Streptogramin-Antibiotika

Synonym

  • Streptogramine, Synergimycine

Übersicht


Medizin

Typ

Indikationen

  • Schwere bakterielle Infektionen mit ansonsten resistenten Erregern

Bemerkungen

  • Der Wirkmechanismus der Streptogramin-Antibiotika unterscheidet sich von dem anderer Antibiotika deutlich. Sie sind daher häufig auch bei Erregern einsetzbar, die gegen andere Antibiotika resistent sind.

  • Streptogramin-Antibiotika sollten daher ausschließlich als Rerserveantibiotika eingesetzt werden!


Pharmakologie

Typ

Pharmakodynamik

Wirktyp

Wirkspektrum

Wirkmechanismus

Bemerkungen

  • Streptogramin-Antibiotika bestehen aus zwei - chemisch nicht verwandten - Komponenten, die üblicherweise als Streptogramine A und B bezeichnet werden und die gemeinsam stark synergistisch wirken. Diese Besonderheit der Streptogramine hat zu ihrer alternativen Bezeichnung als Synergimycine geführt.
  • Die potentesten Vertreter der Streptogramine sind die halbsynthetischen Verbindungen Dalfopristin und Quinupristin. Diese beiden Substanzen stellen die Streptogramin-Komponenten A bzw. B dar, sind also nur gemeinsam wirksam. Sie werden in einer 70:30-Mischung eingesetzt (Synercid®).

Chemie

Bemerkungen

  • Streptogramin-Antibiotika stammen aus Bakterien der Gattung Streptomyces. Die ersten entdeckten Streptogramin-Antibiotika waren doe Pristinamycine A und B, die aus  Pristinae spiralis isoliert wurden.

Beispiele

Substanzen


  • Viele gebräuchliche Antibiotika entfalten ihre Wirkung, indem sie die Funktion bakterieller Ribosomen behindern, also die ribosomale Proteinsynthese blockieren. Streptogramine gehören zu dieser Klasse der Antibiotika, aber sie wirken dennoch auf einzigartige Art und Weise.

    Rechts:
    Oberflächen-Darstellung einer "aufgeschnittenen" 50S ribosomalen Untereinheit.
    Der ribosomale Tunnel ist hervorgehoben.
    Die Streptogramin Antibiotika Dalfopristin und Quinupristin sind am Eingang und oberen Ende des Tunnels positioniert.
    Um den Einfluss von Dalfopristin auf die korrekte Bindung der Peptidyl-tRNA (P-tRNA) zu verdeutlichen wurde das Modell einer P-tRNA gedockt und ein Überlappen der Moleküle ist eindeutig erkennbar (somit ist die korrekte (produktive) Bindung der P-tRNA nicht möglich).
  • Aufgrund der synergistischen Wirkung durchbricht Synercid® die zunehmende Resistenz von Enterococcus faecium gegen das seit 30 Jahren als Reserveantibiotikum verwendete Vancomycin. Ebenso ist es indiziert bei schweren Staphylokokken-Infektionen (inkl. Methicillin-Resistenz).
    Synercid® ist zugelassen zur Anwendung bei Patienten mit nosokomialer Pneumonie, Haut- und Weichteilinfektionen und klinisch relevanten Infektionen durch Vancomycin-resistente Enterococcus faecium (VREF). Verabreicht werden sollte es aber nur, wenn kein anderes Antibiotikum oder kein anderes Arzneimittel für die Therapie des Patienten geeignet ist.
  • Bemerkenswert ist zunächst, dass es eine enge Wechselwirkung zwischen den beiden Molekülen gibt. Diese Wechselwirkung ist primär für die synergistische Wirkung der Antibiotika verantwortlich, denn um beide Antibiotika gleichzeitig an die 50S Untereinheit zu binden, muss eine rRNA Base (A2062 - E. coli) eine ganz spezifische Konformation einnehmen. Da beide Moleküle von dieser vergleichsweise kleinen Änderung der rRNA Struktur profitieren, erhöhen sie auch wechselseitig ihre Affinität.
  • Links: Die neben- bzw. übereinander bindenden Moleküle von Dalfopristin und Quinupristin sowie die sie umgebenden rRNA Nukleotide. Dabei ist die zum synergistischen Effekt beitragende rRNA Base (A2062 - E. coli) grün hervorgehoben.
  • Die Aktivitäten der beiden Moleküle ergänzen sich aber auch in ihren Angriffspunkten. Quinupristin (die Streptogramin B Komponente) bindet in ähnlicher Weise wie die Makrolide Antibiotika im Tunnel der 50S Untereinheit, so dass ein Ribosom nur sehr kurze Polypeptidketten erzeugen könnte. Dalfopristin (die Streptogramin A Komponente) verhindert sogar dieses, denn es bindet direkt im Peptidyl-Transferase-Zentrum, so dass tRNA-Moleküle, die die Aminosäuren anliefern, nicht produktiv binden können.
  • Von besonderer Bedeutung ist aber eine andere Änderung der rRNA Struktur, die in erster Linie von Dalfopristin verursacht wird. Eine rRNA Base (U2585 - E. coli) wird unter der Wirkung der Antibiotika um 180 Grad geklappt. Es ist gerade diese Base, die für die Aktivität des Ribosoms in der Bildung der Peptidkette von herausragender Bedeutung ist. Durch die induzierte Änderung, kann die Base nicht mehr aktiv am Geschehen teilnehmen, und hinterlässt ein inaktives Ribosom. Die Inaktivierung des Ribosoms ist sogar dann noch von Dauer, wenn das Streptogramin A schon nicht mehr gebunden ist.
  • Oben: Durch Dalfopristin (Streptogramin A) induzierte Änderung der Konformation einer rRNA-Base, welche für die Bildung der Peptidkette und damit der Funktion des Ribosomes von herausragender Bedeutung ist. Links: Die Orientierung in der nativen Struktur. Rechts: Durch Dalfopristin induzierte Orientierung. Diese ist stabilisiert durch Wasserstoffbrückenbindungen (weiße Linien) zu zwei weiteren rRNA-Basen (Nummerierung nach E. coli).

