Antibiotika

Übersicht


Medizin

Definition

Untertypen

Indikationen

  • Infektionen mit empfindlichen, bakteriellen Erregern, die vom Immunsystem allein nicht ausreichend bekämpft werden können.

Grundsätzliches zur Anwendung und Verschreibung von Antibiotika

The more you use them, the sooner you'll lose them!

  • Je häufiger und unbedachter ein Antibiotikum eingesetzt wird, desto schneller wird es durch Resistenzentwicklung unbrauchbar werden! Daher sollten Antibiotika nicht bloß auf leichten Verdacht oder gar Wunsch bzw. scheinbare Erwartung des Patienten verordnet werden!

Wichtigste Einsatzgebiete einzelner Antibiotika bzw. Antibiotikagruppen

Einsatzgebiet Antibiotika bzw. Antibiotikagruppen
Insbesondere gegen grampositive Bakterien
Insbesondere gegen gramnegative Bakterien
Vorwiegend gegen grampositive Bakterien

 

Vorwiegend gegen gramnegative Bakterien
"Spezifische Antibiotika"

Kontraindikationen

  • Nachgewiesen nicht-bakterielle Infektionen bei Patienten mit ansonsten guter Immunabwehr.

Unerwünschte Arzneimittelwirkungen

Auswahl möglicher Nebenwirkungen beim Einsatz verschiedener Antibiotika

  • Lokale Schädigungen bei intravenöser oder intramuskulärer Applikation, Übelkeit und Erbrechen bei peroraler Anwendung
  • Gastrointestinale Beschwerden (v.a. bei peroraler Applikation)
    • Meist als Nebenwirkung im Sinne der Hauptwirkung infolge einer Schädigung der physiologischen Darmflora, die aufgrund ihrer großteils bakteriellen Natur natürlich ebenfalls angegriffen werden kann
      • Fakultativ pathogene Keime und andere sonst durch die natürliche Darmflora zurückgedrängte Erreger können sich übermäßig vermehren und zu Problemen führen
  • Toxische UAW
    • Alle toxischen Effekte sind dosisabhängig und setzen keine vorherige Sensibilisierung voraus. Sie entstehen als Folge einer Interaktion mit Eukaryontenzellen.
    • Häufig sind toxische Effekte mit einer absoluten oder relativen Überdosierung oder einer unsachgemäßen Applikation verbunden.
    • Bevorzugt betroffen sind ZNS, Nieren, Leber und blutbildende Zellen.
  • Allergische Nebenwirkungen
    • Echte allergische Reaktionen treten nur bei Prädisposition ein, sind nicht dosisabhängig und an einen vorheriger Kontakt mit dem Arzneimittel (Sensibilisierung) gebunden. Da die erforderliche Behandlungszeit häufig mehrere Tage beträgt, kann eine Allergie auch im Verlauf der erstmaligen Behandlung mit einem Antibiotikum auftreten. 
  • Herxheimer-Reaktion
    • Schweißausbrüche, Herzrasen, Schüttelfrost (Endotoxin-Reaktion)
  • AAPC
    • Antibiotikaassoziierte pseudomembranöse Kolitis
  • Hypovitaminosen
    • Hypovitaminosen können als Folge einer eingeschränkten Resorption bei gastrointestinalen Beschwerden auftreten.
  • Teratogene Nebenwirkungen
    • Einige Antibiotika sind aufgrund von Interaktionen mit eukaryontischen Zellstrukturen fruchtschädigend durch mutagene Wirkung oder durch toxische Schädigung v.a. während der Organogenese.

