Herz

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Medizin

Erkrankungen des Herzens

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Anatomie & Physiologie

Grundlegende Anatomie

Lage des Herzens

Allgemeines

  • Das Herz liegt im vorderen unteren Teil des Mediastinums (Mittelfellraums).
  • Es ist etwa so groß wie die geballte Faust des betreffenden Menschen.
  • Sein Gewicht beträgt im Mittel beim erwachsenen Mann 320 g, bei der Frau 280 g.
  • Unter funktionellen Gesichtspunkten kann das menschliche Herz in zwei Teile, das rechte und das linke Herz, gegliedert werden, die jeweils aus einem kleineren Vorhof (Atrium) und einer größeren Kammer (Ventrikel) bestehen.
  • Die oben angeordneten Vorhöfe sind durch eine Scheidewand (Septum atriorum) voneinander getrennt.
  • In den rechten Vorhof münden die großen Hohlvenen, in den linken Vorhof die Lungenvenen.
  • Die Abgrenzung der Kammern von den Vorhöfen ist auch von außen durch eine Furche, den Sulcus coronarius, zu erkennen.
  • Eine durch den Sulcus coronarius gelegte Ebene bildet die Herzbasis. In dieser Ebene sind sämtliche Herzklappen angeordnet, man bezeichnet sie daher auch als Ventilebene.
  • Die beiden Ventrikel werden durch die Kammerscheidewand (Septum interventriculare) voneinander getrennt.
  • Das gesamte Herz ist von einer serösen Hülle, dem Perikard (Herzbeutel), umgeben.
  • Er besteht aus zwei durch einen Flüssigkeitsfilm getrennten und gegeneinander verschieblichen Blättern. Das die Herzoberfläche überziehende innere Blatt wird als Epikard bezeichnet.

Schematische Darstellung des Blutstroms im Herzen

Aufbau der Herzwand

  • Die Herzwand wird (von innen nach außen) aus drei Schichten gebildet:
    • Endokard
      • Das Endokard besteht aus einer Endothelschicht und lockerem Bindegewebe. Es bedeckt den gesamten Innenraum des Herzens.
    • Myokard
      • Das Myokard, die Muskelschicht der Herzwand, ist ähnlich wie die Skelettmuskulatur aufgebaut und besitzt wie diese eine Querstreifung sowie ein sarkotubuläres Retikulum zwischen den Myofibrillen.
      • Im Unterschied zum Skelettmuskel bildet jedoch das Myokard ein Netzwerk verzweigter Fasern, deren Zellgrenzen durch sogenannte Glanzstreifen markiert werden.
      • Durch eine geschickte Anordnung der Muskelarchitektur wird eine weitgehend konzentrische Verkleinerung der Herzhöhlen bei der Kontraktion ermöglicht.
    • Epikard
      • Das Epikard, das die Herzoberfläche überzieht, setzt sich aus einem einschichtigen Epithel und einer darunterliegenden dünnen Bindegewebsmembran zusammen.
      • Im Bereich der Pforten für die großen Gefäße geht das innere in das äußere Blatt des Perikards über.

Herzklappen

Ventilebene

Allgemeines

  • Die Herzklappen, die eine Ventilfunktion besitzen, verhindern bei der rhythmischen Kontraktion der Herzmuskulatur den Rückstrom des Blutes.
  • Die zwischen den Vorhöfen und Kammern liegenden Klappen bezeichnet man als Atrioventrikular- oder Segelklappen (wegen ihrer Form).
  • Die Klappe zwischen rechtem Vorhof und rechter Kammer besitzt drei Flügel und heißt Trikuspidalklappe, die zwischen linkem Vorhof und linker Kammer besitzt nur zwei Flügel und wird als Mitralklappe bezeichnet.
  • Um ein Umschlagen der Segelklappen in die Vorhöfe zu verhindern, sind die Klappen durch Sehnenfäden über die sogenannten Papillarmuskeln mit dem Myokard verbunden.
  • An den Ausströmungsöffnungen der Ventrikel befinden sich Taschenklappen, die jeweils aus drei halbmondförmigen Bindegewebsplatten mit verstärkten Rändern bestehen.
  • Die Klappe am Übergang rechte Kammer / Truncus pulmonalis wird Pulmonalklappe, die Klappe am Übergang linke Kammer / Aorta Aortenklappe genannt.

