IR-Spektroskopie (IR)
Synonyme
- IR-Spektralphotometrie, IR-Spektrometrie
Übersicht
Analytik
Anwendungsgebiete
Identitätsprüfungen
- Die IR-Spektrometrie eignet sich ausgezeichnet zur Prüfung auf
Identität.
- Dabei wird das aufgenommene Spektrum mit dem der Referenzsubstanz
verglichen. Stimmen die Wellenzahlen und relativen Intensitäten der
Signale überein, kann davon ausgegangen werden, dass beide Substanzen
identisch sind.
- Besondere Bedeutung hat in diesem Zusammenhang der sogenannte Fingerprint-Bereich
zwischen ca. 1500 cm-1 und 667 cm-1. Hier zeigen
die Substanzen besonders charakteristische Muster, während die Bereiche
höherer Wellenzahl generelle Hinweise auf bestimmte funktionelle
Gruppen zeigen.
- Stimmen die Spektren nicht überein, so kann eine Identität sicher
ausgeschlossen werden, sofern es sich nicht um eine andere
Kristallmodifikation der Substanz handelt.
- Der Fingerprint-Bereich unterscheidet auch Enantiomere
sicher voneinander.
Strukturaufklärung
- Da die IR-Spektroskopie deutliche Hinweise auf bestimmte funktionelle
Gruppen liefern kann, eignet sie sich hervorragend (neben NMR
und MS) zur Aufklärung der Struktur unbekannter
Substanzen.
- Polarisierte IR-Strahlung kann zur Untersuchung der Stereochemie von
Molekülen herangezogen werden.
(Quantitative Bestimmungen)
- Da die Stärke der Absorptionsbanden von vielerlei schwierig zu
kontrollierenden Faktoren abhängig ist, z.B. eingesetzte Menge der
Probe, Art der Probenaufbereitung, Verteilung der Probesubstanz im
vermessenen Prüfling, sind quantitative Bestimmungen mittels der
IR-Spektroskopie nur schwer genau durchzuführen und auszuwerten.
Prinzipiell sind sie jedoch möglich.
Messgerät
- IR-Spektrometer sind entweder als Ein- oder als Zweistrahlgeräte
aufgebaut.
- Sie enthalten als Lichtquelle einen IR-Strahler (Globar
oder Nernst-Stift),
als Monochromator ein Gitter und als Verstärker ein Thermoelement.
- Einstrahlgeräte erzeugen durch Interferenz der IR-Strahlung der
Lichtquelle ein sogenanntes Interferogramm, aus dem mit Hilfe eines
Computers das eigentliche IR-Spektrum mit Hilfe der Fourier-Transformation
errechnet wird.
- Die Kompensation von Störungen durch Luft (enthält Wasserdampf und Kohlendioxid)
im Strahlengang erfolgt bei Zweistrahlgeräten durch direkte
Differenzbildung aus Probe- und Vergleichsmessung, bei Einstrahlgeräten
durch rechnerische Differenzbildung der Probemessung mit einer zuvor
aufgenommenen Referenz.
- Es wird grundsätzlich ein komplettes Spektrum (Wellenzahl gegen
Durchlässigkeit) aufgezeichnet.
- Zur Überprüfung des IR-Spektrometers auf seine Funktionsfähigkeit wird
eine Polystyrolfolie verwendet. Diese liefert im Messbereich genau
definierte Signale, sogenannte Banden und ermöglicht sowohl eine Kontrolle
der Wellenzahl, als
auch des Auflösungsvermögens.
Aufnahmetechnik
- Wichtigste Aufnahmetechnik ist die Feststoffpräparation. Hierbei
werden ca. 1 mg der Probe mit 300 mg trockenem Kaliumbromid
feinst verrieben und unter hohem Druck zu einem Pressling geformt. Der so
erhaltene - möglichst klare - Pressling wird in einer Halterung fixiert und
vermessen. Vorteil dieser Methode ist, dass kein Lösemittel verwendet
werden muss, das Störsignale erzeugen könnte.
- Eine weitere Präparation für Feststoffe ist die Suspensionstechnik.
Hierbei wird der Stoff in hochreinem Paraffin suspendiert und dann
vermessen. Problematisch sind hierbei Störungen des eigentlichen
Messsignals durch das Paraffin. Als Küvettenmaterial sind Glas oder Quarz
ungeeignet, da sie im Messbereich eine zu starke Eigenabsorption aufweisen.
Daher verwendet man Küvetten aus Natriumchlorid.
- Eine Möglichkeit zum Vermessen von Flüssigkeiten besteht in der Technik
einen kleinen Tropfen der Flüssigkeit als dünnen Film zwischen zwei
Natriumchloridplättchen zu bringen, dies wird als Dünnfilmpräparation
bezeichnet.
- Verdampfbare Substanzen können auch als Gas vermessen werden.