Häufigkeit toxischer bzw. allergischer Nebenwirkungen einiger Antibiotika

Antibiotikum bzw. Antibiotikagruppe Gastrointestinale Beschwerden Toxische Wirkungen Allergie
ZNS Nieren Leber Blut
Aminoglykoside ? ++ + - - +
Cephalosporine - - + - + ++
Chloramphenicol + + - - ++ +
Lincosamide ++ - - ? + +
Makrolide + - - + - +
Nitrochemotherapeutika +++ ++ - + ++ ++
Penicilline + + - - - +++
Sulfonamide + bis +++ + ++ ++ ++ +++
Tetracycline ++ - + ++ + +

+++: > 5 % | ++: 1 - 5 % | +: < 1 % | -: höchstens Einzelfälle

Konsequenzen beim Auftreten von unerwünschten Arzneimittelwirkungen

  • Bei Allergie
  • Bei Candidiasis
    • Lokale Behandlung, Fortsetzung der Antibiotikatherapie
  • Bei sonstigen unerwünschten Arzneimittelwirkungen
    • Abhängig von der Schwere und Art der Nebenwirkung

Anwendung

Anwendungshinweise

  • Antibiotika sollten immer über einen ausreichend langen Zeitraum, meist ca. 1 Woche, angewendet werden, selbst wenn die Krankheitssymptome bereits vorher verschwunden sein sollten. Ziel ist es Persister, also noch verbliebene Erreger, doch noch zu bekämpfen und so nicht gerade den unempfindlichsten Erregern die Chance auf eine Reinfektion zu geben.
  • Um eine optimale Wirksamkeit zu erreichen sollten Antibiotika während der Therapiedauer genau zu den vorgeschriebenen Zeiten angewendet werden.
  • Bei peroraler Einnahme sollte insbesondere bei festen Arzneiformen (z.B. Tabletten) darauf geachtet werden, dass gleichzeitig ausreichend Flüssigkeit aufgenommen wird, um Bioverfügbarkeitsprobleme aufgrund mangelnder Arzneistoffauflösung zu vermeiden.

Patientenhinweise

Antibiotika-Auswahl

Schmalspektrum- vs. Breitspektrum-Antibiotika

  • Als Schmalspektrum-Antibiotika bezeichnet man solche Substanzen, die nur bei einigen wenigen Bakterienarten eingesetzt werden können, z.B. Benzylpenicillin. Einige dieser Substanzen werden auch als "Notfall-Antibiotika" zur Behandlung lebensbedrohlicher Infektionen zurückgehalten.
  • Breitspektrum-Antibiotika hingegen zeigen eine Wirkung auf viele verschiedene Bakterienarten. Typisches Beispiel für Breitspektrum-Antibiotika sind die Tetracycline.
  • Grundsätzlich ist es sinnvoll eine Therapie stets mit dem geeignetsten Antibiotikum durchzuführen, d.h. dem mit der besten Wirkung gegen den zu bekämpfenden Erreger bei gleichzeitig niedrigsten zu erwartenden Nebenwirkungen und geringster Gefahr für Resistenzentwicklungen. Somit wären häufig Schmalspektrum-Antibiotika zu bevorzugen, doch erfordern sie die genaue Kenntnis des Erregers und sind somit "unbequem" im Einsatz. Als Folge werden außerhalb der Klinik meist Breitspektrum-Antibiotika eingesetzt, obwohl sie oft nicht ideal geeignet sind.
  • In der Klinik sollte nach Vorliegen des Antibiogramms möglichst auf ein Schmalspektrum-Antibiotikum umgestellt werden, um Resistenzbildungen gegenüber den universellen Breitspektrum-Antibiotika zu vermeiden.

Übersichtstabelle zur Antibiotika-Auswahl

Erreger Antibiotika der 1. Wahl Antibiotika der 2. oder ferneren Wahl
Acitenobacter spec.

Aeromonas hydrophila

Aktinomyzeten

Bacillus anthracis

Bacillus spec.

Bacteroides fragilis

Bordetella spec.

Borrelia burgdorferi

Branhamella (Moraxella) catarrhalis

Brucellen

Burkholderia cepacia
(Pseudomonas cepacia)

Campylobacter spec.

Chlamydia spec.

Chlamydia pneumoniae

Citrobacter spec.

Clostridium spec.