Phasen der Herzaktion

Allgemeines

  • Das Herz erfüllt seine Pumpfunktion durch rhythmische Kontraktion und Erschlaffung.
  • Die Kontraktionsphasen werden zusammen als Systole, die Erschlaffungsphasen als Diastole bezeichnet.

Phasen der Herzaktion am linken Herzen (v.a. linker Ventrikel)

  • Anspannungsphase (Phase I)
    • Die Anspannungsphase beginnt mit dem Schließen der Segelklappen zwischen Vorhöfen und Kammern, nachdem der Druck in den Kammern, den in den Vorhöfen überschritten hat.
    • Die Ventrikelmuskulatur spannt sich um den (inkompressiblen) Inhalt an und bewirkt so einen steilen Druckanstieg.
    • In dieser Phase erfolgt eine Umformung beider Ventrikel mit Annäherung an eine Kugelgestalt, wobei praktisch alle Myokardfasern teils aktiv, teils passiv ihre Länge ändern. Das Volumen der Ventrikel bleibt während dieser Phase konstant (isovolumetrische Kontraktion).
    • Die Dauer der Anspannungsphase beträgt bei normaler Schlagfrequenz unter Ruhebedingungen im linken Ventrikel etwa 50 - 60 ms.
  • Austreibungsphase (Phase IIa, IIb)
    • Wenn der intraventrikuläre Druck den diastolischen Druck in der Aorta (ca. 80 mmHg) bzw. der Arteria pulmonalis (ca. 10 mmHg) übertrifft, öffnen sich die Taschenklappen, und die Austreibung beginnt.
    • Der Ventrikeldruck steigt dabei zunächst noch weiter bis zu einem Maximalwert (systolischer Blutdruck) an.
    • In dieser frühen Phase (Phase IIa) wird rasch der größte Teil des Schlagvolumens ausgeworfen und die Stromstärke in der Aorta erreicht ihr Maximum.
    • In der sich anschließenden Phase IIa geht die Erregung des Myokards zurück, im EKG entspricht sie der T-Welle.
    • Der Kammerdruck geht nach einer "Plateauphase" zurück; der Rest des Schlagvolumens wird, langsamer als in Phase IIa, ausgeworfen.
    • Unterschreitet der Druck in der Kammer den Aorten- bzw. Pulmonaldruck, so schließen (kurz danach) die Taschenklappen und die Austreibungsphase ist beendet.
    • Der Ventrikel wirft unter Ruhebedingungen in der Austreibungsphase von seinem enddiastolischen Volumen (EDV) von ca. 70 ml·m-2 (120 - 140 ml) etwa 47 ml·m-2 (70 - 90 ml) als Schlagvolumen (SV) aus. Ein enddiastolisches Restvolumen (ESV) von ca. 40 - 50 ml bleibt in der Kammer zurück.
    • Das Verhältnis SV / EDV wird auch als Ejektionsfraktion bezeichnet, sie beträgt in Ruhe etwa 50 - 70 % (Mittel 66 %).
    • Die gesamte Austreibungsphase dauert in Ruhe etwa 210 ms.
  • Entspannungsphase (Phase III)
    • Ähnlich wie die Systole beginnt auch die Diastole mit einer kurzen Phase (ca. 50 - 60 ms), in der zunächst noch alle Klappen geschlossen sind. Sie verläuft als isovolumetrische Erschlaffung.
    • Der intraventrikuläre Druck fällt in der Entspannungsphase rasch auf nahezu 0 mmHg ab.
    • Beim Unterschreiten des Vorhofdrucks öffnen sich die Segelklappen und die Füllungsphase beginnt.
  • Füllungsphase (Phase IVa, IVb, IVc)
    • Die Füllungsphase dauert in Ruhe etwa 500 ms, womit sie in Ruhe die längste Phase der Herzaktion ist.
    • Das Blut fließt nun aus den inzwischen wieder gefüllten Vorhöfen rasch in die Kammern ab, so dass diese bereits nach etwa einem Viertel der Dauer der Füllungsphase bereits wieder zu 80 % gefüllt sind.
    • In diesem schnellen Teil der Füllungsphase (Phase IVa), steigt der Ventrikeldruck nur wenig an.
    • Es schließt sich die Phase IVb an, in der die Ventrikelfüllung deutlich langsamer weitergeht end ebenfalls praktisch keine Drucksteigerung im Ventrikel zu beobachten ist.
    • Der Übergang zur Phase IVc ist im EKG durch die P-Welle gekennzeichnet.
    • In der Phase IVc kontrahieren die Vorhöfe und drücken so ihren Restinhalt in die Kammern, deren Innendruck dadurch leicht ansteigt.
    • Mit dem Auftreten der R-Zacke im EKG ist der Übergang zur nächsten Anspannungsphase erreicht. Die beginnende Kontraktion der Kammern führt zu einem Druckanstieg in den Ventrikeln und, sobald der Druck in den Vorhöfen überschritten wird, zur Schließung der Segelklappen.
    • In Ruhe wird nur etwa 10 - 15 % der Kammerfüllung durch die Vorhofkontraktion bewirkt.
    • Anders liegen die Verhältnisse bei höherer Herzfrequenz, wobei sich die Diastole stets stärker verkürzt als die Systole. Unter diesen Bedingungen kann die Vorhofkontraktion noch wesentlich zur Füllung der Ventrikel beitragen.

