Substitutionsreaktionen

 


 

Aliphatische elektrophile Substitution

  • Wie beschrieben, ist das Proton die häufigste Abgangsgruppe bei der aromatischen elektrophilen Substitution. Auch in aliphatischen elektrophilen Substitutionen kann das Proton als Abgangsgruppe auftauchen, nur ist hier die Reaktivität stark mit der Azidität verknüpft. Protonen in Alkanen sind sehr unreaktiv, doch können elektrophile Substitutionen an saureren Wasserstoffen durchgeführt werden, so z.B. an α-H-Atomen einer Carbonylgruppe oder an H-Atom an der Dreifachbindung von Alkinen. Da Metalle leicht positive Ladungen annehmen können, sind organometallische Verbindungen häufig in elektrophilen Substitutionen anzutreffen.
  • Die aliphatische elektrophile Substitution kann in mindestens vier verschiedenen Mechanismen ablaufen, nämlich: SE1, SE2 (Front), SE2 (Rückseite) und SEi. Bis auf den SE1-Mechanismus sind alle bimolekular.

 


 
  • Literatur:
    • MA 569ff
    • MS 759ff

 

 




 

Aliphatische nucleophile Substitution

  • In einer nucleophilen Substitution bringt das angreifende Reagenz, also das Nucleophil, ein Elektronenpaar an das Substrat. Mit diesem Elektronenpaar wird eine neue kovalente Bindung gebildet. Zur Stabilisierung der Verbindung wird eine Abgangsgruppe, das Nucleofug, mit dessen Bindungselektronenpaar abgespalten:

R-X + Y| ----> R-Y + X| 

  • Die Gleichung sagt nichts über Ladungen aus, folglich kann die das Nucleophil neutral oder negativ und das Substrat neutral oder positiv geladen sein. Es ergeben sich somit folgende vier "Ladungstypen":
    R-I + OH- ---->  R-OH + I-
    R-I  + NMe3 ----> R-N+Me3 + I-
    R-N+Me3 + OH- ----> R-OH + NMe3
    R-N+Me3 + H2S ----> R-S+H2 + NMe3
  • In allen Fällen muss das Nucleophil ein einsames Elektronenpaar aufweisen, also eine Lewis-Base sein. Ist das Nucleophil gleich dem Lösungsmittel der Reaktion, so wird die Reaktion "Solvolyse" genannt.
  • Bei der nucleophilen Substitution an einem Alkyl-C-Atom wird dies als "Alkylierung" des Nucleophils bezeichnet, so ist das Beispiel oben eine Alkylierung von Y mit RX. Entsprechend ist die nucleophile Substitution an einem Acyl-C-Atom eine Acylierung des Nucleophils.
  • Obwohl das Nucleophil immer ein freies Elektronenpaar mitbringen muss, mit dem die neue Bindung gebildet wird, gibt es dennoch verschiedene Mechanismen, was den genauen Ablauf der nucleophilen Substitution anbelangt. Betrachtet werden zunächst die Mechanismen am gesättigten C-Atom, dabei überwiegen der SN1- und der SN2-Mechanismus bei weitem. Weitere Mechanismen sind der SET-, der SNi- und der Nachbargruppen-Mechanismus.
  • Gute Abgangsgruppen sind Gruppen, die gut in der Lage sind, das frei Elektronenpaar zu tragen, z.B. Br-, H2O oder OTs-, also die schwächsten Basen.
  • An aliphatischen C-Atomen mit nur drei gebundenen Substituenten, besonders bei doppelt gebundenen Sauerstoff-, Stickstoff- und Schwefelatomen tritt ebenfalls nucleophile Substitution auf. Die Reaktion verläuft dort zwar unter Umständen auch nach SN1- oder SN2-Mechanismen (sogar SET ist beobachtet worden), die überwiegende Mehrheit geht jedoch nach einem Mechanismus 2. Ordnung, der hier als "Tetrahedral mechanism " bezeichnet werden soll. 