Fusidinsäure
Mupirocin
Streptogramine
Oxazolidinone


Mupirocin hemmt die bakterielle Proteinsynthese. Es wirkt nur gegen wenige Bakterienarten und wird nur äußerlich zur Behandlung bestimmter Hautinfektionen eingesetzt.


  • Quinupristin/Dalfopristin (Synercid®) ist eine fixe Antibiotikakombination aus der bereits bekannten Gruppe der Streptogramine. Linezolid (Zyvoxid®) ist das erste Antibiotikum aus der Gruppe der Oxazolidinone mit einem neuartigen Wirkmechanismus. Das Wirkspektrum beider Antibiotika umfasst grampositive Problemkeime.
  • Beide Antibiotika wirken durch Hemmung der Proteinsynthese in den Ribosomen, haben aber unterschiedliche Angriffpunkte. Zyvoxid® und Synercid® sind als Reserveantibiotika für eine Therapie nach Antibiogramm oder als kalkulierte Therapie in der Klinik bei nosokomial erworbenen Pneumonien sowie bei schweren Haut- und Weichteilinfektionen zugelassen. Linezolid wird außerdem bei ambulant erworbenen Pneumonien während einer Behandlung in der Klinik eingesetzt.
  • Im Rahmen der EPIC-Studie (European Prevalence of Infection in Intensiv Care) wurde europaweit die Prävalenz von Infektionen auf Intensivstationen untersucht. Dabei wurden mehr als 60 Prozent der Infektionen durch grampositive Keime verursacht. Staphylococcus aureus war der mit 30,1 Prozent häufigste Erreger, wobei Methicillin-resistenter Staphylococcus aureus (MRSA) mehr als die Hälfte der Infekte auslöste (1).
  • Auch Vancomycin-resistenter Enterococcus faecium (VREF) stellt sich zunehmend als nosokomialer Problemkeim dar. Dieser wird besonders bei Patienten mit Malignomen, chronischem Nierenversagen oder Lebertransplantation selektioniert, die längere Zeit mit Breitbandantibiotika und dem Glykopeptid Vancomycin behandeltet wurden (2).

