Biopharmazie

Definition

  • Die Biopharmazie behandelt die Abhängigkeiten zwischen zeitlichem Konzentrationsverlauf von Wirkstoffen (sowie ihrer Metaboliten) im Organismus und der Wirkung von Arzneimitteln. Dabei wird besonderes Augenmerk auf physikalisch-chemische Eigenschaften der Wirkstoffe, Hilfsstoffe, die Verarbeitungstechnologie und die Arzneiform gerichtet.

Ziele

  • Maximierung des therapeutischen Effekts
    • Bestimmung der Bedingungen, die für die Herstellung eines optimal wirksamen Arzneimittels erforderlich sind (Berücksichtigung der für die Therapie erforderlichen Arzneistoffkonzentration)
    • Erarbeitung von Einnahmebedingungen
  • Minimierung unerwünschter Arzneimittelwirkungen
    • Verbesserung der Verträglichkeit eines Arzneimittels
    • Erarbeitung von Einnahmebedingungen
  • Verbesserung der Therapiesicherheit
    • Untersuchung des Einflusses äußerer Faktoren auf die Arzneistofffreisetzung und Absorption
    • Erarbeitung der theoretischen und praktischen Grundlagen für die Herstellung von Arzneimitteln mit einem für die Therapie geeigneten Freisetzungsprofil (Wirkungseintritt, -intensität und -dauer)
    • Kontrolle und Einhaltung der Arzneimittel-Qualität
    • Erarbeitung von Einnahmebedingungen

Bemerkungen

  • Die Biopharmazie stellt somit das Bindeglied zwischen pharmazeutischer Technologie und Pharmakologie bzw. Therapie dar.
  • Neben den bereits genannten Punkten behandelt sie darüber hinaus weitere Faktoren, die die Wirkstofffreisetzung, die Resorption und die anschließende Verteilung sowie die Metabolisierung und Exkretion beeinflussen können. Als Beispiele seien dafür physiologische und pathologische Faktoren, Einflüsse durch gleichzeitig aufgenommene Nahrungsmittel und Arzneimittelinteraktionen genannt.
  • Die Biopharmazie umfasst damit die Beeinflussung der Wirksamkeit eines Wirkstoffs, in Bezug auf Wirkungseintritt, -dauer und -intensität, durch die Arzneiform.
  • Die Durchführung biopharmazeutischer Untersuchungen erfordert die Kenntnis des pharmakokinetischen Verhaltens des Wirkstoffs.

Zielgrößen

  • Als wichtige Zielgrößen bei der Durchführung biopharmazeutischer Untersuchungen - besonders für Bioäquivalenzuntersuchungen - sind:
    • AUC
      • Area under the curve
      • Die Fläche unter der Kurve entspricht der gesamten bioverfügbaren Wirkstoffmenge
    • AUCMEC
      • Area under the curve above the minimum effective concentration
      • Die AUCMEC entspricht der Teilfläche der Kurve, die oberhalb der minimalen Wirkkonzentration, also im therapeutisch wirksamen Bereich, liegt
    • AUCSS
      • Fläche unter einer Einzeldosis bei Mehrfachanwendung im Steady-State
    • cav
    • cmax
      • Maximale Plasmakonzentration bei Einzeldosis oder im Steady-State
    • cmin
    • HVD
      • Half value duration
      • Die mittlere Halbwertsdauer gibt das Zeitintervall an, in dem die Konzentration des Wirkstoffs im Plasma über der halben maximalen Plasmakonzentration (cmax/2) liegt
    • MEC
      • Minimum effective concentration
      • Die MEC entspricht der Konzentration, die zur Erzielung einer therapeutischen Wirkung mindestens erreicht werden muss. Übersetzt heißt sie schlicht: Minimale wirksame Konzentration.
    • MTC
      • Minimum toxic concentration
      • Die minimale toxische Konzentration gibt die Konzentration an, ab der ein Stoff toxische Nebenwirkungen zeigt.
    • Prozentuale peak-through-Differenz
      • Die peak-through-Differenz entspricht (cmax - cmin) / cav, ausgedrückt in Prozent.
    • Prozentualer Swing
      • Diese Größe ist definiert als (cmax - cmin) / cmin, ausgedrückt in Prozent.
    • tmax
      • Zeit bis zum Erreichen der maximalen Plasmakonzentration
    • tMEC
      • Zeitintervall in dem die Plasmakonzentration die MEC überschreitet

Bemerkungen

  • Arzneiformbedingte Faktoren sind z.B.
    • die chemische Natur des Arzneistoffs (Salz, Ester, Säure, Base, Solvat, Komplex)
    • die physikalische Zustandsform des Arzneistoffs (Aggregatzustand, Dispersität, Polymorphie)
    • die Art der Inkorporierung des Arzneistoffs in die Arzneiform (molekulardispers-, kolloidal-, grobdispers)
    • die Eigenschaften der verwendeten Hilfsstoffe
    • die angewendeten Herstellungsverfahren der Arzneiform.
  • Diese und weitere Parameter bestimmen z.B. die Freisetzung des Arzneistoffs aus seiner Arzneiform mit.
  • Wichtige Parameter für die Freisetzung sind
    • Löslichkeit
    • Lösungs-/Freisetzungsgeschwindigkeit
    • Verteilungskoeffizient
  • Die arzneiformbedingten Faktoren sind durch Einhaltung einer festgelegten pharmazeutischen Qualität kontrollierbar. Schwieriger sieht dies oft mit den sogenannten äußeren Faktoren aus. Zu diesen zählen:
    • Geschlecht
    • Alter (altersbedingte Veränderungen, Multimorbidität, Polypragmasie)
    • Krankheitsstadium
    • Füllungszustand des Magens
    • Nahrungsmenge, -zusammensetzung
    • Einnahmeflüssigkeit (Art und Menge)
    • "Genussmittel" (Tabak, Alkohol, Kaffee)
    • Temperatur (Körper, Umgebung, Nahrung, Getränke)
    • Mobilität (physische Anstrengung, Körperlage)
    • Zeit (Tag-Nacht-Rhythmus, circadiane Einflüsse)
    • Rasse (Ethnobiopharmazie)
    • Wetterlage (Meteorobiopharmazie)
    • Circadiane Rhythmen
      • Körpertemperatur, Durchblutung
      • Blutdruck
      • Nierenfunktion
      • Hormone (z.B. Hydrocortison, Melatonin)
      • Leberstoffwechsel, Metabolisierungskapazität, enterohepatischer Kreislauf
      • Zahl der Erythrozyten und anderer zellulärer Blutbestandteile
      • Säuresekretion des Magens / pH-Wert und Zusammensetzung der GI-Flüssigkeit
      • Motilität des GI-Traktes, Magenentleerungsgeschwindigkeit

  • Chronergie
  • Chronobiopharmazie

 

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