Entzündung
Definition
- Abwehrreaktion des Organismus und seiner Gewebe gegen verschiedenartige,
schädigende Reize.
Bemerkungen
- Ziel einer Entzündung ist es normalerweise das schädigende Agens und
seine Folgen zu beseitigen.
- Sofern die Ursachen einer Entzündung bekannt sind, ermöglicht dies eine
kausal begründete Therapie.
Ursachen
- Mechanische Einflüsse (Reibung, Druck, Fremdkörper)
- Chemische Substanzen (Säuren, Basen)
- Physikalische Faktoren (Temperatur, Strahlen)
- Mikroorganismen (Viren,
Bakterien, Pilze,
Parasiten)
- Vom Körper ausgehende (autogene) Reize wie Urämie,
Zerfall von Zellen (Nekrosen) z.B. bei
malignen Tumoren.
- Eine Entzündung kann mit oder ohne Beteiligung von immunpathologischer
Mechanismen ablaufen.
- Die dabei ablaufenden Vorgänge sind durch eine enge Vernetzung von
vaskulären und zellulären Reaktionen sowie Antigen-unspezifischen und
Antigen-spezifischen Abwehrreaktionen charakterisiert.
- Beim Auftreten immunpathologischer Mechanismen bestimmen diese
bisweilen Verlaufsform und Schwere der Entzündung.
- Der Entzündungsreiz wirkt dabei als Antigen
und löst zelluläre sowie humorale Immunreaktionen aus - meist unter
Aktivierung des Komplementsystems.
Klassische Entzündungszeichen (Lokale Entzündungszeichen)
- Rubor (Rötung)
- Calor (Hitze)
- Tumor (Schwellung)
- Dolor (Schmerz)
- Functio laesa (gestörte Funktion)
Lokale Entzündungsreaktion
- Bei der lokalen Entzündung steht die direkte Schädigung (Alteration) der
Zellen und Gewebe im Vordergrund des Erscheinungsbildes (alterative
Entzündung).
- Die örtliche Reaktion des Gefäßbindegewebes führt:
- Zu einer lokalen Durchblutungsstörung mit Steigerung der
Gefäßpermeabilität für Blutplasma (Transsudation)
- Die lokale Durchblutungsstörung läuft in drei Phasen ab:
- Minderdurchblutung (Blässe) durch Verengung der
Arteriolen.
- Sie dauert meist nur wenige Sekunden bis Minuten und tritt
infolge der Ausschüttung von Adrenalin
auf.
- Lokale Blutfülle, Hyperämie (Rötung)
- Durch die Lösung des Arteriolenspasmus unter dem Einfluss
des vegetativen Nervensystems strömt nun vermehrt Blut
in den betroffenen Bereich ein.
- Blutstau (Stase)
- Bedingt durch eine Verengung der Venolen
infolge der Freisetzung von Entzündungsmediatoren
kommt es zum Blutstau in den betroffenen Gebieten mit den
entsprechenden Folgen, wie Sludge-Phänomen,
Thrombozytenaggregation, Thrombose, Permeabilitätsstörung,
Exsudation, Schwellung.
- Zum Austritt von Plasma und Blutzellen ins Gewebe (Transmigration,
Exsudation)
- Zunächst sind hier Mediatoren
wie Histamin und Serotonin
(aus Mastzellen
und Thrombozyten)
maßgeblich beteiligt. Nach einigen Minuten bewirken jedoch vor
allem biologisch aktive Mediatoren
wie Kinine,
Anaphylatoxin, Slow reacting substances, Prostaglandine
u.a. diese Reaktion.
- Die Blutplasmaexsudation erfolgt durch die Lücken zwischen den
Gefäßendothelzellen (exsudative Entzündung).
- Nach diesen anfänglichen Reaktionen kann die Entzündung
abklingen, wenn die schädigende Einwirkung aufhört. Meist
kommt es aber außerdem noch zu einer Emigration von Blutzellen
in den extrazellulären Raum sowie zu einer Proliferation von Histiozyten
und Fibroblasten.
- An der Zellmigration beteiligen sich v.a. neutrophile,
eosinophile
und basophile
Granulozyten (Mastzellen), Makrophagen
(als Monozyten
oder Histiozyten),
Lymphozyten.
- Von ihrer Migrations- und Phagozytoseleistung hängen Verlauf
und Überwindung der Entzündung. wesentlich ab.
- Hierbei sind pathophysiologisch chemotaktisch wirkende
Substanzen wie Komplementfaktoren sowie phagozytosefördernde
Substanzen wie Opsonine beteiligt.
