Acetylsalicylsäure
Synonyme
- Acidum acetylsalicylicum [lat.], "Aspirin", ASS
Übersicht
Medizin
Typ
Indikationen
- Leichte Schmerzen
- Fieber und rheumatische
Erkrankungen
- Hemmung der Thrombozytenaggregation bei instabiler Angina
pectoris, akutem Myokardinfarkt,
zur Prophylaxe von Reinfarkten, nach operativen - insbesondere arteriellen -
gefäßchirurgischen Eingriffen und zur Apoplexieprophylaxe
Kontraindikationen
- Antikoagulantien
- Die gleichzeitige Behandlung mit gerinnungshemmenden Arzneistoffen, wie z.B. Phenprocoumon,
sollte vermieden werden, da es zu einer Verstärkung der gerinnungshemmenden
Wirkung kommen
kann. Abgabe hier nur nach Rücksprache mit dem behandelnden
Arzt. Bei der Anwendung aufgrund der schmerzstillenden Wirkung versuchen
auf Paracetamol
auszuweichen.
Anwendung
Tagesdosis |
max. 5000 mg |
Einzeldosis |
50 - 1000 mg |
Anwendungshinweise
- 500 - 1000 mg als Einzeldosis bei Bedarf.
- Um eine schnellere Wirkung zu erzielen, sollte die Substanz im Abstand von
ca. 1 h vor oder 2 - 3 h nach einer Mahlzeit eingenommen werden. Aufgrund
der möglichen gastrointestinalen Nebenwirkungen ist eine Einnahme auf
nüchternen Magen jedoch dennoch nicht zu empfehlen.
Antiaggregatorische Wirkung
- 50 - 100 mg (in begründeten Sonderfällen bis 300 mg) pro Tag, bevorzugt
in magensaftresistenter Darreichungsform
- Bei Einnahme von Acetylsalicylsäure als Thrombozytenaggregationshemmer
sollte ein Abstand von etwa 1 h zur Einnahme anderer COX-Hemmer
eingehalten werden. Ansonsten kann es aufgrund der Konkurrenz der
geringen Menge ASS mit der höheren Menge des anderen COX-Hemmers (z.B.
Ibuprofen) um die Cyclooxygenase
dazu kommen, dass die gewünschte irreversible Hemmung der Cyclooxygenase
durch ASS vermindert wird.
Rheumatische Erkrankungen
- Initial 4000 - 5000 mg/d, danach Dosisreduktion soweit möglich
- Der toxische Bereich beginnt unmittelbar oberhalb dieser Höchstdosierung.
Thrombophlebitis
- Initial 3000 mg/d, danach 1500 mg/d über mindestens 14 Tage
Bemerkungen
- Für beide Kontraindikationen steht mit Paracetamol
ein auf einem anderen Wirkmechanismus beruhender, gut verträglicher Arzneistoff
zum Ausweichen bereit.
- Acesal, Alka-Seltzer, Aspirin, Aspisol, ASS [...], Colfarit, ...
Pharmakologie
Typ
Wirkeintritt |
(analgetisch, i.v.) ca. 5 min
(analgetisch, p.o.) ca. 30 - 90 min |
Wirkdauer |
(analgetisch) ca. 1 - 4 h
(analgetisch, andere Quelle) 4 - 6 h
(antiaggregatorisch) ca. 2 - 4 d |
Hinweise
- Der Eintritt einer deutlichen analgetischen Wirkung wird in einigen
randomisierten doppelverblindeten klinischen Studien mit ca. 90 min nach
peroraler Einnahme einer Tablette angegeben. Ausgehend von einer
Zerfallszeit von max. 15 min ließe sich somit auch durch die direkte
Aufnahme von bereits gelöstem Wirkstoff keine deutliche Schmerzreduktion vor
75 min nach peroraler Applikation erzielen.
- In anderen Quellen findet man jedoch deutlich kürzere Zeiten für den
Wirkeintritt angegeben, die bis ca. 30 min herunter reichen. Hier fehlt
allerdings die Angabe, wie Wirkeintritt definiert wurde und wie das
Studiendesign war, das zu diesen Ergebnissen führte.
Wirkungsmechanismen
- Die analgetische Wirkung beruht auf der Hemmung des Enzyms Cyclooxygenase,
das die Prostaglandinbiosynthese katalysiert. Die so reduzierte Synthese von
Entzündungsmediatoren
(z.B. Prostaglandin E2)
führt zu den analgetischen, antipyretischen und antiphlogistischen
Effekten.
- Bis auf die Thrombozytenaggregationshemmung, die nachfolgend genauer
beschrieben wird, werden alle Wirkungen primär durch den Metaboliten Salicylsäure
verursacht.
- Acetylsalicylsäure acetyliert irreversibel einen Serin-Rest in
Position 530 der Peptidkette der Cyclooxygenase.
- Dadurch wird wird in den kernlosen Thrombozyten
der Cyclooxygenase-Weg irreversibel blockiert und die Synthese des die
Thrombozytenaggregation fördernden Thromboxan
A2 verhindert.
