Perniziöse Anämie
Synonym
- Morbus Biermer
- Perniciosa
- Vitamin-B12-Mangelanämie
Definition
- Form einer megaloblastären Anämie, die als Folge eines Mangels an
Vitamin B12 (Serumkonzentration < 150pg/ml) auftritt.
- Ursache ist ein längerer Mangel an Vitamin B12, v.a. infolge
einer verminderten Resorption.
- Dieser liegt meist eine verminderte oder vollkommen fehlende Sekretion von
Intrinsic factor (z.B. durch eine Atrophie der Magenschleimhaut bei
Gastritis Typ A) zu Grunde.
- Auch beim Syndrom der blinden Schlinge, Fischbandwurminfektion, Ileitis,
selten bei chronischer Pankreatitis, Malabsorptionssyndrom kann die
Vitamin-B12-Resorption verringert sein.
- Einige Medikamente (z.B. p-Aminosalicylsäure,
Biguanide)
können die Aufnahme von Vitamin B12 behindern.
- Bei rein vegetarischer Ernährung ist ein Mangel auch aufgrund einer
unzureichenden Zufuhr möglich.
- Viele Patienten (ca. 90 %) zeigen im Serum verschiedene Autoantikörper
gegen Parietalzellen der Magenschleimhaut und häufig auch gegen den
Intrinsic factor. Antithyreoidale Antikörper sind ebenfalls oft
nachweisbar.
- Ein gemeinsames Vorkommen mit einer Hypogammaglobulinämie ist
beschrieben.
- Eine perniziöse Anämie tritt meist nach dem 45. Lebensjahr auf; die
seltene, sich bereits im Kindesalter manifestierende sogenannte juvenile perniziöse
Anämie wird durch eine isolierte Störung der Intrinsic-factor-Produktion,
eine angeborene selektive Cobalaminresorptionsstörung im Ileum oder eine
Resorptionsstörung durch Produktion eines funktionell weniger wirksamen
Intrinsic factors hervorgerufen.
Klinik
- Meist äußert sich die Erkrankung in einer langsam progredienten Entwicklung
der Anämie mit entsprechend schleichender Symptomatik.
- Evtl. tritt eine Hepatosplenomegalie auf.
- Als häufiges Frühsyndrom gilt die Hunter-Glossitis. Weitere typische
Symptome sind:
- Gastrointestinale Beschwerden
- Appetitlosigkeit, intermittierende Durchfälle, Obstipation,
diffuse Bauchschmerzen, Gewcihtsverlust
- Neurologische Symptome (funikuläre Myelose)
- Fieber kann ebenfalls auftreten, ist jedoch relativ selten.
- Makrozytäre Anämie (MCV > 100µm3)
- Megalozyten, Aniso- und Poikilozytose, basophile Tüpfelung der
Erythrozyten, Jolly-Körperchen, verminderte Retikulozytenzahl im
Blutausstrich
- Viele Megaloblasten bei gesteigerter Erythropoese im Knochenmarksausstrich
- In etwa 50 % der Fälle Thrombopenie, später Entwicklung einer Leukopenie
und Hyperbilirubinämie.
- Gastroskopie mit Biopsie zum Nachweis einer Gastritis, bei
Magensaftuntersuchung histaminrefraktäre Achlorhydrie; zum Nachweis der
Cobalaminresorptionsstörung v.a. Schilling-Test.
Therapie
- Parenterale Substitution von Vitamin B12.
- Evtl. lebenslange Erhaltungstherapie, wenn die Ursachen der Resorptionsstörung
nicht beseitigt werden können.
Achtung
- Bei der Gastroskopie sollte auch gezielt nach Magenkarzinomen gesucht
werden, da diese bei Patienten mit perniziöser Anämie gehäuft vorkommen.
- Die Differentialdiagnose zur Folsäuremangel-Anämie ist mit großer
Sorgfalt zu stellen, da die Therapie mit Folsäure zwar die Anämie
beseitigt, nicht jedoch die irreversiblen neurologischen Schäden verhindern
kann.
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