Glossar

  • CAPD Kontinuierliche ambulante Peritonealdialyse.
  • De-eskalierende Therapie Initialtherapie (bei vitaler Indikation) mit Antibiotika, die eine breite Wirkung und optimale Wirksamkeit zeigen; bei klinischer Besserung schrittweiser Umstieg von Reserveantibiotika auf andere Antibiotika.
  • INR International Normalized Ratio; dient zur weitgehend laborunabhängigen Beurteilung der faktorenabhängigen Blutgerinnung (statt Quick-Wert).
  • Kalkulierte Therapie Therapie mit Antibiotika, die gegen diejenigen Erreger wirksam sind, die nach epidemiologischen Daten, eventuell innerhalb des einzelnen Krankenhauses, mit hoher Wahrscheinlichkeit den Infekt verursacht haben.
  • MRSA Methicillin-resistenter Staphylococcus aureus.
  • Nosokomiale Infektion Infektion, die in zeitlichem Zusammenhang mit einer stationären oder ambulanten medizinischen Behandlung steht, sofern diese Infektion nicht schon vorher bestand.
  • Postantibiotischer Effekt Fortdauer der antibakteriellen Wirkung nach Absinken der Wirkstoffkonzentration im Plasma auf nicht mehr messbare Werte.
  • Sequenztherapie Umstellung einer initialen intravenösen auf eine perorale Therapie mit dem gleichen Antibiotikum oder einem Vertreter der gleichen Wirkstoffklasse.
  • Serotoninsyndrom Eventuell lebensgefährliche Nebenwirkung von selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmern (SSRI) vor allem in Kombination mit MAO-Hemmern, die mit zentraler Unruhe, Rigor, Hyperreflexie und Fieber einhergeht.
  • Superinfektion Zusätzliche Infektion durch einen anderen Erreger, die sich auf dem Boden einer bereits bestehenden Infektion entwickelt.
  • Therapie nach Antibiogramm Therapie mit Antibiotika, die speziell gegen den mikrobiologisch nachgewiesenen pathogenen Erreger wirksam sind.
  • VREF Vancomycin-resistenter Enterococcus faecium.
  • Therapeutische Optionen gibt es wenige, und weitere Resistenzen – häufig verursacht durch falschen Antibiotikaeinsatz – sind zu erwarten. Daher ist die Entwicklung von Antibiotika mit neuartigem Wirkmechanismus essenziell für die Therapie von Patienten, die mit Problemkeimen infiziert sind. Neben der Streptogramin-Antibiotikakombination Quinupristin/Dalfopristin bietet Linezolid eine unter Umständen lebensrettende Behandlungsoption speziell bei schweren Lungen- und Wundinfektionen.
  • Chemische Klassifikation
  • Quinupristin ist ein zyklisches Hexadepsipeptid und gehört zur Gruppe der Streptogramine vom Typ B. Die Summenformel ist C53H67N9O10S. Das relative Molekulargewicht Mr beträgt 1000,24 (3). Dalfopristin ist ein zyklisches Makrolacton und gehört zur Gruppe der Streptogramine vom Typ A. Die Summenformel ist C34H50N4O9S. Das relative Molekulargewicht Mr beträgt 690,86 (3).
  • Im Fertigarzneimittel Synercid® liegen Quinupristin und Dalfopristin hauptsächlich als Mesilate in einem Verhältnis von 30 zu 70 Prozent vor.
