Tenside

Synonym

  • Netzmittel

Übersicht


Pharmakologie

Toxikologie

  • Toxikologische Untersuchungen zu Tensiden sind oftmals nur relativ dürftig.
  • In den meisten durchgeführten Verträglichkeitstests wurden keine auffälligen Nebenwirkungen beobachtet.
  • Tenside verändern jedoch die Durchlässigkeit von Membranen, weshalb sie auch in Pestiziden zur Wirkungsverstärkung eingesetzt werden.
  • Bei der Entstehung von Darmerkrankungen und Allergien spielen Tenside wahrscheinlich eine nicht unbeträchtliche Rolle: Sie verändern die Oberfläche von Schleimhäuten, können in hoher Konzentration Zellen auflösen und erhöhen allgemein die Permeabilität des Darmes, somit auch für potentielle Allergene, Rückstände oder andere Zusatzstoffe.

Chemie

Definition

  • Tenside sind grenzflächenaktive Substanzen mit amphiphilem Charakter, d.h. ihre Moleküle weisen sowohl polare, als auch apolare Bereiche auf.

Bemerkungen

  • Tenside besitzen als amphiphile Moleküle sowohl lipophile, als auch hydrophile Teilstrukturen.
  • Wichtig ist dabei die Anordnung der lipophilen und hydrophilen Teilstrukturen im Tensidmolekül. Hydrophile und lipophile Bereiche müssen räumlich klar voneinander abgegrenzt sein und dürfen nicht durch andere Teilbereiche des Moleküls verdeckt werden.
  • Gibt man solche Tensidmoleküle in ein Gemisch von lipophilen und hydrophilen Flüssigkeiten, so reichern sie sich an der Grenzfläche der beiden Phasen an. Dies ist mit dem Begriff Grenzflächenaktivität gemeint.
  • Dabei richten sie sich - aufgrund des Bestrebens eine möglichst niedrige Grenzflächenenergie zu erreichen - so aus, dass der lipophile Teil in die lipophile Phase und der hydrophile in die polare, also meist wässrige Phase, eintaucht. 
  • Die Grenzflächenspannung zwischen Tensid und hydrophiler Phase sowie zwischen Tensid und lipophiler Phase ist nun jeweils deutlich geringer als, die die zwischen hydrophiler und lipophiler Phase direkt. Daher sinkt auch die Oberflächenenergie des Gesamtsystems.
    • Bei der graphischen Darstellung von Tensiden wird ihr hydrophiler (polarer) Anteil meist als (aufgrund der sich in Wasser bildenden Solvathülle) runder "Kopf" dargestellt, an dem ein oder mehrere meist als lange Kette dargestellte nicht polaren und somit lipophilen Reste ("Schwanz") hängen.

Typen


Technologie

Definition

  • Tenside sind die technologisch wichtigste Untergruppe der Emulgatoren. Ihre Grenzflächenaktivität beruht auf ihrer amphiphilen chemischen Struktur.

