Knorpel
Synonym
- Cartilage [engl.]
- Cartilago [lat.]
- Knorpelgewebe
Definition
- Knorpel ist ein druck- und biegeelastisches, gefäßloses Gewebe, aus der
Gruppe der Binde- und Stützgewebe mit hohem Anteil an extrazellulärer
Matrix.
Bemerkungen
- Knorpelgewebe ist neben dem Knochengewebe das
Stützgewebe des menschlichen Körpers.
- Es entwickelt sich wie Bindegewebe aus dem Mesenchym.
- Seine besonderen Eigenschaften sind Druckelastizität, die Tatsache,
dass er sowohl Gewichte tragen als auch Gleiten von verschiedenen
Komponenten gegeneinander ermöglichen kann sowie seine formgebende
Wirkung.
- Knorpelgewebe ist ein komplex aufgebautes System aus Knorpelzellen
(Chondroblasten, Chondrozyten) und extrazellulärer Matrix. Es enthält
weder Gefäße noch Nerven.
- Degenerative Knorpelerkrankungen sind daher so lange schmerzlos, bis
der Verlust an Knorpel so weit fortgeschritten ist, dass Nervenenden im
unter dem Knorpel liegenden (Knochen-)Gewebe erregt werden.
- Die mechanischen Eigenschaften von (hyalinem) Knorpel sind beachtenswert.
Der als Maß für die Reibung relevante Reibkoeffizient µ beträgt für
Knorpel etwa 0,005 bis 0,01.
- Der Reibkoeffizient zwischen Stahl und Eis (bzw. Wasserfilm) beim
Schlittschuhlaufen beträgt ebenfalls etwa 0,01.
- Für diese extrem gute Gleitfähigkeit ist das Zusammenspiel von Knorpel
und Gelenkflüssigkeit notwendig.
- Letztere enthält als wichtigsten Bestandteil Hyaluronsäure.
- Die Hyaluronsäure verbessert die Gleiteigenschaften von Knorpel
auf Knorpel erheblich, sie wird daher auch bei Knorpelschäden (v.a.
bei Arthrose) zur Linderung der sonst durch die Reibung entstehenden
Schmerzen eingesetzt.
- Aufgrund unterschiedlicher Zusammensetzungen der extrazellulären Matrix
unterteilt man Knorpelgewebe in:
Extrazelluläre Matrix
- Die extrazelluläre Matrix besteht zu ca. 10 - 15 % Kollagen Typ II, zu
ca. 5 - 10 % aus dem Proteoglykan Aggrekan und zu etwa 70 - 80 % aus Wasser.
- Sie wird von den Knorpelzellen sezerniert, die in die Matrix eingelagert
sind.
Knorpelzellen (Chondroblasten, Chondrozyten)
- Bei Knorpelzellen kann man zwischen einem aktiveren und einem passiveren
Stadium unterscheiden.
- Im aktiveren Stadium, das den Zeitraum der Knorpelbildung umfasst und
während dessen die extrazelluläre Matrix synthetisiert und nach außen
abgegeben wird, bezeichnet man die Knorpelzellen als Chondroblasten.
- Durch die ausgeschiedene Matrix rücken die Chondroblasten mit der Zeit
auseinander, so dass nach einiger Zeit jeder Chondroblast isoliert und ganz
von Interzellularsubstanz umgeben ist.
- Ab diesem Zeitpunkt beginnt das passivere Stadium. Die in die Matrix
eingelagerten Knorpelzellen bezeichnet man nun als Chondrozyten.
- Chondrozyten sind nur noch begrenzt teilungsfähig, da sich die
entstehenden Tochterzellen gegenseitig den Platz in ihrer Lücke in der
Matrix wegnehmen würden.
- Je nach Knorpelart entstehen aus einer Ausgangszelle
"Zellnester" mit zwei bis vier Chondrozyten (im hyalinen Knorpel
auch bis zu acht).
- Diese "Zellnester" bezeichnet man als isogene Gruppen, da alle
Zellen der Gruppe aus einem einzigen Chondrozyten hervorgegangen sind.
- Bei der lichtmikroskopischen Untersuchung solcher isogener Gruppen
findet man um sie herum eine sogenannte Knorpelhöhle.
- Die Knorpelhöhle ist jedoch im lebenden Gewebe eigentlich gar
nicht vorhanden, sondern lediglich ein durch die Präparation
entstehendes Artefakt.
- Bei der Präparation mit den meisten herkömmlichen
Präparationstechniken kommt es zu einem Wasserentzug im Gewebe.
Die Zellen schrumpfen es entsteht ein Spalt zur sogenannten
Knorpelkapsel, die die Begrenzung zur extrazellulären Matrix
bildet.
- Durch diesen Spalt erscheint es, als ob die Chondrozyten
innerhalb der Knorpelkapsel wie in einer Höhle liegen.
- Um die Knorpelkapsel herum befindet sich der sogenannte Knorpelhof.
- Im gefärbten histologischen Präparat erscheint dieser Bereich
unter dem Mikroskop stärker angefärbt als der Rest der Matrix.
- Die Einheit aus den Chondrozyten einer isogenen Gruppe, der sie umgebenden
Knorpelkapsel und dem Knorpelhof bezeichnet man als Chondron
(bzw. Territorium).
- Das Gebiet zwischen zwei Territorien bezeichnet man sinnigerweise als
Interterritorium.
