Gicht

Synonym

  • Urikopathie

Definition

  • Gicht ist eine in primär chronisch oder in akuten Schüben verlaufende Purinstoffwechselstörung, die durch Abscheidung von Natriumurat-Kristallen an verschiedenen Körperstellen, besonders in den Gelenken (Arthritis urica) sowie deren Umgebung, charakterisiert ist.

Formen

  • Primäre Gicht
    • Angeborener Stoffwechseldefekt, bei dem überwiegend durch eine renale Ausscheidungsstörung, seltener durch vermehrte Harnsäurebildung die Harnsäurekonzentration im Blut so hoch liegt, dass es zu deren Auskristallisation kommt.
    • Es handelt sich um eine hereditäre Konstitutionsanomalie (Enzymopathie). Zu etwa 95 % sind Männer betroffen.
    • 12 - 25 % der Verwandten von Gichtkranken leiden an einer Hyperurikämie (im Vergleich zu etwa 0,1 - 0,8 % der Gesamtbevölkerung).
    • Exogene Faktoren haben eine manifestationsfördernde und anfallsauslösende Wirkung., so z.B. purin- und aminosäurereiche Nahrung, Alkoholgenuss, körperliche Anstrengung und Unterkühlung.
  • Sekundäre Gicht
    • Bei Erkrankungen des hämopoetischen Systems (gesteigerter Zelluntergang), besonders bei Polycythaemia rubra vera und myeloischer Leukämie.
    • Bei Nierenfunktionsstörungen, z.B. nach Therapie mit Saluretika oder Tuberkulosebehandlung mit Pyrazinamid, selten bei primären Nierenkrankheiten.

Klinik

  • Asymptomatische Hyperurikämie
  • Akuter Gichtanfall (primäre Gelenkgicht)
    • Beginn meist nachts oder frühmorgens mit heftigen Schmerzen, aber ansonsten uncharakteristischen Symptomen.
      • In zwei Dritteln der Fälle ist beim ersten akuten Gichtanfalls das Großzehengrundgelenk (Podagra) betroffenen.
      • Seltener sind Erstmanifestationen im Sprung- oder Fußwurzelgelenk, Knie (Gonagra), Finger- oder Handgelenk (Chiragra), Schulter- oder Sternoklavikulargelenk.
    • Das betroffene Gelenk (meist Monarthritis) ist hochrot, oft teigig geschwollen, heiß und sehr druckschmerzhaft.
      • Die Entzündung kann auf die Umgebung übergreifen (cave: Verwechslung mit Phlegmone), ggf. auch auf Sehnenscheiden und Faszien.
    • Die Dauer des Anfalls ist unterschiedlich und kann von einigen Stunden bis zu einigen Tagen betragen.
    • Frösteln und mäßiges Fieber (38,5 - 39 °C) sind weitere Symptome.
    • In den nächsten Nächten kommt es meist zu Rezidiven, wobei u.U. mehrere Gelenke nacheinander befallen werden.
  • Interkritische Phase
    • Klinisch symptomloses Intervall bei persistierender Hyperurikämie (Rezidivwahrscheinlichkeit 60 % innerhalb 10 Jahren).
  • Chronisch-tophöse Gicht
    • Die chronisch-tophöse Gicht ist durch massive extraartikuläre Uratablagerungen gekennzeichnet.
    • Prädilektionsstellen der Gichttophi sind Ohrknorpel (Helix und Anthelix), Augenlider, Nasenflügel, Schleimbeutel und die Streckseiten der Ellenbogengelenke.
    • Bei Auftreten von Gelenktophi ist bereits mit irreversiblen Gelenkdestruktionen zu rechnen.

Komplikationen

  • Gichtnephropathie (stadienunabhängig)
    • u.U. auch als Erstmanifestation bei jungen Patienten
  • Nephrolithiasis
    • bei 10 - 20 % aller Gichtpatienten (Harnsäurekristalle ergeben keinen Schatten im Röntgenbild)
  • Iridopathia urica
  • Arterielle Hypertonie
  • Auftreten weiterer Begleiterkrankungen, z.B.
    • Fettstoffwechselstörungen (40 - 100 % der Patienten)
    • Diabetes mellitus (manifest bei 10 - 25 %, latent bei 25 - 35 % der Patienten)
    • Adipositas
    • Leberschädigung

Diagnose

  • Klinisches Beschwerdebild
    • Eine Diagnose ex iuvantibus ist mit Colchicin möglich, das normalerweise keine schmerzhemmenden Effekte hat. Nehmen die Schmerzen unter der Therapie mit Colchicin ab, so ist die Diagnose akuter Gichtanfall sehr wahrscheinlich.
  • Labordiagnostischer Nachweis der Hyperurikämie, insbesondere im akuten Anfall
    • Absicherung durch Nachweis von Natrium-Urat-Kristallen (spitz, schlank, nadelartig; negativ doppelbrechend im Polarisationsmikroskop) im Gelenkpunktat oder Aspirat, z.B. aus Tophi.
  • Röntgenologischer Nachweis von Knochentophi (ausgestanzte Defekte)

Differentialdiagnose

  • Arthritis
  • Chondrokalzinose-Arthropathie
  • Hydroxylapatitkristall-Ablagerungskrankheit

Therapie

Akuter Gichtanfall

Allgemeinmaßnahmen
  • Physikalische Ruhigstellung, feuchte kalte Umschläge usw.
Medikamentöse Therapie

Dauertherapie als Rezidivprophylaxe

Allgemeinmaßnahmen
  • Bei adipösen Patienten ist eine Gewichtsnormalisierung anzustreben.
  • Diätetische Maßnahmen (z.B. Vermeiden purinreicher Nahrungsmittel) sind sinnvoll.
Medikamentöse Prophylaxe

Bemerkungen

  • Eine merkliche Abnahme der Gichtknoten und Gichtanfälle ist erst ab einer Absenkung der Harnsäurekonzentration im Blut unter 60 mg/l zu erwarten.
 

www.BDsoft.de
pharm@zie
-
Bücher zum Thema Pharmazie bei Amazon