Vergleich mit dem rechten Herzen

  • Die am Beispiel des linken Herzens dargestellten Aktionsphasen können in prinzipiell gleicher Weise auch beim rechten Herzen nachgewiesen werden.
  • Wegen des geringeren Gefäßwiderstands in der Lungenstrombahn kommt das rechte Herz jedoch mit einem wesentlich kleineren systolischen Druck aus.
  • Die Schlagvolumina sind bei beiden Ventrikeln etwa gleich groß, evtl. kurzfristige Unterschiede werden v.a. durch den Frank-Starling-Mechanismus rasch ausgeglichen.
  • Die Aktionsphasen beider Herzhälften stimmen zeitlich nicht exakt überein:
    • So beginnt die Anspannungsphase des rechten Ventrikels nach der des linken, dauert jedoch wegen des geringeren Druckanstiegs kürzer.
    • Dementsprechend setzt die Austreibungsphase im rechten Ventrikel schon früher ein als im linken.
    • Trotzdem wird das Ende der Systole im rechten Ventrikel etwas später erreicht als im linken.
  • Die Zeitversetzungen sind relativ gering (Größenordnung 10 - 30 ms) und sind praktisch ohne Einfluss auf die Hämodynamik.

Anpassung der Herzaktion

Allgemeines

  • In körperlicher Ruhe beträgt das Schlagvolumen etwa 47 ml·m-2 Körperoberfläche (ca. 80 ml) und die Herzfrequenz ca. 70 Schläge/min.
  • Das Herzzeitvolumen, d.h. das pro Zeiteinheit transportierte Blutvolumen, weist somit bezogen auf die Körperoberfläche unter Ruhebedingungen einen Wert von etwa 3,4 l·min-1 auf (entspricht ca. 5,6 l/min).
    • Unter Belastungsbedingungen, vor allem bei körperlicher Arbeit, kann es, und zwar sowohl durch Zunahme des Schlagvolumens als auch durch Anstieg der Herzfrequenz, erheblich gesteigert werden (bis auf ca. 25 l/min).

Kurzfristige Volumen-Regulation

  • Eine Zunahme des Schlagvolumens wird durch ein erhöhtes venöses Angebot und einen dadurch erhöhten Venendruck bewirkt.
  • Die infolge der vermehrten Füllung des Ventrikels stärker gedehnten Herzmuskelfasern sind zu einer stärkeren Verkürzung und damit zu einer höheren Auswurfleistung befähigt.
  • Dieser Anpassungsmodus wird als Frank-Starling-Mechanismus bezeichnet.
  • Beim gesunden Herzen ist dieser jedoch nur bei kurzfristigem Volumen-Ausgleich und bei der Abstimmung der Schlagvolumina von rechtem und linkem Herzen von Bedeutung.

