Resistenz
Definition
- Bezeichnung für die Unempfindlichkeit eines Erregers gegenüber einem
Arzneistoff.
Formen
Natürliche Resistenz
Erworbene Resistenz
- Der Wildtyp des Erregers ist gegenüber dem eingesetzten Arzneistoff
empfindlich, hat jedoch durch Mutation
eine höhere Unempfindlichkeit erworben.
- Diese Form der Resistenz findet sich sehr häufig bei Bakterien,
aber auch bei einigen Viren (z.B. HIV), Pilzen oder Tumorzellen.
- Eine durch Mutation erworbene
Resistenz ist stets zunächst auf einen kleinen Teil der Erreger
begrenzt.
- Die resistente Mutante kann sich jedoch häufig unter einer Therapie
gegenüber den nicht resistenten Erregern durchsetzen und dominant
werden, da sie gegenüber diesen einen Selektionsvorteil besitzt.
- Um den Selektionsvorteil zu vermindern, werden z.B. in bei der hochaktiven antiretroviralen Therapie (HAART)
Kombinationen mehrerer Arzneistoffe eingesetzt. Eine erworbene
Resistenz gegenüber einem Arzneistoff führt so idealerweise zu
keinem ausreichenden Selektionsvorteil gegenüber anderen Erregern,
da der "resistentere" Erreger noch immer durch die anderen
Arzneistoffe bekämpft wird.
- Da viele Resistenzmutationen gleichzeitig die Fitness des Erregers
unter normalen Bedingungen verschlechtern, wird bei Auftreten
erworbener Resistenzen manchmal sogar die Therapie komplett
abgebrochen: Hier hofft man darauf, dass sich ohne Therapie der
empfindliche Wildtyp des Erregers wieder durchsetzen wird, da die
Mutante nun keinen Selektionsvorteil mehr besitzt. Nach einiger Zeit
kann so eine zuvor bereits aufgrund von Resistenzen gescheiterte
Therapie wieder erfolgreich sein.
- Diese Vorgehensweise ist stark umstritten, da so z.B.
multiresistente Bakterien aus Kliniken in die "freie
Wildbahn" gelangen können und sich schlimmstenfalls die
resistente Mutante weiter ausbreitet. Auch in der HIV-Therapie
scheint durch solche Therapiepausen langfristig die Prognose
für den Patienten nicht wirklich verbessert werden zu können.
Mechanismen
Inaktivierung der Arzneistoffes
- Vor allem Bakterien entwickeln oft spezielle Enzyme,
die bestimmte Arzneistoffe angreifen und so in ihrer Struktur verändern, dass
sie ihre antibiotische
Aktivität verlieren.
- Beispielhaft seien die β-Lactamasen genannt, von
denen über 100 verschiedene Formen bekannt sind. Sie brechen den β-Lactamring
auf und inaktivieren somit Antibiotika
vom β-Lactam-Typ.
Verminderte Permeabilität
- Durch eine Veränderung der Zellmembran, wird dem Arzneistoff der Weg
zu seinem eigentlichen Wirkort in der Zelle versperrt.
- Diese Veränderung besteht meist im Einbau spezieller Transporter, die
den in die Zelle eingedrungenen Arzneistoff wieder aktiv aus der Zelle
pumpen.
- Verminderte Permeabilität als Resistenzmechanismus findet sich bei
Bakterien, Pilzen und Tumorzellen.
- Ein Beispiel für Arzneistoffe,
bei denen Resistenzen durch aktiven Effluxtransport bekannt sind, sind
die Tetracycline.
Verminderte Affinität
- Eine Mutation in der Zielstruktur
führt dazu dass die Affinität des Arzneistoffs zu dieser Struktur
vermindert wird oder dass die Affinität der Zielstruktur zum
Arzneistoff reduziert ist.
- Dadurch kann nun bei normaler Dosierung kein ausreichender Effekt an
der Zielstruktur mehr erreicht werden.
- Als Beispiel für den ersten beschriebenen Fall sei die Mutation
der bakteriellen Gyrase genannt, die zu Resistenzen gegenüber Gyrasehemmern
führen kann, als Bespiel für den zweiten Fall eine Mutation
in der Reversen Transkriptase des HI-Virus, die nun eine Resistenz
gegenüber nukleosidischen Reverse-Transkriptase-Inhibitoren
zur Folge haben kann.
- Durch Veränderung des Stoffwechsels des Erregers wird der
Stoffwechselweg, in den der eingesetzte Arzneistoff eingegriffen hatte,
nun anderweitig ersetzt.