- Problematisch bei Lösungen von Feststoffen und Flüssigkeiten ist meist
die Eigenabsorption des Lösungsmittels, die sorgfältig kompensiert werden
muss.
- Kaliumbromid und
Natriumchlorid können als Hilfsstoffe eingesetzt werden, da sie nur
Ionenbindungen aufweisen und sie somit nicht IR-aktiv sind.
Auswertung
- Vor dem Vergleich der Fingerprint-Bereiche zwischen Probe und Referenzen,
kann anhand der Signale im Bereich von 4000 cm-1 bis 1500 cm-1
bereits eine Auswahl der in Frage kommenden Substanzen getroffen werden.
- Die dort auftretenden Signale der Valenzschwingungen lassen sich
bestimmten Strukturelementen zuordnen.
- Dabei lassen sich zunächst drei große Gruppen unterscheiden:
- Valenzschwingungen, an denen Wasserstoffatome beteiligt sind
- Die Signale dieser Valenzschwingungen, z.B. durch OH-, NH- oder
CH-Bindungen, treten in einem Bereich zwischen 4000 cm-1
bis etwa 2800 cm-1 auf.
- Valenzschwingungen dreifach gebundener Atomgruppen und kumulierter
Doppelbindungen
- Diese Gruppen, z.B. -C≡C-, -C≡N
oder -C=C=C-, zeigen typischerweise Signale zwischen 2800 cm-1
und 2100 cm-1.
- Valenzschwingungen doppelt gebundener Atome
- Doppelt gebundene Atome wie -C=C-, -C=O, -C=N- oder -N=O ergeben
Signale im Bereich zwischen 2100 cm-1 und 1500 cm-1.
- Auch die Signale der Valenzschwingungen von Aromaten
fallen in diesen Bereich. Sie befinden sich meist in einem noch
enger abzugrenzenden Gebiet von 1600 cm-1 bis 1500 cm-1.
- Aromaten zeigen im Bereich zwischen 1800 cm-1 und 2000
cm-1 oftmals zusätzlich weitere kleinere Signale, so
genannte Oberschwingungen.
- Nachfolgend ist eine Tabelle einiger wichtiger Strukturelemente, sowie
deren typischer Wellenzahlbereiche aufgeführt:
R-OH |
3200 - 3500 (breit, stark) |
R-NH-R, R-NH2 |
3200 - 3500 (spitz, stark) |
R-COOH |
2500 - 3300 (sehr breit, stark, überdeckt CH) |
R3-CH (ungesättigt, aromatisch) |
3000 - 3200 (oft schwach) |
R3-CH (gesättigt) |
2800 - 3000 (oft mehrere Banden) |
NR3H+ |
2600 - 3000 (sehr breit) |
R-C≡C-R |
2100 - 2300 |
R-C≡N |
2100 - 2300 (spitz, stark) |
R-CO-R |
1600 - 1800 (sehr stark, freistehend) |
R-C=C-R |
1500 - 1700 |
Aromaten |
1500 - 1600 (meist stark) |
- Es ist zu beachten, dass der genauere Wellenzahlbereich von
Substituenteneinflüssen abhängig ist. So zeigt die Carbonylgruppe in
R-CO-R bei unterschiedlichen Resten unterschiedliche Wellenzahlen von
- Primäre aromatische Amine
weisen oft mehr als ein Signal auf, so zeigt Benzocain
drei Signale, die alle aus der NH2-Gruppe resultieren. Der Grund
für dieses Verhalten ist noch ungeklärt.
- Die Doppelbindung der Carbonylgruppe zeigt eine höhere Wellenzahl (=
höhere Frequenz), da die Doppelbindung einen stärkeren Dipolcharakter
aufweist, als die der C=C-Bindung.
Bemerkungen
- Eine Identität kann sicher angenommen werden, wenn die Wellenzahl aller
Peaks und die Intensitätsverhältnisse der Peaks zueinander mit denen der
Referenzmessung am gleichen Gerät übereinstimmt.
- Da das genaue Aussehen des erhaltenen Spektrums oft geräteabhängig ist,
können Spektren der gleichen Substanz mehrerer Geräte nicht unbedingt
miteinander verglichen werden. Daher werden chemische Referenzsubstanzen
(CRS) mit genau definiertem Gehalt und exakt bekannter Zusammensetzung
benutzt, um Referenzspektren der einzelnen Substanzen auf demselben Gerät
zu erhalten.