Nervale Regulation

Allgemeines
Schematische Darstellung der nervalen Innervation des Herzens

Einflüsse des Sympathikus bzw. Parasympathikus
  • Die parasympathischen Effekte werden, wie überall im Körper, über den Neurotransmitter Acetylcholin und M2-Rezeptoren an den Schrittmacherzellen übertragen.
  • Noradrenalin und Adrenalin, als Transmitter des Sympathikus, wirken am Herzen v.a. an β1-Adrenozeptoren.
  • Eine Aktivierung des Sympathikus führt zu einer verstärkten Kontraktionskraft der Herzmuskulatur (positiv inotroper Effekt).
    • Der Effekt beruht auf einem vermehrten Einstrom von Ca2+ in die Muskelzellen des Myokards.
      • Dieser Einstrom ist durch Calciumkanalblocker hemmbar. Die Herzglykoside erhöhen die Kontraktilität ebenfalls über eine erhöhte intrazellulär Ca2+-Konzentration, die allerdings über einen anderen Mechanismus erreicht wird.

    • Durch die stärkere Kontraktion des Herzens kann entweder durch stärkere Ausschöpfung des Restvolumens ein höheres Schlagvolumen ausgeworfen oder ein höherer peripherer Widerstand überwunden werden.
  • Ebenso führt eine Erhöhung des Sympathikustonus bzw. eine Verringerung des Vagustonus zu einer Erhöhung der Herzfrequenz (positiv chronotroper Effekt).
    • Der Einfluss des Parasympathikus ist für die Einstellung der Herzfrequenz bedeutsamer als der Sympathikus.
    • Beide verändern das Generator- und maximale diastolische Potential (MDP).
      • Acetylcholin flacht den Verlauf des Generatorpotentials ab und bewirkt ein negativeres MDP, beides vor allem durch eine Erhöhung der K+-Leitfähigkeit.
      • Die Einflüsse des Sympathikus verringern hingegen die K+-Leitfähigkeit und erhöhen die Ca2+-Permeabilität.
  • Eine Aktivierung des Sympathikus bewirkt eine positive Dromotropie, eine Aktivierung des Parasympathikus eine negative, jeweils durch Angriff am AV-Knoten und Veränderung der Leitfähigkeiten von K+ und Ca2+.
Bemerkungen
  • Mit der Zunahme der Herzfrequenz verändert sich auch das Verhältnis von Systolendauer zu Diastolendauer.
  • Da bei einer Frequenzerhöhung die Diastolendauer wesentlich stärker als die Systolendauer reduziert wird, steht eine geringere Zeit für die Füllung der Ventrikel und die - in großen Teilen der Ventrikel v.a. während der Diastole erfolgende - Durchblutung durch die Koronarien zur Verfügung.
  • Eine stärkere Frequenzsteigerung ist somit unökonomisch.
  • Obwohl der Parasympathikus keinen direkten Einfluss auf die Kontraktionskraft des Herzens hat, kann eine stärkere Verringerung der Herzfrequenz über den folgenden Mechanismus zu einem negativ inotropen Effekt:
    • Gemittelt über die Zeit, ist bei einer niedrigen Herzfrequenz der Ca2+-Einstrom in die Myokardzellen vermindert.
    • Da der Ausstrom gegenüber einer höheren Frequenz jedoch unverändert ist, sinkt die intrazelluläre Ca2+-Konzentration und damit die Kontraktilität ab.

Langfristige Anpassung

  • Bei längeren, größeren Belastungen kommt zu den funktionellen Regulationen eine strukturelle Anpassung hinzu.
  • Die Muskelfasern werden dicker und länger (Herzmuskelhypertrophie), gleichzeitig werden die Hohlräume erweitert (Dilatation).
  • Das Gewicht des Herzens kann dabei von normalerweise ca. 300 g bis auf etwa 500 g, das sogenannte kritische Herzgewicht ansteigen.
    • Bei einer weiteren Erhöhung des Herzgewichts sind die Diffusionsstrecken im Myokard zu lang, um eine ausreichende Versorgung aller Muskelfasern zu gewährleisten. Es kommt zur Unterversorgung des Myokards und nachfolgend zur Herzinsuffizienz und zum Herzversagen