  • Linezolid stellt den ersten Vertreter der neuen Antibiotikagruppe der Oxazolidinone dar. Die Summenformel ist C16H20FN3O4. Das relative Molekulargewicht Mr beträgt 337,35 (3).
  • Indikationen und Anwendung
  • Die Kombination Quinupristin/Dalfopristin ist als Reserveantibiotikum zur Therapie nach Antibiogramm oder als kalkulierte Therapie zugelassen. Es ist anwendbar bei einer stationären Behandlung nosokomial erworbener Pneumonien sowie bei Haut- und Weichteilinfektionen, die durch empfindliche grampositive Keime verursacht wurden und sofern eine intravenöse Therapie indiziert ist. Außerdem ist das Antibiotikum ausdrücklich bei klinisch relevanten Infektionen durch Vancomycin-resistente Enterococcus faecium zugelassen.
  • Die aus dem Pulver mit fünfprozentiger Glucoselösung hergestellte Infusionslösung muss mit einem zentralen Venenkatheter (ZVK) über einen Zeitraum von sechzig Minuten appliziert werden. Der Zugang ist nach Infusionsende mit fünfprozentiger Glucoselösung (Vorsicht: keine Natriumchlorid-haltigen Salzlösungen oder Heparin verwenden!) zu spülen, um Venenreizungen gering zu halten. Im Notfall ist die Applikation der ersten Dosis über einen peripher venösen Zugang möglich.
  • Als Richtgröße gelten 7,5 mg/kg Körpergewicht (keine Dosiskorrektur bei Übergewicht) im Abstand von acht Stunden über sieben (Haut- und Weichteilinfektionen) bis zehn Tage (nosokomiale Pneumonie). Bei VREF-Infektionen hängt die Behandlungsdauer von der Lokalisation der Infektion ab. Bei Mischinfektionen mit gramnegativen Keimen müssen Quinupristin/Dalfopristin mit einem geeigneten Antibiotikum, zum Beispiel mit dem Monobactam Aztreonam (Azactam®), kombiniert werden. Die Herstellung der applikationsfertigen Lösung muss unter streng aseptischen Bedingungen erfolgen (4).
  • Linezolid ist als Reserveantibiotikum zur Therapie nach Antibiogramm oder als kalkulierte Therapie in der Klinik bei nosokomial oder ambulant erworbenen Pneumonien sowie bei schweren Haut- und Weichteilinfektionen zugelassen, die durch empfindliche grampositive Keime verursacht wurden. Bei gramnegativen Superinfektionen ist ebenfalls eine Kombination, zum Beispiel mit Aztreonam, möglich.
  • Die Therapie kann parenteral oder enteral (auch über Sonden) begonnen werden. Initial per infusionem therapierte Patienten sollten möglichst rasch auf eine enterale Therapie umgestellt werden.
  • Auf Grund der praktisch hundertprozentigen peroralen Bioverfügbarkeit unterscheiden sich die Dosierungen bei der peroralen und der intravenösen Applikation nicht: zweimal täglich 600 mg über 10 bis 14 Tage. Die maximale Behandlungsdauer betrug in den Zulassungsstudien 28 Tage. Die applikationsfertige Infusionslösung sollte jeweils über 30 bis 120 Minuten infundiert werden. Die Tabletten und die Suspension können mit oder ohne Mahlzeiten eingenommen werden (5).

