Offenes Einkompartiment-Modell
Definition
Bemerkungen
- Bedingung für praktisch gleiche Konzentrationen im Blut
bzw. im Gewebe ist ein sehr schneller Stoffaustausch zwischen ihnen. Die
beiden Räume lassen sich nun zu einem gemeinsamen Kompartiment
zusammenfassen, das man als Zentralkompartiment
bezeichnet.
- Die Ausscheidung des Wirkstoffs und seiner Metaboliten erfolgt meist über
den Urin.
- Die ausgeschiedene Wirkstoffmenge ist der jeweils vorhandenen Menge
proportional.
Konzentrationsverläufe bei unterschiedlichen Applikationsarten
Intravenöse Einmalapplikation
Schematischer Konzentrationsverlauf
Bemerkungen
- Die intravenöse Einmalapplikation führt zu einem praktisch sofortigen
Anstieg der Konzentration auf ihren Höchstwert (cmax bei t = 0
und tmax = 0). Ausgehend von dieser Anfangskonzentration sinkt die Konzentration
exponentiell ab.
- Der Konzentrationsverlauf eines Wirkstoffs als Funktion der Zeit im Zentralkompartiment,
kann bei i.v.-Applikation nach folgender Gleichung beschrieben werden:
- Durch logarithmische Umformung erhält man:
Perorale Einmalapplikation
Schematischer Konzentrationsverlauf
Bemerkungen
- Die perorale Applikation erfordert die Resorption des Arzneistoffs aus
einem vorgeschalteten Resorptions-Kompartiment in das Zentralkompartiment.
Im einfachsten Fall ist dieser Übergang durch eine Kinetik 1. Ordnung zu
beschreiben.
- Ist die Resorption schneller als die Elimination, so steigt die
Konzentration im Zentralkompartiment zunächst bis auf ein Maximum an, bei
dem Resorption und Elimination gleich schnell verlaufen.
- Im anschließenden abfallenden Teil der Konzentrationsverlaufskurve,
überwiegen zunehmend Eliminationsvorgänge.
- Der Konzentrations-Zeit-Verlauf kann mit Hilfe der Bateman-Funktion
beschrieben werden.
Intravenöse Mehrfachapplikation
Schematischer Konzentrationsverlauf
Bemerkungen
- Bei der mehrfachen Applikation eines Arzneimittels erlaubt es die lineare
Pharmakokinetik, die resultierenden Konzentrationsverläufe als einfache
Aufaddition der zum jeweils betrachteten Zeitpunkt vorliegenden
Konzentrationen der bis dahin erfolgten Einzelapplikationen zu berechnen.
- Eine Kumulation der einzelnen Applikationen tritt dann auf, wenn gewählte
Dosierung und Dosierungsintervall dazu führen, dass bei der Applikation der
Folgedosis noch nennenswerte Reste der letzten Applikationen im betrachteten
Kompartiment befinden.
- Bei einem konstantem Dosierungsschema, bei dem es zu einer Kumulation
kommt, dauert es ungefähr fünf Eliminationshalbwertszeiten bis es zur
Einstellung eines Steady States kommt. Von hier ab sind die Konzentrationen
zu Beginn und Ende eines jeden Dosierungsintervalls praktisch gleich.
- Soll der Steady State schneller erreicht werden, so kann dies durch die
Gabe höherer Dosierungen zum Beginn der Therapie erfolgen. Man bezeichnet
dies als "Aufsättigen". Angewendet wird diese Technik bei
Medikamenten mit sehr langer Eliminationshalbwertszeit, bei denen dennoch
ein möglichst schneller Beginn der therapeutischen Wirkung erwünscht ist.
- Die mittlere Gleichgewichtskonzentration ist abhängig von Tagesdosis,
Eliminationshalbwertszeit und Verteilungsvolumen.
- Die Dauer des Dosierungsintervalls bei konstanter Tagesdosis bestimmt das
Ausmaß der Konzentrationsschwankungen innerhalb eines Dosierungsintervalls.
- Bei einem Dosierungsintervall, das genau der Eliminationshalbwertszeit
entspricht beträgt die absolute Höhe der Grenzmaxima jeweils bereits das
Doppelte der Grenzminima.
- Da es aufgrund eines relativ engen therapeutischen Bereichs vieler
Arzneistoffe so am Anfang eines Dosierungsintervalls bereits zu
toxischen und am Ende zu unwirksamen Konzentrationen kommen würde, ist
das Dosierungsintervall meist kürzer als die Eliminationshalbwertszeit
zu wählen.
- Substanzen mit sehr kurzen Halbwertzeiten (z.B. Furosemid) können daher
normalerweise nicht mit Hilfe einzelner Applikationen in einen Steady State
gebracht werden. Hier sind dazu Veränderungen hinsichtlich der
Applikationsart (z.B. Langzeitinfusion) oder der Formulierung (z.B.
Retardierung) notwendig.
- Substanzen mit langen Halbwertzeiten, werden jedoch bereits bei einer
einmal täglichen Applikation eine deutliche Kumulation zeigen.
- So liegt im Falle des Herzglykosids Digitoxin ein Dosierungsintervall
von 24 h weit unter einer Eliminationshabwertszeit. Die Kumulation ist
sehr stark und die Tages- bzw. Erhaltungsdosis muss dementsprechend
niedrig sein.
- Da das Erreichen des Steady State zu Beginn einer Therapie mit solchen
Substanzen allein durch Dosierungen in Höhe der Erhaltungsdosis allerdings
sehr lange dauern würde (im Falle des Digitoxin min. 30 Tage [= 5 · t1/2
= 5 · 145 h]), benutzt man hier zunächst höhere
"Aufsättigungsdosierungen".
- Diese Dosierungen werden meist innerhalb der ersten 1 - 3 Tage der
Therapie eingesetzt und sind etwa 2 - 3mal so hoch, wie die spätere
Erhaltungsdosis.
- Da bei eventuellen Überdosierungen von Substanzen mit sehr langen
Halbwertzeiten auch von sehr langen Abklingzeiten auszugehen ist, ist
die Aufsättigung unter Überwachung der erreichten Konzentrationen
durchzuführen und von Aufsättigungen per Einmaldosis bei Substanzen
mit geringer therapeutischer Breite dringend abzuraten.
- Die anschließend verwendete normale Erhaltungsdosis soll lediglich die
erreichte Konzentration aufrechterhalten.
- Dies ist besonders bei Substanzen mit geringer therapeutischer Breite
zunächst regelmäßig zu überwachen, da hier für den jeweiligen
Patienten keine Erfahrungen mit dem Abbau der Erhaltungsdosis vorliegen.
Intravenöse Langzeitinfusion
Schematischer Konzentrationsverlauf
Bemerkungen
- Bei der kontinuierlichen Zufuhr eines Arzneistoffs, z.B. im Rahmen einer
Langzeitinfusion, steigt die Konzentration in Form einer Sättigungskurve
vom Anfangswert Null auf eine Gleichgewichtskonzentration an.
- Da die Gleichgewichtskonzentration von der Eliminationsgeschwindigkeit
abhängt, kann bereits aus dem Verlauf der Konzentrationskurve auf die
Eliminationskonstante geschlossen werden.
- Die Verläufe lassen sich beschreiben mit der Gleichung:
- Nach Ende der Arzneistoffzufuhr entspricht die Verlaufskurve der einer
intravenösen Einmalapplikation.
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