Vor- und Nachlast

  • Unter Vorlast (preload) versteht man die enddiastolische Füllung, die für die sich passiv einstellende enddiastolische Wandspannung maßgeblich ist.
  • Nach dem Laplacesches Gesetz (K = P · r / 2d) wirkt sich eine Änderung des Füllungsvolumens folgendermaßen auf die Wandspannung K aus:
    • Eine Zunahme der enddiastolischen Füllung (Vorlaststeigerung) führt einerseits zur Erhöhung des Füllungsdrucks P und andererseits zur Vergrößerung des Kammerradius r sowie zur Verringerung der Wanddicke d.
    • Entsprechend sinkt bei Abnahme der enddiastolischen Füllung (Vorlastsenkung) die enddiastolische Wandspannung.
  • Ein Maß für die Nachlast (afterload) ist die Wandspannung, die entwickelt werden muss, um den enddiastolischen Aorten- bzw. Pulmonalisdruck zu überwinden.
    • Eine Verminderung der Nachlast kann demnach durch eine Senkung des enddiastolischen Aorten- bzw. Pulmonalisdrucks sowie durch eine Verkleinerung des Ventrikeldurchmessers erreicht werden.

Erregungsbildungs- und Erregungsleitungssystem

Allgemeines

  • Das Herz gehört zu den rhythmisch arbeitenden Organen, die unter geeigneten Bedingungen auch außerhalb des Körpers ihre Tätigkeit fortsetzen. Es ist dazu durch sein Erregungsbildungs- und Erregungsleitungssystem befähigt (Automatie des Herzens).
  • Daneben greifen Sympathikus und Parasympathikus regulierend in die Herztätigkeit ein, ohne sie primär auszulösen.
  • Die Zellen des Erregungsbildungssystems sind Muskelzellen, die eine - je nach Erregungsbildungszentrum unterschiedlich start ausgeprägte - spontane, langsame Depolarisation zeigen. Unterschreitet ihr Membranpotential ihr Schwellenpotential, lösen sie ein Aktionspotential aus.
  • Auch die Zellen des Erregungsleitungssystems sind spezialisierte Muskelzellen.
  • Vorhof- und Ventrikelmyokard sind funktionell jeweils ein Synzytium, d.h. ein elektrischer Reiz, der irgendwo in den Vorhöfen oder den Kammern entstanden ist, wird stets über das gesamte Myokard weitergeleitet. Sofern dieser außerhalb der Refraktärzeit auftritt und er zur Auslösung eines Aktionspotentials ausreicht, führt ein solcher Reiz also immer zu einer vollständigen Kontraktion des Myokards beider Kammern oder beider Vorhöfe (Alles-oder-Nichts-Reaktion).

Erregungsbildung

  • Die für die Herzaktion erforderlichen Aktionspotentiale werden in bestimmten Muskelzellen, sogenannten Schrittmacherzellen, gebildet, die zur spontanen Depolarisation befähigt sind.
    • In diesen Zellen folgt auf ein Aktionspotential sofort eine erneute spontane, langsame Depolarisation (Generatorpotential, Präpotential) aufgrund einer Abnahme der K+-Permeabilität sowie des Einstroms von Na+- sowie über T-Typ-Ca2+-Kanäle.
    • Aus diesem Grund spricht man hier auch nicht vom Ruhepotential, sondern vom maximalen diastolischen Potential. Es liegt ungefähr bei - 70 mV.
    • Ist das Schwellenpotential von ca. - 40 mV erreicht, entsteht das nächste fortgeleitete Aktionspotential durch Öffnung von Na+- und L-Typ-Ca2+-Kanälen.
    • Noch während des Aktionspotentials steigt die K+-Leitfähigkeit stark an, über die es nachfolgend zur Repolarisation kommt.
  • Sympathische Impulse beschleunigen, parasympathische Impulse verlangsamen die spontane Depolarisation der Schrittmacherzellen.
  • Allgemein ist die Impulsfrequenz eines Schrittmachers um so größer, je
    • steiler der Anstieg des Generatorpotential ist
    • weniger stärker negativ das Schwellenpotential ist
    • je weniger negative Werte das maximale diastolische Potential erreicht
    • je schneller die Repolarisation der Zellen erfolgt.
  • In den Schrittmacherzellen des Sinusknotens erfolgt die Depolarisation rascher als in den übrigen Zellen des Erregungsleitungssystems. Daher wird der Rhythmus der Herzaktion normalerweise von diesen Zellen bestimmt (aktueller Schrittmacher).
  • Erst bei dessen Ausfall kann die langsamere spontane Depolarisation anderer Zellgruppen des Systems die Schwelle erreichen und damit den Rhythmus der Herzaktion bestimmen (potentielle Schrittmacher).
  • Durch dieses System ist das Herz mehrfach gegen einen Stillstand gesichert.
    • Fällt der Sinusknoten als primärer Schrittmacher mit 60 - 80 Impulsen/Minute aus, dann erfolgt die Erregungsbildung - allerdings mit geringerer Frequenz von ca. 40 - 60 min-1 - im sekundären Zentrum, dem AV-Knoten.
    • Ist die Erregungsleitung auch im AV-Knoten unterbrochen, wird die Erregungsbildung von tertiären Zentren mit einer sehr langsamen Frequenz von etwa 25 - 40 min-1 (Kammerrhythmus) übernommen.
  • Fasern des Arbeitsmyokards sind im Gegensatz zu den Schrittmacherzellen normalerweise (d.h. unter nicht-pathologischen Bedingungen) nicht zur spontanen Depolarisation befähigt, bei ihnen kann ein Aktionspotential nur durch Depolarisation benachbarter Zellen ausgelöst werden.