- Da Acetylsalicylsäure einer ausgeprägten präsystemischen
Deacetylierung in der Leber
unterliegt, werden posthepatische Cyclooxygenasen
kaum noch irreversibel acetyliert. Betroffen sind somit (bei oraler
Applikation) nur die Zellen im Splanchnikus-Gebiet, also vor dem
Erreichen der Leber.
- Auch die Cyclooxygenase
der Endothelzellen dieser Gefäße ist also von der irreversiblen
Acetylierung betroffen. Da die Epithelzellen jedoch einen Zellkern
besitzen, können sie relativ rasch Cyclooxygenase
nachbilden, sodass der Hemmeffekt bei ihnen relativ schnell wieder
aufgehoben wird.
- Insgesamt kommt es somit innerhalb kurzer Zeit zu einer Verschiebung
des Gleichgewichts zwischen dem die Thrombozytenaggregation fördernden Thromboxan
A2 und dem sie hemmenden Prostacyclin
aus dem Gefäßendothel zugunsten des Prostacyclins.
- Ab einer Dosierung von etwa 1,5 g wird auch die Prothrombinsynthese
eingeschränkt, was die Gerinnungsfähigkeit des Blutes
weiter verringert.
- Acetylsalicylsäure reichert sich aufgrund ihres sauren Charakters in
sauren Regionen an. Neben Entzündungsgebieten sind somit auch die Zellen
der Magenschleimhaut betroffen, da hier ebenfalls ein niedrigerer pH-Wert
herrscht.
- Dort wird die Synthese von Prostaglandin
E2 gehemmt, wodurch es zu einer verminderten Freisetzung
von schützendem Schleim bei gleichzeitig vermehrter Sekretion von Salzsäure
und Pepsinogen kommt. Außerdem kommt es zu einer Vasokonstriktion.
* = Werte des aktiven Metaboliten Salicylsäure
- Die Bioverfügbarkeit des durch Spaltung des
Esters
entstehenden Salicylats liegt bei nahezu 100 %.
- Die Bioverfügbarkeit der unveränderten Substanz bei peroraler
Applikation ist hingegen stark dosisabhängig, da hier ein sättigbarer
First-Pass-Effekt besteht. Andere Quellen geben das Intervall der
Bioverfügbarkeit sogar mit 20 - 90 % an!
- Die Resorption wird durch gleichzeitige Nahrungsaufnahme vermindert.
- Die Substanz, bzw. ihre Metaboliten werden renal ausgeschieden.
Bemerkungen
LD50 (p.o.) |
(Ratte) 200 mg/kg
(Maus) 250 mg/kg
(Hund) 700 mg/kg
(Kaninchen) 1010 mg/kg
(Meerschweinchen) 1075 mg/kg
(Hamster) 3500 mg/kg |
LDLo (p.o.) |
(Kind) 104 mg/kg |
Bemerkungen
- Im Tierversuch wurden bei chronischer Exposition mutagene und teratogene
Effekte beobachtet.
- Für die Langzeitanwendung wird ein relatives Risiko für Magen-Darm-Ulzera
von 3,13 [2,40 - 4,10] angegeben.
Notfallmedizin
Indikation
- Akuter Myokardinfarkt
(zur Thrombozytenaggregationshemmung)
- Analgesierung leichter Schmerzen
Handelsform
Stechampulle mit Trockensubstanz(1) |
500 mg |
(1) : Zu lösen in 5 ml Aqua ad injectabilia
Anwendung
- 250 - 500 mg langsam i.v.
- 1000 mg langsam i.v.
Achtung
- Vorsicht bei Patienten, die mit Phenprocoumon
o.ä. behandelt werden
Intoxikation
Bemerkungen
- Gefährlich ab einer Menge von ca. 100 mg/kg KG
Sofortmaßnahmen
- i.v.-Zugang
- Applikation von Vollelektrolytlösungen (Notkompetenz)
Chemie
Strukturformel
C9H8O4
IUPAC
Synonyme
Eigenschaften
Gehaltsanforderung (Ph.Eur.)
- Acetylsalicylsäure enthält mindestens 99,5 und höchstens 101,0 %,
berechnet auf die getrocknete Substanz.
Sonstige Eigenschaften
Bemerkungen
- Essigsäureester der Salicylsäure
mit einem pKS-Wert
von 3,7.
- Acetylsalicylsäure ist im trockenen Zustand an der Luft stabil. Als
Phenolester unterliegt die Substanz jedoch leicht einer Hydrolyse, Aminolyse
oder Alkoholyse. An feuchter Luft zersetzt sich Acetylsalicylsäure daher
relativ rasch in Salicylsäure und Essigsäure.
Analytik
Identität
Gehalt
UV-Spektrum
- Absorptionsmaxima in HCl (0,1 mol/l) bei 228 nm (E = 485) und 275 nm (E
= 65).
Sicherheit
Gefahrstoffklasse
Xn |
R- und S-Sätze
R-Sätze |
22-36/37/38 |
S-Sätze |
26 |
MAK-Wert
|