Beispiel
- Erkennbar ist ein starker, schmaler Peak bei 3350 cm-1, der auf
ein primäres oder sekundäres Amin hinweist. (blau)
- Etwa im Bereich von 2450 - 2800 cm-1 zeigt sich ein breiter
Peak, der auf ein quartäres Ammoniumsalz hindeutet. (grün)
- Um 1700 cm-1 ist ein weiterer starker, spitzer Peak zu erkennen, dessen
Lage und Form auf eine Carbonylgruppe hinweist. (rot)
- Ziemlich genau bei 1600 cm-1 ist ein weiterer starker Peak
erkennbar, der von einem Aromaten herrühren müsste. (orange)
- Im Bereich von 2800 - 3000 sind mehrere schwächere Peaks zu erkennen, die
auf gesättigte CH-Bindungen hinweisen können, jedoch wenig typisch sind. (grau)
- Nach dieser Betrachtung der allgemein erkennbaren funktionellen Gruppen,
kann bereits eine Vorauswahl der in Frage kommenden Substanzen getroffen
werden.
- Anschließend muss noch das Peakmuster im Fingerprint-Bereich verglichen
werden. so kommt man schließlich für das oben abgebildete IR-Spektrum auf Tetracainhydrochlorid:
Physik
Voraussetzungen
- Vorhandensein von Elektronenpaarbindungen sowie eines Dipols (z.B. H2O)
oder Entstehen eines Dipolmoments als Folge der erzeugten Schwingung (z.B.
CO2). Dieses Dipolmoment entsteht bei gewinkelten Molekülen
immer, bei geraden dann, wenn die Möglichkeit zu asymmetrischen
Valenzschwingungen gegeben ist.
Messprinzip
- Durch Einstrahlung elektromagnetischer Wellen mit Wellenlängen im IR-Bereich
werden Moleküle zu mechanischen Schwingungen angeregt.
- Hierbei sind verschiedene Typen von Schwingungen zu unterscheiden:
- Valenzschwingungen
- Valenzschwingungen sind Schwingungen der Atome in Richtung ihrer
Elektronenpaarbindungen, weshalb sie auch als Streckschwingungen
bezeichnet werden.
- Sie lassen sich relativ leicht und eindeutig Strukturinformationen
des betrachteten Moleküls zuordnen.
- Da zu ihrer Anregung größere Energiebeträge, als für
Deformationsschwingungen nötig sind, treten sie im IR-Spektrum im
Wellenzahlbereich von über ca. 1500 cm-1 auf.
- Eine Ausnahme bildet lediglich die NH-Deformationsschwingung, die
auch über 1500 cm-1 zu finden ist.
- Deformationsschwingungen
- Hierzu gehören Beuge-, Drill-, Nick- und Schaukelbewegungen, also
alle Arten von Schwingungen, die unter Deformation der
Bindungswinkel des Moleküls erfolgen.
- Sie enthalten keine Informationen über einzelne Strukturmerkmale,
sind allerdings in ihrer Gesamtheit sehr typisch für das
betrachtete Molekül.
- Deformationsschwingungen bedürfen zu ihrer Erzeugung geringere
Energien, als Valenzschwingungen. Sie finden sich daher im Spektrum
im Bereich unterhalb 1500 cm-1.
- Die Deformationsschwingungen sind somit für den
Fingerprint-Bereich des IR-Spektrums verantwortlich, d.h. sie
ermöglichen die eindeutige Identifizierung einer Substanz durch den
Vergleich mit Referenzsubstanzen.
- IR-aktive Substanzen absorbieren gemäß ihren Resonanzfrequenzen
charakteristische Bereiche aus dem eingestrahlten Wellenspektrum.
- Die Resonanzfrequenzen sind im wesentlichen abhängig von der
Bindungsstärke und der Masse der schwingenden Atome.
- Allgemein ist die Resonanzfrequenz, bzw. die Wellenzahl, um so
höher:
- Je kleiner eines der beteiligten Atome ist.
- Je stärker die Bindung zwischen den beteiligten Atomen ist, wobei
Doppelbindungen stärker als Einfachbindungen und Dreifachbindungen
wiederum stärker sind.
- Je größer der Elektronegativitätsunterschied zwischen den
beteiligten Atomen ist.
- Saure Wasserstoffe zeigen eine deutliche Signalverschiebung zu niedrigeren
Frequenzen, da sie - aufgrund ihres teilweisen Ionenbindungscharakter -
leichter anregbar sind. Der teilweise Ionenbindungscharakter ist auch der
Grund dafür, dass saure Wasserstoffe zu relativ breiten Signalen führen.
- Die Angabe der Frequenzen erfolgt - historisch bedingt - über die Wellenzahl.
Als deren Einheit wird in der IR-Spektrometrie cm-1 verwendet.
- Die Messwerte werden in einem Diagramm aufgezeichnet, das eine von links
nach rechts steigende Wellenlänge aufweist, also abnehmende Wellenzahlen.
- Der Messbereich liegt zwischen 4000 cm-1 und 400 cm-1
(also bei Wellenlängen von 2500 - 25000 nm), der anschließende noch
höherfrequente Bereich wird von der NIR-Spektrometrie
benutzt.
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