Erregungsleitung

  • Sinusknoten
    • Normalerweise werden die Erregungen im Sinusknoten, der an der Einmündungsstelle der oberen Hohlvene in den rechten Vorhof liegt, gebildet und durch über die gesamte Vorhofmuskulatur auf den AV-Knoten übergeleitet.
  • AV-Knoten (Atrioventrikularknoten, Aschoff-Tawara-Knoten)
    • Der AV-Knoten liegt am Übergang vom Vorhof zur Kammer.
    • Er filtert die elektrischen Impulse vom Vorhof und reicht sie an die Kammer bzw. zunächst das His-Bündel weiter.
  • His-Bündel
    • Die weitere Erregungsübertragung erfolgt über das His-Bündel, das sich bald in die beiden Tawara-Schenkel aufteilt.
  • Tawara-Schenkel (Kammerschenkel)
    • Die beiden Tawara-Schenkel versorgen je eine Kammer und verzweigen sich schließlich in die Purkinje-Fasern.
  • Purkinje-Fasern
    • Die Purkinje-Fasern übertragen den fortgeleiteten elektrischen Reiz auf das Arbeitsmyokard der Kammern.
  • Im Arbeitsmyokard erfolgt die Weiterleitung des Reizes über Gap-junctions und zwar von innen nach außen und von der Herzspitze zur Herzbasis aus.

Myokard

Ruhepotential

  • Die Myokardfasern weisen - wie jede erregbare Nerven- und Muskelfaser - ein Ruhepotential zwischen dem Zellinneren (negativ) und dem Extrazellularraum (positiv) auf.
  • Die Größe dieses Membranpotentials beträgt etwa -90 mV. Es stellt vorwiegend ein Kaliumdiffusionspotential dar.

Aktionspotential

  • In gleicher Weise wie bei der Skelettmuskulatur, kommt es bei einem Aktionspotential im Myokard, ausgehend von einem Ruhepotential von etwa -90 mV, durch Erhöhung der Natriumpermeabilität zu einem raschen (1 - 2 ms) Potentialanstieg auf etwa +30 mV.
  • An diese schnelle Aufstrichphase schließt sich als besonderes Charakteristikum der Herzmuskulatur ein längerdauerndes Plateau an, das hauptsächlich darauf zurückzuführen ist, dass die Membranleitfähigkeit für Ca2+ erhöht und die Leitfähigkeit für K+ in dieser Zeitspanne erniedrigt ist.
    • Dazu werden langsame, spannungsabhängige Ca2+-Kanäle des L-Typs geöffnet, während gleichzeitig K+-Kanäle deaktiviert werden.
    • Damit ist der Effekt eines langsamen Ca2+-Einstroms und der eines entsprechenden K+-Ausstroms etwa gleich, das Membranpotential konstant.
  • Erst wenn die Ca2+-Leitfähigkeit ab- und die K+-Leitfähigkeit wieder zunimmt, kommt es zur vollständigen Repolarisation.
  • Insgesamt dauert das Aktionspotential der Herzmuskulatur, abhängig von der Herzfrequenz etwa 180 - 400 ms, d.h. es fast 100 - 200mal länger als das einer Nervenfaser.
  • Dieses lange Aktionspotential dient dazu, dass die zuerst erregten Myokardfasern noch refraktär sind, wenn die letzten gerade ihre Aktionspotentiale ausführen.