- Damit verliert der eingesetzte Arzneistoff seine Wirksamkeit, ohne
dass er objektiv an Wirkung verlieren muss.
- Als Bespiel für Arzneistoffe, die von dieser Form einer Resistenz
betroffen sein können, seien die Sulfonamide
genannt.
Übertragung
Bemerkungen
- Die Übertragung von Resistenzen zwischen empfindlichen und
unempfindlichen Erregern, spielt in der Therapie praktisch nur bei Bakterien
eine Rolle.
- Bei Viren ist jedoch ebenfalls eine Resistenzübertragung möglich:
Eine Wirtszelle wird von mehreren Viren mit unterschiedlichen
Resistenzmutationen befallen, sodass sich in der Wirtszelle nun die
Erbinformationen der verschiedenen Viren neu kombinieren können und die
neu gebildeten Viren nun die Resistenzgene mehrerer
"Ausgangsviren" enthalten können.
- Dieser Mechanismus wird von manchen Forschern auch für die Entstehung
gänzlich neuer Viren, bzw. plötzliche Änderungen in der Virulenz und
der Wirtsspezifität verantwortlich gemacht.
Übertragungsmechanismen
- Resistenzplasmide
- Als Resistenzplasmide bezeichnet man Plasmide,
die R-Faktoren, also für Resistenzen kodierende Gene enthalten.
- Wie alle Plasmide können sie übertragen werden durch:
- Transposons
- Als Transposons bezeichnet man Gene, die sich an verschiedenen Stellen
der DNA aufhalten können ("springende Gene").
- Sie können daher sowohl im eigentlichen Chromosom des Bakteriums
vorliegen, als auch auf Plasmiden.
- Befinden sie sich auf einem Plasmid, so
können sie durch Transformation, Transduktion
oder Konjugation
weitergegeben werden.
Typen
One-Step-Resistenz
Multiple-Step-Resistenz
- Für die Ausbildung einer klinisch relevanten Resistenz ist hier mehr
als eine Mutation im Erreger notwendig.
Der Prozess verläuft stufenweise über mehrere Schritte.
- Einzelne Mutationen vermindern die
Empfindlichkeit gegenüber dem betrachteten Arzneistoff so weit, dass
für die Mutante ein Selektionsvorteil entsteht.
- Ausgehend von dieser Resistenzstufe kann nun durch eine weitere Mutation
eine noch resistentere Mutante entstehen, die nun gegenüber der alten
Mutante wiederum einen Selektionsvorteil genießt.
- Nach mehreren solcher Zyklen kann so ein Erreger entstehen, der durch
die einsetzbaren Arzneistoffmengen nicht mehr zu bekämpfen ist - ein
klinisch resistenter Erreger.
- Multiple-Step-Resistenzen treten z.B. bei den Penicillinen
auf.
Resistenzbestimmung
Definition
- Als Resistenzbestimmung bezeichnet man die Testung eines Erregers auf
seine Empfindlichkeit gegenüber verschiedenen Arzneistoffen.
Bemerkungen
- Eine Resistenzbestimmung ist eigentlich stets sinnvoll, da nur so der
eingesetzte Arzneistoff optimal an den jeweiligen Erreger angepasst werden
kann.
- Vor den Ergebnissen der Resistenzbestimmung wird bei bakteriellen
Infektionen normalerweise eine "kalkulierte Therapie"
durchgeführt, d.h. man setzt die Antibiotika ein, die wahrscheinlich gegen
den vermuteten Erreger wirken werden.
- Meist verwendet man Breitspektrumantibiotika, da hier die höchsten
Chancen bestehen mit einem Arzneistoff den wirklichen Erreger auch
tatsächlich abtöten zu können.
- Nachdem der Erreger und sein Resistenzprofil bekannt sind, sollte
schnellstmöglich auf ein spezifisches Antibiotikum umgestellt werden,
damit die Gefahr einer Resistenzbildung gegen das klinisch wertvolle
Breitspektrumantibiotikum vermindert wird.
Hinweise
- Eine mögliche Quelle von Antibiotikaresistenzen war/ist die Tiermast:
- Antibiotika werden den Tieren zur Infektionsprophylaxe und zur
Wachstumsbeschleunigung verabreicht.
- Dadurch kommt es zur Resistenzbildung der Bakterien.
- Auf den Menschen können diese resistenten Bakterien durch
Tierprodukte und Wasser aus diesen Gegenden übertragen werden.
- Außerdem wird die Resistenzbildung im Menschen durch Rückstände der
dem Tier applizierten Antibiotika im Fleisch diskutiert.
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