Methanol

Synonym

  • Methylalkohol

Übersicht


Pharmakologie

Pharmakokinetik

Eliminationshalbwertszeit (t1/2) stark dosisabhängig (ca. 3 h bei 1,5 ml bis > 30 h bei Aufnahme akut toxischer Dosen)
Verteilungsvolumen (Vapp)  ca. 1 L/kg

Resorption

  • Methanol wird nach peroraler Applikation, aufgrund seiner geringeren Lipophile als Ethanol, zwar deutlich langsamer als Ethanol, aber dennoch insgesamt vollständig resorbiert.

Metabolisierung

  • Aufgenommenes Methanol wird durch die Alkoholdehydrogenase (ADH) relativ rasch zu Formaldehyd umgewandelt. Dieses wird anschließend mit einer Halbwertszeit des entstandenen Formaldehyd von unter 1 min durch die Aldehyddehydrogenase zu Ameisensäure oxidiert. Der Abbau und die Ausscheidung der Ameisensäure verlaufen nun jedoch sehr langsam, so dass sie bei Aufnahme toxischer Methanolmengen im Körper kumuliert.

Toxikologie

LD50 (Ratte, oral) 5.628 mg/kg
LD50 (Kaninchen, dermal) > 15.800 mg/kg
LC50 (Ratte, inhalativ über 4 h) 64.000 ppm

Bemerkungen

  • Bei oraler Aufnahme von Methanol ist ab Dosen von etwa 0,1 g/kg mit deutlichen Symptomen einer Intoxikation zu rechnen. Dosen über 1 g/kg sind lebensgefährlich.
    • Die dennoch relativ hohen LD50-Werte für die angegebenen Nagetiere erklären sich daraus, dass diese die entstehende Ameisensäure aufgrund eines größeren Folsäuredepots schneller abbauen können.
  • Dabei ist Methanol selbst eigentlich nur gering giftig. Seine relativ hohe Toxizität entsteht vielmehr durch die bei seinem Abbau im Körper entstehenden Metaboliten, insbesondere der gebildeten Ameisensäure
  • Nach einer häufig symptomlosen Latenzzeit von 6 - 30 h nach der Methanolaufnahme führt schließlich die gebildete Ameisensäure zu einer metabolischen Azidose.
  • Die Symptome einer Intoxikation mit Methanol lassen sich in drei Phasen einteilen:
    • Direkt nach der peroralen Aufnahme von Methanol treten ähnliche Symptome wie bei der Einnahme von Ethanol mit einem vergleichbaren narkotischen Stadium auf. Die berauschende Wirkung ist jedoch geringer als bei der Aufnahme der gleichen Menge Ethanol.
    • Nach der häufig asymptomatisch verlaufenden Latenzzeit, kommt es nun als Folge der sich ausbildenden metabolischen Azidose zu Symptomen wie Kopfschmerzen, Schwächegefühl, Schwindel, Übelkeit, Erbrechen sowie beschleunigter Atmung. 
    • In der dritten Phase kann durch die nun ausgeprägte metabolische Azidose schließlich der Tod infolge einer zentralen Atemlähmung eintreten.
  • Charakteristisch für eine Intoxikation mit Methanol ist eine Schädigung von Nerven, insbesondere am Auge, die vor allem auf lokale Wirkungen der gebildeten Ameisensäure zurückgeführt wird.
    • Zunächst - etwa ab dem 3. Tag nach der Aufnahme des Methanols - treten Sehstörungen wie verschwommenes Sehen auf, die durch Ödeme der Netzhaut entstehen. Diese Eintrübung des Visus kann reversibel sein.
    • Später können aufgrund irreversibler Schäden des Sehnervs Sehstörungen bis zur kompletten Erblindung auftreten. Das Risiko für irreversible Sehstörungen scheint besonders hoch, wenn die Plasmakonzentration der gebildeten Ameisensäure längere Zeit über 0,3 mg/ml Blut beträgt.
  • Ein spezifisches Antidot bei einer Intoxikation mit Methanol ist nicht vorhanden. Die Therapie konzentriert sich daher auf folgende Maßnahmen:
    • Verringerung der Neuproduktion von Ameisensäure
      • Durch Gabe von Ethanol (ca. 0,7 g/kg) wird Methanol kompetitiv von der Alkoholdehydrogenase (ADH) verdrängt. So entsteht weniger neues Formaldehyd und damit weniger Ameisensäure nach; außerdem ist nun mehr Zeit vorhanden, aufgenommenes Methanol abzuatmen.
      • Alternativ kann die ADH auch durch Applikation von Fomepizol (4-Methylpyrazol) inhibiert werden.
    • Förderung des Ameisensäureabbaus
    • Therapie der metabolischen Azidose
  • Als weitere Maßnahme kann eine Hämodialyse durchgeführt werden.
  • Die Therapie muss mindestens bis zum Unterschreiten einer Methanolkonzentration von 0,2 g/L im Blut fortgesetzt werden.