Elektromechanische Kopplung

  • Wie bei anderen Muskeln wird durch den Erregungsprozess, der sich über das Herz ausbreitet, die Kontraktion der Herzmuskelfasern ausgelöst.
  • Dementsprechend bezeichnet man die Aktivierung des kontraktilen Apparates durch das Aktionspotential auch hier als elektromechanische Kopplung.
  • Wie bei anderen Muskelzellen, nehmen Ca2+-Ionen dabei eine Schlüsselstellung ein.
  • Durch Öffnung von L-Typ-Ca2+-Kanälen (assoziiert mit so genannten Dihydropyridinrezeptoren (vgl. Calciumkanalblocker vom 1,4-Dihydropyridin-Typ)), kommt es zu einem erhöhten Ca2+-Einstrom ins Zytsol, woraufhin sich nun sogenannte Ryanodin-sensitive Ca2+-Kanäle des sarkoplasmatischen Retikulums öffnen und den Ca2+-Einstrom verstärken ("Triggereffekt").
  • Die großen Ca2+-Mengen aus dem sarkoplasmatischen Retikulum diffundieren nun zu den kontraktilen Elementen und aktivieren die Prozesse, die schließlich zur Verkürzung der Fasern führen. Sie bewirken also die eigentliche elektromechanische Kopplung.
  • Der Ca2+-Rücktransport ins sarkoplasmatische Retikulum wird durch eine Ca2+-ATPase bewirkt. Den Transport in den Extrazellularraum übernehmen die Ca2+-ATPase und ein sekundär-aktiver 3Na+/Ca2+-Antiporter.

Refraktärzeit

  • Beinahe während der gesamten Dauer des Aktionspotentials ist die Herzmuskelfaser absolut refraktär, d.h. eine neue Erregung ist in dieser Zeit nicht möglich. Innerhalb dieser absoluten Refraktärzeit steigt das Membranpotential wieder auf etwa -40 mV an.
  • Erst wenn das Membranpotential wieder ca. -40 mV erreicht hat, ist die Auslösung eines erneuten Aktionspotentials, allerdings noch mit verminderter Stärke möglich. Die Zelle ist in diesem Zustand relativ refraktär.
  • Dementsprechend bezeichnet man die Zeit bis zur Repolarisation der Membran auf ca. -75 mV als relative Refraktärzeit.
    • Im Bereich zwischen - 75 mV und -90 mV, also der letzte Phase der Repolarisation, ist die Erregbarkeit der Zelle gesteigert.
  • Refraktärzeiten schützen das Herz vor einer Dauerkontraktion bzw. Re-Entry-Tachykardie durch schnell aufeinanderfolgende Reize bzw. Erregungen: Der Wechsel von Kontraktion und Erschlaffung als Voraussetzung für die Förderleistung des Herzens bleibt erhalten.
    • Aus diesem Grund ist der Herzmuskel, anders als der Skelettmuskel, nicht tetanisierbar.

Erregungsablauf in Schrittmacherzellen und im Arbeitsmyokard

Schematische Darstellung

 

Bemerkungen

  • In den Zellen des aktuellen aktueller Schrittmachers (rot) folgt auf die Repolarisation eine langsame diastolische Depolarisation, die nach Erreichen des Schwellenpotentials ein neues Aktionspotential auslöst.
  • In den übrigen Zellen des potentiellen Schrittmachers (blau) erfolgt die diastolische Depolarisation so langsam, dass sie vor Erreichen der Schwelle durch das zugeleitete Aktionspotential unterbrochen wird.
  • Im Arbeitsmyokard (grün) fehlt die diastolische Depolarisation, das Aktionspotential kann nur von benachbarten Fasern her ausgelöst werden.

