades, Myokardinfarkt innerhalb der letzten 3 Monate, Herzinsuffizienz mit linksventrikulärem Auswurfvolumen < 35 %
  • Blutbildveränderungen, vorbestehende Schädigungen des Knochenmarks
  • Schwangerschaft

Relative Kontraindikationen

Unerwünschte Arzneimittelwirkungen

Atemwege

  • Verschlechterung einer bestehenden Ateminsuffizienz (insbesondere bei i.v. Gabe)

Augen

  • Diplopie, Nystagmus (ca. 30 % der Patienten, meist bei Plasmakonzentrationen > 20 µg/ml sowie bei i.v. Gabe)
  • Starrer Blick (bei länger anhaltender Überdosierung)

Blut/Lymphe

  • Blutbildveränderungen (z. B. Leukopenien, selten)

Elektrolyte, Stoffwechsel 

  • Gefahr der Erzeugung von Alkalose (bei i.v. Gabe größerer Phenytoin-Mengen)

Gastrointestinaltrakt 

  • Appetitlosigkeit, Erbrechen, Gewichtsverlust (bei länger anhaltender Überdosierung)
  • Erbrechen, Mundtrockenheit (v.a. bei rascher i.v. Gabe, reversibel nach ca. 1 h, sofern nicht mit Phenytoin vorbehandelt wurde)
  • Gingivahyperplasie ( reversibel nach Dosisreduktion bzw. Absetzen des Präparates, gelegentlich)

Gefäße

  • Gefahr der Phlebitis am Injektionsort (bei i.v. Gabe größerer Phenytoin-Mengen)

Haut

  • Stevens-Johnson-Syndrom, Lyell-Syndrom (selten)
  • Allergische Hautausschläge, Exantheme (selten)
  • Hirsutismus (selten bei jungen Mädchen und Frauen)
  • Hautentzündungen mit großblättriger Schuppung (exfoliative Dermatitis)

Herz, Kreislauf

  • Asystolie durch Hemmung des Sinusknotens, Blockade der Überleitung und Unterdrückung des Kammer-Ersatzrhythmus bei totalem AV-Block (insbesondere bei i.v. Gabe, selten)
  • Proarrhythmische Wirkungen in Form von Veränderungen oder Verstärkungen der Herzrhythmusstörungen (evtl. bis zur Asystolie
  • Beschleunigung der Ventrikelfrequenz (durch Verkürzung der Refraktärzeit des AV-Knotens)
  • Blutdruckabfall, Verschlechterung einer bestehenden Herzinsuffizienz (insbesondere bei i.v. Gabe)

Immunsystem 

  • Schwere allergische Reaktionen, Fieber, Lymphdrüsenschwellungen, Beeinträchtigungen des Knochenmarks

Leber

  • Leberfunktionsstörungen (selten)

Nervensystem und Psyche 

  • Ataxie, Kopfschmerzen, zunehmende Erregbarkeit, hochfrequenter Ruhetremor, Dyskinesien, bulbäre Sprache, Abgeschlagenheit, Merkfähigkeitsstörungen und Störungen der intellektuellen Leistungsfähigkeit (ca. 30 5 der Patienten, meist bei Plasmakonzentrationen > 20 µg/ml)
  • Tremor, Vigilanz bis zu Bewusstseinsstörungen, myasthenisches Syndrom (bei i.v. Gabe)
  • Apathie, Sedierung, Wahrnehmungs- und Bewusstseinsstörungen bis hin zum Koma (bei länger anhaltender Überdosierung)
  • Schwindel (v.a. bei rascher i.v. Gabe, reversibel nach ca. 1 h, sofern nicht mit Phenytoin vorbehandelt wurde)
  • Polyneuropathie (bei Langzeittherapie)

Sonstiges

  • Kleinhirnatrophie (irreversibel, meist bei langfristiger Therapie mit Plasmakonzentrationen > 25 µg/ml sowie klinischen Zeichen einer Intoxikation, aber auch bei Einhalten der empfohlenen Standarddosierungen möglich)

Anwendung

Dosierung

Tagesdosis (Antiarrhythmikum) 600 mg
(Antiepileptikum) individuell

Bemerkungen

  • Beim Auftreten von Stevens-Johnson-Syndrom, Lyell-Syndrom oder Exanthemen sollte die Therapie abgebrochen werden. Gleiches gilt für Leberfunktionsstörungen, Blutbildveränderungen und schweren allergischen Reaktionen.
  • Bei längerfristiger Einnahme sind Kontrollen der Phenytoin-Plasmakonzentration, des Blutbildes und der Leberenzymaktivitäten (GOT, GPT, γGT) indiziert.
  • Phenytoin sollte nicht plötzlich abgesetzt werden, da dies zu einer vermehrten Anzahl von Anfällen bis evtl. zum Status epilepticus führen kann.
  • Patienten mit genetisch determinierter langsamer Hydroxilierung können bereits bei mittlerer Dosierung Zeichen der Überdosierung entwickeln.

Handelsnamen

  • Epanutin, Phenhydan, Phenytoin [...], Zentropil

Pharmakologie

Pharmakodynamik

Wirkmechanismus

  • Phenytoin hemmt u.a. die Freisetzung von Glutamat.

Pharmakokinetik

Bioverfügbarkeit (BVabs)  90 %
Clearance (CLtot)  
Eliminationshalbwertszeit (t1/2)  20 - 60 h
(andere Quelle) 6 - > 24 h
Extrarenale Eliminationsfraktion (Q0) 1,0
Plasmaproteinbindung (PB) > 90 %
Verteilungsvolumen (Vapp)  0,6 L/kg

Metabolisierung

Bemerkungen

  • Clearance und Eliminationshalbwertszeit sind deutlich dosisabhängig. Bereits im hohen therapeutischen Bereich kommt es infolge einer Enzymsättigung zu einem Übergang zu einer Kinetik 0. Ordnung.

  • Phenytoin wirkt auch als Enzyminduktor auf CYP3A4 und induziert somit seinen eigenen Abbau.

Toxikologie

  • Phenytoin ist teratogen und in allen Phasen der Schwangerschaft kontraindiziert. Mit der Einnahme von Phenytoin während der Schwangerschaft werden Wachstumshemmung, Gaumenspalten und Mikrozephalie in Verbindung gebracht.

Chemie

Strukturformel

Summenformel

C15H12N2O2

Molekülmasse

  • 252,28

IUPAC

  • 5,5-Diphenylimidazolidin-2,4-dion

CAS-Nummer

  • 57-41-0

Eigenschaften

Schmelzpunkt 295 - 299 °C
pKS (Imid) 8,33

Anforderung (Ph.Eur.)

  • Phenytoin hat einen Gehalt zwischen 99,0 und 101,0 %, berechnet auf die getrocknete Substanz.

Sonstige Eigenschaften

  • Weißes bis fast weißes, kristallines Pulver ohne Geruch.
  • Praktisch unlöslich in Wasser, löslich in Aceton (1:25), wenig löslich in Ethanol (1:70), sehr schwer löslich in Dichlormethan (1:850) und Diethylether (1:450).
  • Die Substanz löst sich in verdünnten Alkalihydroxid-Lösungen.

Analytik

Stas-Otto-Gang

Identität

Gehalt

Bemerkungen

  • Die Verbindung wird nur einmal deprotoniert, da das Dianion, im Gegensatz zum Monoanion, nicht mesomeriestabilisiert werden kann.

IR-Spektrum

Massenspektrum

NMR-Spektrum

  • 400 MHz in DMSO-d6

UV-Spektrum

  • Absorptionsmaximum in Methanol bei 258 nm (E = 30).
 

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