- Zu Schmerzen, durch Erregung von Schmerzrezeptoren durch freigesetzte
Zellbestandteile und Entzündungsmediatoren.
- Zur Proliferation von Bindegewebszellen.
- Durch den niedrigen pH-Wert des entzündeten Gewebes und freigesetzte Entzündungsmediatoren
kommt es zur Erregung von Schmerzrezeptoren.
Allgemeine Entzündungsreaktionen
- Der Gesamtorganismus zeigt als generalisierte Antwort auf einen
Entzündungsreiz in der Regel:
- Beschleunigte Bildung von Granulozyten
(Granulozytose, Linksverschiebung)
- Zunahme der Synthese bestimmter Plasmaproteine
(Entzündungskonstellation)
- Steigerung des Stoffwechsels (Fieber)
- Auslösung von Immunreaktionen
- Subjektive Beschwerden wie Krankheitsgefühl, Abgeschlagenheit
Einteilung
- Eine Einteilung von Entzündungen kann nach verschiedenen Gesichtspunkten
erfolgen:
- Nach zeitlichem Ablauf:
- Perakute Entzündung
- Akute Entzündung
- Subakute Entzündung
- Chronische Entzündung
- Rezidivierende Entzündung
- Nach Ausbreitung und Lokalisation:
- Lokalisierte Entzündung
- Generalisierte Entzündung
- Metastasierende Entzündung (mit Absiedelung entzündlicher Herde)
- Nach der Verlaufsform:
- Exsudative Entzündung
- Exsudat steht im Vordergrund.
- Entsprechend dem Exsudatcharakter sind zu unterscheiden:
- Seröse Entzündung
- eiweißreiches Ödem,
spezifisches Gewicht > 1,015
- Serös-schleimige Entzündung
- erhöhte Schleimproduktion
- Fibrinöse Entzündung
- fibrinogenreiches Exsudat, wobei das Fibrinogen
zu Fibrin polymerisiert
- Pseudomembranöse Entzündung
- flaches Fibringerinnsel auf der Schleimhaut
- Membranöse Entzündung
- flächenhaftes fibrinöses Exsudat verbindet sich mit
einer Nekrose der darunter liegenden Schleimhaut
- Eitrige Entzündung
- Hämorrhagische Entzündung
- Nekrotisierende Entzündung
- Zelluntergang steht im Vordergrund
- Granulomatöse Entzündung
- Herdförmige Ansammlung von Zellen (Granulom) mit oder ohne Nekrosen
steht im Vordergrund
- Entsprechend dem Zellcharakter sind zu unterscheiden:
- Sarkoidosetyp
- Epitheloidzellen, Langhans-Zellen
- Tuberkulosetyp
- wie beim Sarkoidtyp, jedoch mit zentraler Nekrose
- Pseudotuberkulosetyp, retikulär-abszedierender Typ
- Rheumatischer Typ
- Rheumatoider Typ
- Histiozyten,
Bindegewebefasern mit großem Nekrosezentrum, so
genanntes Bang-Granulom
- Fremdkörpertyp
- Proliferative (granulierende) Entzündung
- Proliferation ortsständiger und eingewanderter Zellen
- Entwicklung von Granulationsgewebe (lockeres, gefäßreiches
Bindegewebe mit Granulozyten,
Lymphozyten,
Makrophagen)
- Abgrenzung von Abszessen oder Nekrosen
- Vermehrung von faserbildenden Zellen mit späterer Bildung von
Zwischenzellsubstanz
- Entsprechend ihrer Entstehung sind zu unterscheiden:
- Reparative Form
- bei nahezu jeder serös-exsudativen Entzündung führt
zur (nicht aggressiven) Vernarbung
- Reparativ-organisatorische Form
- bei fibrinöser Entzündung führt ebenfalls zur
(nicht aggressiven) Vernarbung
- Proliferative Form
- als entzündungsbeherrschende Reaktion bei
immunpathologischer Genese (fibrinoide Nekrose,
Umwandlung von Bindegewebezellen zu faserbildenden Fibroblasten,
Vermehrung von Zwischenzellsubstanz), meist
progredient-aggressiver Verlauf.
Prognose
- Die Prognose einer Entzündung hängt von Art, Stärke und Dauer des
Entzündungsreizes, vom Ort der Entzündung sowie von der örtlichen und
allgemeinen Reaktion des Organismus ab.
- Möglich sind sowohl die völlige Wiederherstellung von Gestalt und
Funktion (restitutio ad integrum) als auch die Entwicklung zu einer
chronischen Entzündung mit möglicher Streuung oder die Abheilung unter
Narbenbildung.
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