- Auch wenn Chondrozyten keine neue extrazelluläre Matrix mehr aufbauen, so
sind sie doch für die Erhaltung der bereits vorhandenen unbedingt
erforderlich.
Nährstoffversorgung
- Knorpel ist ein bradytrophes Gewebe, d.h. er
enthält keine Blutgefäße und muss allein durch Diffusion ernährt werden.
- Die Versorgung des Knorpels erfolgt daher ausschließlich von außen durch
das Perichondrium bzw. die Synovia.
- In Gelenken ist die Synovialflüssigkeit wichtigste
"Nahrungsquelle" für den Knorpel. Sie transportiert auch
Stoffwechselprodukte ab.
- Die Diffusion wird hier dadurch unterstützt, dass in Belastungsphasen
Flüssigkeit aus dem Knorpelgewebe herausgequetscht wird, während in
Belastungspausen wieder Flüssigkeit aufgesogen wird. Das Knorpelgewebe
ähnelt somit in gewisser Weise einem Schwamm.
- Zur ausreichenden Versorgung der im Knorpel liegenden Chondrozyten ist
ein regelmäßiger Wechsel aus Be- und Entlastung des Knorpels
notwendig.
- Bleibt die zyklische Be- und Entlastung aus, so kommt es auch zu
Dedifferenzierungen innerhalb des Knorpelgewebes, die die
mechanische Qualität des Knorpels mindern.
Wachstum
- Da die eingemauerten Chondrozyten keine weitere Extrazellularsubstanz
aufbauen können, muss das Wachstum des Knorpels von außen erfolgen. Dies
ermöglicht das sogenannte Perichondrium.
- Dieses enthält Vorknorpelzellen, sie sich zunächst zu Chondroblasten
differenzieren.
- Die Chondroblasten sezernieren nun die extrazelluläre Matrix, entfernen
sich dabei zunehmend von ihren Nachbarzellen und mauern sich in die Matrix
ein.
- Das Wachstum des Knorpels geschieht somit vornehmlich durch die
Größenzunahme der Interzellularsubstanz.
Erkrankungen
- Die Nährstoffversorgung des Knorpelgewebes ist oft problematisch und
langfristig nicht ausreichend, weshalb Knorpel, insbesondere hyaliner
Knorpel, sehr anfällig für degenerative Erkrankungen ist.
- In diesem Zusammenhang lässt sich mikroskopisch beobachten, dass junge
Knorpelzellen meist abgeflacht sind, während ältere zunächst
zunehmend rund werden, bis sie schließlich hypertrophieren.
- Man vermutet, dass dies mit der ins Innere des Knorpels immer
schlechteren Versorgung der Chondrozyten zusammenhängt, wobei aufgrund
des appositionellen Wachstums von Knorpel stets auch die ältesten
Zellen am weitesten innen liegen.
- Da die Chondrozyten für den erhalt der extrazellulären Matrix
sorgen, kommt es bei deren Unterversorgung zu einem langsamen Verfall
der Matrix.
- Man spricht von einer Demaskierung des Knorpels. Die Oberfläche
wird rau, die Funktion des betroffenen Gelenkes dadurch
eingeschränkt, eine Arthrose entwickelt sich.
- Knorpel ist eines der am schlechtesten heilenden Gewebe im Körper, was
vor allem an der schlechten Nährstoffversorgung liegen dürfte.
- Die nachfolgend beschriebene Regeneration funktioniert meist nur bei
Kindern noch ausreichend gut. Beim Erwachsenen ist die
Regenerationsfähigkeit des Knorpelgewebes hingegen schlecht bis sehr
schlecht.
- Bei Verletzungen des Knorpels wachsen Zellen aus dem Perichondrium
in den Defekt ein und fangen an, sich dort zu Chondroblasten zu
differenzieren.
- Sie beginnen Interzellularsubstanz zu bilden sich somit einzumauern. Nach
einiger Zeit sind sie von den ursprünglichen Chondrozyten nicht mehr zu
unterscheiden.
- Besonders bei Knorpelschäden oberhalb einer bestimmten Größe (z.T. aber
auch bei sehr kleinen Schäden) differenzieren sich die einwandernden Zellen
des Perichondriums jedoch nicht zu
knorpelbildenden Chondroblasten, sondern bleiben Bindegewebszellen.
- Diese synthetisierend nun Kollagen des Typs I (statt Typ II) und eine
extrazelluläre Matrix, die der des Bindegewebes entspricht.
- Das so entstehende Narbengewebe hat deutlich schlechtere mechanische
Eigenschaften als das ursprüngliche Knorpelgewebe.
Einfluss von Vitaminen und Hormonen
- Der Auf- und Abbau des Knorpels unterliegt der einer hormonellen
Steuerung, aber auch Vitamine spielen eine wichtige Rolle.
- So ist Vitamin A für die Reifung des Knorpels maßgeblich, während
ohne Vitamin C die Synthese der Kollagenfasern und der Grundsubstanz
nicht ablaufen kann.
- Ohne Vitamin D findet keine ordnungsgemäße Calcifikation des hyalinen
Knorpels statt.
- Hormone beeinflussen v.a. die Synthese der Grundsubstanz.
- Wachstumshormone beschleunigen den Knorpelaufbau, Glukokortikoide, z.B. Hydrocortison,
hemmen ihn.
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