Vorkommen

  • Methanol entsteht regelmäßig als Nebenprodukt bei der alkoholischen Gärung und reichert sich in Destillaten, z.B. bei der Herstellung von Spirituosen, an. Daher muss bei der Destillation die Methanolfraktion abgetrennt werden.
    • Zum Erreichen einer möglichst vollständigen Abtrennung sind große Sorgfalt und Erfahrung sowie die genaue Einhaltung eines strengen Temperaturregimes erforderlich. Minderwertige - oder gar selbstgebrannte - Spirituosen können Methanolkonzentrationen aufweisen, die  zu toxischen Effekten führen können.

Chronische Toxizität

  • 20 - 25 ppm Methanol in der Umgebungsluft wurden von Arbeitern über 2 Jahre lang ohne gesundheitliche Folgewirkungen toleriert.
  • Konzentrationen von mehr als 200 ppm Methanol führen nach längerer Einatmung zu Kopfschmerzen. Konzentrationen von 500 - 1100 ppm wurden von freiwilligen Probanden nur 3 - 4 h toleriert.

Intoxikation

Bemerkungen

  • Ausführlichere pharmakologische Informationen zur Intoxikation sind im Abschnitt Toxikologie zu finden.

Symptomatik

  • Übelkeit, Erbrechen, gastrointestinale Beschwerden
  • Kopfschmerzen, Schwindel, Schwächegefühl, Verwirrung, Benommenheit
  • Beschleunigte Atmung
  • Sehstörungen, Erblindung
  • Muskelkrämpfe
  • Bewusstlosigkeit, Koma, Tod durch Atemlähmung

Sofortdiagnostik

Sofortmaßnahmen

  • Bei geringen aufgenommenen Mengen und kurz zurückliegender Ingestion evtl. Gabe von Ethanol
  • Schutz vor Unterkühlung und Aspiration
  • i.v.-Zugang 
  • Evtl. Beatmung
  • Evtl. Intubation (Notkompetenz)
  • NOTARZT
  • Vorbereitung von Ethanol zur Injektion

Achtung

  • Methanol wird peroral, inhalativ und dermal sehr gut resorbiert!

Antidot

  • Kein spezifisches Antidot verfügbar.
  • Ethanol kann aufgrund seiner Konkurrenz um die Alkoholdehydrogenase als unspezifisches Antidot verwendet werden.

Chemie

Strukturformel

Summenformel

CH4O

Molekülmasse

  • 32,04

IUPAC

  • Methanol

CAS-Nummer

  • 67-56-1

Eigenschaften

Schmelzpunkt -98,0 °C
Siedepunkt 64,7 °C
Dampfdruck (20 °C)
Dampfdruck (50 °C)
130,3 hPa
546,6 hPa
Dichte (20 °C) 0,791 g/cm3
Relative Dichte  
Brechungsindex  
pKB  
log P  -0,77
(andere Quelle, 19 °C) -0,82
Explosionsgrenze 6,0 - 36,0 % %
Flammpunkt 11 °C
Zündtemperatur 455 °C
Löslichkeit (H2O, 20 °C) mischbar
Sättigungskonzentration (20 °C)  

Sonstige Eigenschaften

  • Klare, farblose Flüssigkeit mit charakteristischem Geruch.
  • Mischbar mit Wasser.

Analytik

Identität

  • Als Borsäuretrimethylester

IR-Spektrum

  • Präparation: Dünnfilm

NMR-Spektrum

  • 90 MHz in CDCl3

Massenspektrum


Technologie

Verwendung

Bemerkungen

  • Methanol wurde früher meist durch Destillation von Holz hergestellt ("Holzgeist"). Heute wird es vor allem aus Erdgas oder durch Kohlevergasung gewonnen.
  • Methanol dient u.a. als Auszugsmittel für Pflanzenextrakte. Die Konzentration des Auszugsmittels unterliegt in pharmazeutischen Produkten engen Grenzen, so dass hier keine Gefahr zu erwarten ist.
  • In alkoholischen Getränken, insbesondere (minderwertigen) Branntweinen finden sich z.T. relativ hohe Methanolkonzentrationen, die durchaus toxische Effekte zeigen können.

E-Nummer

  • Keine

Toxikologische Bewertung

  • Toxisch

Sicherheit

Gefahrstoffklasse

F T N

R- und S-Sätze

R-Sätze 11-23/24/25-39/23/24/25
S-Sätze 7-16-36/37-45

 

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