Bemerkungen

  • Im alltäglichen Sprachgebrauch werden Tenside mit waschaktiven Verbindungen gleichgesetzt. Obwohl dies auf eine große Zahl der Substanzen zutrifft, ist diese Alltagsdefinition unzureichend, da sich bei weitem nicht alle Tenside als "Waschmittel" eignen.
  • Bringt man ein Tensid in Wasser, so reichert es sich zunächst an der Oberfläche an. Es kommt zu einer Senkung der Oberflächenspannung (Oberflächenenergie), da die Grenzflächenenergie zwischen Wasser und Tensid sowie die zwischen Tensid und Luft geringer ist, als die zwischen Wasser und Luft zuvor.
  • Daneben kommt es zur Anreicherung an anderen Grenzflächen, z.B. denen zum Gefäß und auch im Inneren des Wassers befinden sich bereits (einige) monomere Tensidmoleküle und Assoziate.
  • Erhöht man die Tensidkonzentration, so kommt es zunächst zu einer weiteren Abnahme der Oberflächenspannung durch weitere Auffüllung der Tensidschicht an der Oberfläche.
  • Ist die Oberfläche mit Tensidmolekülen gesättigt, so kann die Tensidkonzentration an der Oberfläche bei weiterem Tensidzusatz nicht weiter ansteigen; die Oberflächenspannung bleibt konstant.
  • Die überzähligen Tensidmoleküle müssen nun ins Innere der Flüssigkeit ausweichen und bilden dort größere Assoziate, die sogenannte Mizellen.
  • Zur Bildung von kugelförmigen Mizellen ordnen sich - im Fall von Wasser als äußerer Phase - die lipophilen Teile des Tensids im Innern der Kugel an, während sich die hydrophilen Teile zur Oberfläche hin ausrichten.
    • Das entstehende System ist energiearm, da die lipophilen Teile miteinander über van-der-Waals-London-Kräfte, die hydrophilen Teile mit dem Wasser über Wasserstoffbrückenbindungen in Wechselwirkung treten können.
    • Zudem wird dem Wasser durch die lipophilen Teile der Tenside eine ungünstige Struktur aufgezwungen, die bei Einbau des Tensids in die Mizelle aufgegeben wird. Die Möglichkeit, Wasserstoffbrückenbindungen einzugehen, wird verbessert.
  • Im Vergleich zur Monomerenlösung ist bei der Mizellaren-Lösung die Entropie erhöht, d.h. die Unordnung nimmt wieder zu.
  • Um eine Mizelle aufzubauen, müssen über 100 Moleküle auf einmal zusammentreffen. Die Bildung folgt somit einer Kinetik sehr hoher Ordnung.
  • Die Konzentration, bei der die Bildung von Mizellen verstärkt einsetzt, wird kritische Mizellbildungskonzentration (CMC) genannt.
    • Sie ist gleich der Konzentration, bei der die Oberflächenspannung nicht mehr abnimmt.
    • Der Begriff "Konzentration" darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass es sich nicht um einen Punkt, sondern um einen "Konzentrationsbereich" handelt.
  • Verfolgt man in der Praxis die Abnahme der Oberflächenspannung bei Zunahme der Tensidkonzentration, findet man häufig, dass die Oberflächenspannung nicht sofort den Endwert annimmt, sondern ein Minimum durchläuft.
    • Zur Erklärung dieses Phänomens existieren zur Zeit zwei Hypothesen:
      • Die technischen Tenside sind verunreinigt
        • Die Verunreinigungen reichern sich zunächst mit in der Oberfläche an und setzen ebenfalls die Oberflächenspannung herab. Wenn Mizellen vorhanden sind, werden diese Verunreinigungen jedoch günstiger solubilisiert und so aus der Oberfläche abgezogen, deren Spannung dann wieder steigt.
      • Die Oberfläche wird zunächst übersättigt.
        • Entstehen jetzt Mizellen, so werden überschüssige Tensidmoleküle aus der Oberfläche mit in die bestehenden Mizellen eingebaut. (Vergleichsweise kann man sich eine übersättigte Lösung vor dem Kristallisieren vorstellen)
  • Im Inneren der Mizellen können nun andere Substanzen eingeschlossen und somit in der äußeren Phase dispergiert werden. Die bislang beispielhaft betrachteten Mizellen würden aufgrund ihrer Struktur lipophile Stoffe in ihrem Inneren aufnehmen und somit zu einer O/W-Emulsion führen.
    • Welche Phase im Einzelfall dispergiert und welche die zusammenhängende äußere Phase wird, ist abhängig vom verwendeten Tensid (O/W bzw. W/O) und dem mengenmäßigen Anteil der Phasen zueinander.
    • Die waschaktiven Tenside der Umgangssprache sind Tenside vom O/W-Typ, da sie ölige Verunreinigungen in Wasser dispergier- und somit abwaschbar machen sollen. 
  • Die Bezeichnung Tensid ist vom lateinischen Wort "tendere" (spannen, straff anziehen), bzw. dessen PPP "tensus", abgeleitet.
    • Demnach ist ein Tensid ein Stoff, der etwas spannt, was sich auch scheinbar beobachten lässt: Ein normaler Wassertropfen zeigt sich noch relativ kugelförmig, wenn er auf einer Oberfläche liegt. Ein tensidhaltiger Tropfen bildet hingegen einen viel weiter gespreiteten Fleck. Man könnte nun also glauben, das Tensid habe den Tropfen straff (und damit auseinander) gezogen. Tatsächlich ist dem natürlich nicht so, sondern durch die verringerte Grenzflächenenergie zwischen Tropfen und Unterlage ist es nun für das Gesamtsystem energetisch günstiger weniger Grenzfläche zur Luft und mehr zur Unterlage zu haben, der Tropfen kann nun der Schwerkraft folgend zerfließen...
  • Die Bezeichnung Netzmittel bezeichnet umgangssprachlich Substanzen, die durch eine Verringerung der Grenzflächenenergie für eine bessere Benetzung von (festen) Oberflächen durch die das Netzmittel enthaltende Flüssigkeit bewirken sollen.
    • Alle waschaktiven Tenside sind auch Netzmittel. Die dazu nötige Konzentration ist geringer als die zum Erreichen der Wachaktivität.
    • Tenside mit nur geringerer Emulgatorwirkung fallen u.U. nach der umgangssprachlichen Definition nur unter die Bezeichnung Netzmittel.

 

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