 


 
  • Literatur:
    • MA 293ff
    • MS 389ff

 

 




 

Aromatische elektrophile Substitution

  • Die meisten Substitutionsreaktionen an aliphatischen C-Atomen sind nucleophil. In aromatischen Systemen ist die Situation jedoch, aufgrund der hohen Elektronendichte im aromatischen Ring, anders. So werden aromatische Systeme bevorzugt elektrophil angegriffen.   
  • In elektrophilen Substitutionen ist das angreifende Reagenz ein Kation oder das positive Ende eines Dipols oder induzierten Dipols. Die Abgangsgruppe, das Elektrofug muss die Verbindung notwendigerweise ohne sein Bindungselektronenpaar verlassen.
  • Gute Abgangsgruppen sind Gruppen, die am besten ohne das Bindungselektronenpaar existieren können, also die schwächsten Lewis-Säuren. Die verbreitetste Abgangsgruppe bei aromatischen elektrophilen Substitutionen ist das Proton (H+).
  • Die überwiegende Mehrzahl der aromatischen elektrophilen Substitutionen verläuft über den sogenannten "Arenium-Ion Mechanismus". Ein weiterer möglicher, jedoch deutlich seltenerer, Mechanismus ist der SE1-Mechanismus.

 


 
  • Literatur:
    • MA 501ff
    • MS 675ff

 

 




 

Aromatische nucleophile Substitution

  • Normalerweise reagieren Aromaten nicht oder nur sehr langsam nach den Prinzipien der nucleophilen Substitution. Dennoch gibt es Ausnahmen von dieser Regel, die sich meist in die folgenden vier Kategorien aufteilen lassen. Danach sind nucleophile Substitutionen möglich, wenn:
    • die Reaktion durch elektronenziehende Gruppen in ortho- oder para-Position zur Abgangsgruppe aktiviert wird (-> SNAr)
    • die Reaktion durch sehr starke Basen katalysiert wird und über eine Arin-Zwischenstufe verläuft (-> Arin)
    • die Reaktion von einem Elektronendonor initiiert wird (-> SRN1)
    • die Reaktion den Austausch eines Stickstoffs aus einem Diazoniumsalz durch ein Nucleophil beinhaltet (-> SN1)
  • Es gibt vier Hauptmechanismen für die aromatische nucleophile Subtitution, den SNAr-, den SN1-, den Arin- und den SRN1-Mechanismus.

 


 
  • Literatur:
    • MA 641ff
    • MS 850ff

 

 




 

Freie radikalische Substitution

  • Radikalische Prozesse bestehen aus mindestens zwei Schritten.
  • Der erste Schritt, die Initiation, beinhaltet die Bildung der freien Radikale, normalerweise durch eine homolytische Spaltung eines Bindungselektronenpaares:

A-B ----> A· + B· 

  •  Ein anderer Weg verläuft über einen Einelektronentransfer:

A+ + e- ----> A·

  • Der zweite Schritt liegt in der Kombination zweier Radikale unter Ausbildung eines neuen Bindungselektronenpaars, der Termination, und ist somit die Umkehrung der obersten Gleichung.
  • Da Radikale äußerst reaktionsfähig sind, reagieren sie praktisch mit allen zur Verfügung stehenden Substanzen.
  • Auf die Initiation einer Radikalreaktion, muss nicht unbedingt direkt die Terminations-Reaktion folgen. Meist liegen dazwischen noch mehrere Schritte, in denen das Radikal mit nicht radikalischen Substraten reagiert und dabei neue Radikale erzeugt, so dass Radikalreaktionen meist als Kettenreaktionen ablaufen.
  • Je reaktiver die gebildeten Radikale sind, desto größer ist im allgemeinen die Anzahl an Kettenreaktionen, da die Radikale praktisch mit jedem vorhandenen Stoff weiterreagieren können. Relativ wenig reaktive Radikale, z.B. Arylradikale, können jedoch unter Umständen nur mit einem weiteren Radikal reagieren, so dass hier die Anzahl der Kettenreaktionen nur gering bis nicht vorhanden ist.
  • Radikalreaktionen liefern meist nur Produktgemische.
  • Als generelle Charakteristika von Radikalmechanismen lassen sich nennen:
    • Der Reaktionsablauf ist ungefähr gleich, egal ob in der Gasphase oder im Flüssigen gearbeitet wird. Allerdings gibt es in Lösungen durch Solvatation der Radikale einige Unterschiede.
    • Sie sind weitgehend unabhängig von der Anwesenheit von Säuren und Basen. Auch das Lösungsmittel ist meist ohne Einfluss auf die Reaktion.
    • Sie werden oft von typischen Radikalbildnern, z.B. Peroxiden initiiert. Licht, besonders UV-Strahlung ist ebenfalls ein sehr häufig vorkommender Initiator von Radikalprozessen.
    • Sie lassen sich durch sogenannte Inhibitoren, z.B. O2, bremsen oder unterdrücken.
  • Man unterscheidet den SH1- und den SH2-Mechanismus.

 


 
  • Literatur:
    • MA 677ff
    • MS 894ff

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