Clostridium difficile

Corynebacterium jeikeium

Coxiella burnetii

Diplococcus pneumoniae 

Eikenella corrodens

Enterobacter spec.

Enterokokken

Escherichia coli

Fusobakterien

Gardnerella vaginalis (Aminkolpitis)

Gonokokken

Haemophilus influenzae
(lebensbedrohliche Infektion)
Haemophilus influenzae
(nicht lebensbedrohliche Infektion)

Helicobacter pylori

  • Amoxicillin (Monotherapie)
  • Clarithromycin (Monotherapie)
  • Metronidazol

Kingella kingae

Klebsiellen

Lactobazillen

Leptospiren

Legionella pneumophila

Meningokokken

Mykoplasma pneumoniae

Nokardien

Pasteurella multiocida

Peptokokken, Peptostreptokokken

Pneumokokken

Propionibakterien

Proteus mirabilis

Indolpositive Proteus (inklusive Morganellen)

Providencia

Pseudomonas aeruginosa

Rickettsien

Salmonella typhi

Salmonella paratyphi A, B, C

Enteritische Salmonellen (z.B. Salmonella typhimurium) Im Normalfall keine Antibiotika-Therapie, da diese meist nur eine Dauerausscheidung begünstigt.

Serratia marcescens

Shigellen

Staphylokokken

 

Staphylokokken (oxacillinresistent)

Stenotrophomonas maltophilia

Streptokokken (anaerob + aerob)

Toxoplasma gondii

 

Ureaplasma

Vibrionen

Yersinia enterocolitica

Yersinia pseudotuberculosis

Achtung!

  • Sämtliche gemachten Angaben sind lediglich als Hilfen zur Auswahl des wahrscheinlich geeignetsten Antibiotikums bis zum Vorliegen eines Antibiogramms des Erregers zu verstehen.
  • Sobald dieses vorliegt sollte auf ein möglichst spezifisches Antibiotikum gewechselt werden.
  • Durch Resistenzen und/oder neue Wirkstoffe können Teile der Übersicht überholt sein, so dass auch andere Antibiotika in Erwägung zu ziehen sind!

Antibiotika in der Schwangerschaft

Geeignete Antibiotika
Bislang unklare Datenlage
Kontraindizierte Antibiotika

Pharmakologie

Pharmakodynamik

Wirkungen

Wirkmechanismen

Kenngrößen

Zeitabhängige Wirkung verschiedener Antibiotikagruppen

  • Bei den Antibiotika sind Substanzen zu unterscheiden, die ebenfalls über möglichst lange Zeiträume oberhalb ihrer MHK/MBK am Wirkort vorliegen sollten und solchen die nur kurzfristig in möglichst hohen Konzentrationen vorliegen müssen.
Zeitabhängige Wirkung
  • Typische Beispiele für Antibiotika, die immer oberhalb ihrer MBK vorliegen sollten sind β-Lactam-Antibiotika. Da hier nur sich teilende Bakterien abgetötet werden, sich aber praktisch immer irgendein Bakterium teilen kann, muss folglich auch immer genug Wirkstoff vorhanden sein, um den Aufbau der neuen Zellmembran zu verhindern. Man spricht auch von einer "zeitabhängigen Abtötung". 
  • Konzentrationssteigerungen über das 3 - 4 fache der MBK haben keinen weiteren messbaren positiven Effekt.
  • Für eine gute Wirkung sollte bei Cephalosporinen in mindestens 60 - 70 % der Zeit, bei Penicillinen in mindestens 50 - 60 % der Zeit und bei Carbapenemen in mindestens 40 % der Zeit eine ausreichende Plasmakonzentration vorhanden sein. 
Konzentrationsabhängige Wirkung 
  • Typische Beispiele für Antibiotika, die einen konzentrationsabhängigen Effekt zeigen sind Aminoglykoside und Gyrasehemmer, die einen sogenannten "postantibiotischen Effekt" zeigen. Sie bleiben also auch für eine gewisse Zeit, nachdem die Wirkstoffkonzentration am Wirkort wieder abgesunken ist, aktiv.
  • Dieser postantibiotische Effekt kann z.B. dazu genutzt werden, unerwünschte Arzneimittelwirkungen zu verringern, ohne Einschränkungen in der Wirksamkeit des Antibiotikums hinnehmen zu müssen. 
  • Bei Aminoglykosiden ist die maximale Konzentration am Wirkort im Verhältnis zur MBK entscheidend, man versucht daher einen sehr kurzen, aber möglichst hohen Plasmaspiegel zu erreichen. Es gilt. Dies wird normalerweise durch die einmal tägliche, rasche, intravenöse Gabe erreicht. Ideal ist somit cmax >> MBK.
  • Bei Gyrasehemmern (auch Glykopeptid-Antibiotika, Oxazolidinone, evtl. Makrolide) ist es entscheidend, einen möglichst großen Anteil der 24-h-AUC oberhalb der MBK zu haben. Es gilt AUC24h >> MBK. Es geht dabei nur um das Ausmaß der Fläche selbst, daher sind schmale aber sehr hohe Kurvenverläufe im Prinzip zunächst gleichwertig zu breiteren aber niedrigeren. Erstere haben jedoch den Vorteil geringerer unerwünschter Arzneimittelwirkungen.