Koronarkreislauf

Anatomie der Herzgefäße

  • Die arterielle Versorgung des Herzens erfolgt durch zwei Koronararterien, die kurz hinter den Taschenklappen aus der Aorta entspringen. Es sind die Arteria coronaria sinistra und die Arteria coronaria dextra.
    • Die linke Koronararterie (Arteria coronaria sinistra), die den überwiegenden Teil des muskelstarken linken Ventrikels versorgt, nimmt 4/5 des gesamten Blutstroms für die Herzversorgung auf.
    • Sie verläuft zunächst zwischen linkem Herzohr und dem Truncus pulmonalis und teilt sich dann in einen Ramus circumflexus und einen Ramus interventricularis anterior.
      • Der Ramus circumflexus zieht in der Herzkranzfurche zur Hinterfläche des Herzens, der Ramus interventricularis anterior in der vorderen Längsfurche abwärts.
    • Die rechte Koronararterie (Arteria coronaria dextra) entspringt unter dem rechten Herzohr und folgt dann der Herzkranzfurche. An der Hinterfläche gibt sie den Ramus interventricularis posterior ab, der in der hinteren Längsfurche zur Herzspitze zieht.
  • Das venöse System des Herzens ist ähnlich wie das arterielle System aufgebaut.
  • Das Blut aus den Venen sammelt sich überwiegend im Sinus coronarius, der in den rechten Vorhof mündet.
  • Nur ein sehr geringer Teil des venösen Blutes wird über kleine Venen direkt in die Herzhöhlen geleitet.

Schematische Darstellung der größten Koronargefäße

Koronardurchblutung

  • Die pro Zeiteinheit durch die Koronarien fließende Blutmenge hängt vor allem ab vom:
    • Perfusionsdruck, d.h. vom Blutdruck in den Koronarien.
    • Koronarwiderstand
  • Der Koronarwiderstand setzt sich aus zwei Komponenten, einer vasalen und einer myokardialen (extravasalen) Komponente, zusammen:
    • Der vasale Widerstand ergibt sich aus dem Tonus der glatten Muskulatur der Koronararterien: Nimmt der Tonus ab, steigt die Durchblutung.
      • Das koronargesunde Herz verfügt über eine erhebliche Koronarreserve, d.h. bei Bedarf wird dem gesamten Herzen oder einem hypoxischen Bezirk mehr Blut und damit mehr Sauerstoff zugeführt.
      • In Ruhe beträgt der Sauerstoffbedarf des Herzens etwa 10 ml/min pro 100 g Herzgewebe, durch Erhöhung der Koronardurchblutung kann das maximale Sauerstoffangebot auf etwa 65 ml/min gesteigert werden. Die Koronarreserve ist somit etwa 5mal größer als der Ruhebedarf.
      • Die autoregulatorische Steigerung der Koronardurchblutung wird insbesondere durch Adenosin vermittelt.
      • Sauerstoffmangel des Myokards führt durch unzureichende ATP-Resynthese zu einer Freisetzung von Adenosin, das eine Dilatation der Koronargefäße bewirkt. Auch eine Aktivierung des Sympathikus löst eine Koronarerweiterung aus.
    • Unter der myokardialen Komponente des Koronarwiderstandes versteht man den vom Myokard auf die Koronarien ausgeübten Druck.
      • Infolge des rhythmischen Ablaufs der Herzaktion erfolgt auch die Koronardurchblutung nicht kontinuierlich, sondern sie weist rhythmische Schwankungen in Abhängigkeit von den Kontraktionsphasen auf.
      • Vor allem in den subendokardialen Arterien des linken Ventrikels kann während der Systole infolge der Komprimierung der Gefäße durch die Ventrikelkontraktion kein Blut fließen.
      • Ein Teil des Herzmuskels wird somit vorwiegend in der Diastole mit Blut versorgt.
      • Für die Myokarddurchblutung sind deshalb die Erschlaffung des Myokards und die Diastolendauer von entscheidender Bedeutung.

Vergleich der Herzen eines Nichtsportlers mit dem eines Sportlers

Parameter Nichtsportler Ausdauersportler
Herzgewicht [g] 300 500
Blutvolumen [ml] 5600 5900
Herzfrequenz [1/min] 80 - 180 40 - 180
Schlagvolumen [ml] 70 - 100 140 - 190
Herzzeitvolumen [l/min] 5,6 - 18 5,6 - 35
Atemzeitvolumen [l/min] 8 - 100 8 - 200
O2-Aufnahme [l/min] 0,3 - 2,8 0,3 - 5,2
 

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