Hyperlipoproteinämie
Definition
- Störung im Lipidstoffwechsel mit einer Vermehrung einer oder mehrerer
Lipoproteinfraktionen im Blut.
Typen
- Nach der Art des hauptsächlich vermehrten Lipoproteins unterscheidet man
nach Fredrickson:
Chylomikronen |
Hyperchylomikronämie (Exogene, fettinduzierbare Hypertriglyceridämie) |
LDL |
Hyper-β-Lipoproteinämie
(Familiäre, xanthomatöse Hypercholesterolämie) |
LDL und VLDL |
Hyper-β- und Hyper-prä-β-Lipoproteinämie
(Hypercholesterolämie mit Hypertriglyceridämie) |
Chylomikronen
und IDL |
"Broad-β-disease" (Hypercholesterolämie
und Hypertriglyceridämie) |
VLDL |
Hyper-prä-β-Lipoproteinämie (Endogene,
kohlenhydratinduzierbare, Hypertriglyceridämie) |
Chylomikronen
und VLDL |
Hyperchylomikronämie mit Hyper-prä-β-Lipoproteinämie
(Gemischt endogen-exogene Hypertriglyceridämie) |
- Die Typen IIa, IIb und IV machen ca. 95 % aller Hyperlipoproteinämien
aus.
- Die Differenzierung ist nicht nur wegen des zum Teil stark verschiedenen
klinischen Erscheinungsbildes und der unterschiedlichen pathophysiologischen
Relevanz, sondern auch wegen der unterschiedlichen Therapie von Bedeutung.
- Nach den Ursachen werden primäre und sekundäre Hyperlipoproteinämien
unterschieden.
- Primäre Hyperlipoproteinämien
- Bei den primären Hyperlipoproteinämien liegen genetisch bedingte
Störungen des Lipidstoffwechsels zu Grunde.
- Bei der primären Hyperlipoproteinämie Typ I handelt
es sich um einen autosomal rezessiv vererbten Defekt der
Lipoproteinlipase (Triglyceridlipase), wodurch der Abbau von Chylomikronen
verlangsamt ist und es als Folge davon zur Hyperchylomikronämie
kommt. Das Atheroskleroserisiko ist gering.
- Die primären Hyperlipoproteinämien Typ IIa und IIb
beruhen vorwiegend auf einem autosomal dominant vererbten Mangel
an LDL-Rezeptoren und einer dadurch bedingten Enthemmung der
Cholesterolsynthese. Beide Typen sind mit einem hohen
Atheroskleroserisiko verknüpft.
- Bei der primären Hyperlipoproteinämie Typ III liegt
eine Isoform von Apoprotein E vor. Da das normale Apoprotein E
für die hohe Affinität der IDL
zu den LDL-Rezeptoren und damit für deren rasche Elimination
aus der Blutbahn verantwortlich ist, sind bei der
Hyperlipoproteinämie Typ III vor allem die IDL
erhöht. Auch dabei ist das Atheroskleroserisiko hoch.
- Die primäre Hyperlipoproteinämie Typ IV ist
pathogenetisch noch nicht geklärt. Das Atheroskleroserisiko ist
deutlich erhöht.
- Auch bei der primären Hyperlipoproteinämie Typ V ist
die Pathogenese noch nicht bekannt. Das Atheroskleroserisiko ist
bei dieser Lipidstoffwechselstörung noch nicht sicher zu
beurteilen.
- Sekundäre Hyperlipoproteinämien
- Bei den sehr viel häufigeren sekundären Formen sind die Ursachen
in falscher (zu fettreicher) Ernährung, Übergewicht, Alkoholabusus
sowie Stoffwechselerkrankungen (Hypothyreose, Diabetes
mellitus, Gicht) zu sehen.
Bemerkungen
- Unstrittig ist, dass die Bedeutung einer Hyperlipoproteinämie als
atherosklerotischer Risikofaktor um so mehr zunimmt, je höher der
Cholesterolgehalt der entsprechenden Lipoproteine ist.
- Das bedeutet, dass die Gefahr einer frühzeitigen Atherosklerose am
höchsten bei einer LDL-
und IDL-, geringer
bei einer VLDL-
und am niedrigsten bei einer Chylomikronen-Zunahme
ist.
- HDL besitzen ein
antiatherogenes Potential. Eine hohe HDL-Konzentration im Blut ist daher als
günstig anzusehen.
Therapie
- Grundlage jeder Behandlung einer Hyperlipoproteinämie ist eine
entsprechende Diät, deren Ziele sein müssen:
- Gewichtsnormalisierung
- Geeignete Nahrungszusammensetzung (ca. 55 % der Nahrungsenergie als
Kohlenhydrate, bis zu 30 % als Fette, davon je 10 % mit gesättigten,
einfach ungesättigten und mehrfach ungesättigten Fettsäuren, sowie 10
- 20 % als Proteine)
- Tägliche Ballaststoffzufuhr (Gemüse, Früchte u. a.) von mindestens
35 g sowie Cholesterolaufnahme unter 300 mg/d.
- Ist mit den diätetischen Maßnahmen allein keine ausreichende
Normalisierung der Lipidkonzentrationen im Blut zu erreichen und besteht dadurch ein
erhöhtes Atheroskleroserisiko, sind zusätzlich lipidsenkende Medikamente
in Erwägung zu ziehen.
- Angestrebt werden in der Therapie folgende Ziele:
- Bei Patienten ohne weitere Risikofaktoren eine LDL-Konzentration <
155 mg/dl, eine Gesamtcholesterolkonzentration < 215 mg/dl und eine
Triglyceridkonzentration < 200 mg/dl
- Bei Patienten mit weiteren Risikofaktoren (HDL-Konzentration < 35
mg/dl, männliches Geschlecht, Zigarettenrauchen, familiäre Belastung, Hypertonie,
Diabetes mellitus, koronare
Herzkrankheit) eine LDL-Konzentration < 135 mg/dl, eine
Gesamtcholesterolkonzentration < 200 mg/dl und eine
Triglyceridkonzentration < 200 mg/dl
- Bei allen Patienten eine Erhöhung der HDL-Konzentration auf über 35
mg/dl bei Männern bzw. über 40 mg/dl bei Frauen.
- In Langzeitstudien mit Lipidsenkern
(z.B. Anionenaustauscherharzen, Gemfibrozil)
konnte eine signifikante Abnahme der Herzinfarktrate, mit HMG-CoA-Reduktase-Hemmern
auch eine Senkung der Gesamtmortalität nachgewiesen werden.
|