Kombination von Antibiotika

Gründe für eine Kombination

  • Steigerung der antibakteriellen Aktivität
  • Spektrumserweiterung
  • Resistenzverzögerung
  • Verminderung der Toxizität (niedrigere Dosierung des toxischen Partners möglich)

Sinnvolle Kombinationen (Auswahl)

  • β-Lactam-Antibiotika + β-Lactamase-Inhibitoren
    • Durch die Kombination kann die Dosierung des β-Lactam-Antibiotikums verringert werden, bzw. dessen Wirkspektrum auf β-Lactamase-bildende Bakterien erweitert.
  • β-Lactam-Antibiotika + Aminoglykoside
    • Die Kombination eines in der Wachstumsphase wirkenden und eines auch in der Ruhephase wirkenden Antibiotikums kann sinnvoll sein, wenn z.B. die Teilungsrate des Bakteriums relativ niedrig ist.
  • Sulfonamide + DHF-Reduktasehemmer
    • Durch diese Kombination können die eigentlich nur bakteriostatisch wirkenden Sulfonamide zu bakteriziden Antibiotika werden.
  • "Allgemeines Antibiotikum" + "spezielles Antibiotikum" (z.B. Anaerobiermittel)
  • Kombination verschiedener Antituberkulotika
    • Hier insbesondere zur Vermeidung von Resistenzentwicklungen aufgrund der sehr langen Therapiedauer notwendig.

Unsinnige Kombinationen (Auswahl)


Chemie

Bemerkungen

  • Die Arzneistoffe der Gruppe der Antibiotika sind strukturell sehr verschieden. Die Angabe einer gemeinsamen chemischer Struktur ist daher hier nicht möglich, sondern es wird auf die Beschreibung der jeweiligen Untergruppen verwiesen.
  • Gemeinsam ist vielen Antibiotika das Vorhandensein von hydrolytisch spaltbaren Gruppen, weshalb sie trocken gelagert werden müssen. Dies gilt insbesondere für β-Lactam-Antibiotika, Chloramphenicol, Makrolid-Antibiotika und Tetracycline.

Beispiele

Substanzen

8-Hydroxychinolin-Derivate

Aminoglykoside

Ansamycine

β-Lactamase-Inhibitoren

Carbacepheme

Carbapeneme

Cephalosporine

DHF-Reduktasehemmer

Glycylcycline

Glykopeptid-Antibiotika

Gyrasehemmer

Lincosamide

Makrolid-Antibiotika

Monobactame

Nitrochemotherapeutika

Oxazolidinone

Penicilline

Polypeptid-Antibiotika

Sulfonamide

Tetracyclin-Derivate

 Sonstige

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