Wirkungen und Wirkmechanismus

  • Quinupristin/Dalfopristin ist klinisch gegen viele grampositive Keime wirksam. Bei der Bestimmung von MHK-Werten konnten keine Parallelresistenzen zwischen den Streptograminen und Beta-Laktamen, Aminoglykosiden, Glykopeptiden, Chinolonen oder Tetracyclinen nachgewiesen werden. Jedoch belegen In-vitro-Studien, dass die Wirksamkeit gegen Staphylococcus aureus mit konstitutiver mlSB-Resistenz (MLS: resistent gegen Makrolide, Lincosamide und Typ-B-Streptogramine) im Vergleich zu Stämmen ohne diese Resistenz vermindert ist. Der postantibiotische Effekt von Quinupristin/Dalfopristin beträgt für Staphyloccocus aureus zehn Stunden im Tiermodell und ist damit fast dreimal so lang wie derjenige von Linezolid.
  • Dalfopristin (Streptogramin A) und Quinupristin (Streptogramin B) liegen in Synercid® im Verhältnis 70 zu 30 vor.
  • Dalfopristin hemmt die Donor- und Akzeptorregionen der Peptidyltransferase und damit die Bindung der Transfer-RNA (t-RNA) an die Aminoacylbindungsstelle (A-Stelle) sowie die Peptidbindung mit der t-RNA an der Peptidylbindungsstelle (P-Stelle) des funktionellen Ribosoms (siehe Kasten "Proteinbiosynthese"). Quinupristin interferiert mit der korrekten Positionierung der t-RNA an der P-Stelle. Durch Hemmung der Peptidbindung entstehen unvollständige Peptidketten. So wirken die beiden Komponenten synergistisch, und die Proteinbiosynthese wird etwa zehnfach stärker gehemmt als durch die Einzelkomponenten.
  • Proteinbiosynthese und Targets von Antibiotika
  • Die Übersetzung der genetischen Information der DNA über ihren Vektor Messenger-RNA (m-RNA; Transkription) in definierte Aminosäuresequenzen (Translation) und damit letztlich in funktionsfähige Proteine findet an den Ribosomen statt. Die Proteinbiosynthese läuft in bakteriellen, pflanzlichen und tierischen Zellen prinzipiell gleich ab. Die Untereinheiten unterscheiden sich jedoch und ermöglichen so einen selektiven Angriff auf bakterielle Ribosomen durch Antibiotika.
  • Ein funktionelles Ribosom in Bakterien wird aus der m-RNA, einer 30S- und einer 50S-Untereinheit sowie einer initialen Formylmethionyl-Transfer-RNA (f-Met-t-RNA) in Gegenwart verschiedener Initiationsfaktoren gebildet.
  • Die m-RNA übersetzt die genetische Information in eine definierte Aminosäuresequenz (Translation). Dies erfolgt mittels der Transfer-RNA (t-RNA). An die t-RNA ist nach dem genetischen Code stets eine definierte Aminosäure gebunden (bei der Initiations-t-RNA ist das Formylmethionin). Eine definierte t-RNA bindet über ihr "Anticodon" stets an eine definierte Stelle auf der m-RNA ("Codon"). So wird sichergestellt, dass die durch die Basentripletts festgelegten Informationen auf der DNA letztlich in eine definierte Aminosäuresequenz translatiert werden.
  • Am funktionellen Ribosom befinden sich auf der 50S-Untereinheit zwei Bindungsstellen für t-RNA: die Aminoacyl- (A-Stelle) und die Peptidylbindungsstelle (P-Stelle). Die f-Met-t-RNA bindet bei Bildung des Initiationskomplexes an die P-Stelle (Initiationsphase). Die Proteinbiosynthese läuft dann in drei Schritten ab (Elongationsphase):
    Aminoacylbindungsreaktion: t-RNA bindet unter Energieverbrauch in Form von GTP und bei Vorliegen von Faktor T an die A-Stelle. Dieser Schritt wird zum Beispiel durch Tetracylin gehemmt.
    Peptidyltransferasereaktion: Die Aminosäure der t-RNA, die sich an der P-Stelle befindet, wird von dem Enzym Peptidyltransferase an die Aminosäure der t-RNA gekoppelt, die sich an der A-Stelle befindet. Diesen Schritt blockiert zum Beispiel Chloramphenicol. A-Streptogramine wie Dalfopristin hemmen die Peptidyltransferase. B-Streptogramine (wie Quinupristin) verhindern die korrekte Positionierung der t-RNA an der P-Stelle.
    Translokationsreaktion: Die "leere" t-RNA wird von der P-Stelle abgespalten und die m-RNA um die Länge eines Codons verschoben. Dafür sorgt das Enzym Translokase unter Energieverbrauch (GTP) und bei Vorliegen des Faktors G. Durch diesen Vorgang gelangt die vorher an der A-Stelle befindliche t-RNA, die die zu verlängernde Aminosäurekette trägt, auf die P-Stelle. Dieser Schritt wird von Erythromycin gehemmt.
  • Bei der weiteren Elongation wird in einer erneuten Aminoacylbindungsreaktion eine weitere t-RNA (mit ihrer Aminosäure) an die jetzt freie A-Stelle gebunden. In der nächsten Translokationsreaktion wird die immer weiter verlängerte Kette von der t-RNA an der P-Stelle an die neue Aminosäure an der A-Stelle angefügt. Es wird also immer die vorhandene Aminosäurenkette an die neue Aminosäure angebunden.
  • Durch ein Endcodon, für das keine passende t-RNA verfügbar ist, wird die Translation beendet. Das Ribosom dissoziiert wieder in seine Untereinheiten.
  • Die Einzelkomponenten wirken lediglich bakteriostatisch, die Kombination jedoch bakterizid gegen Makrolid-empfindliche Staphylokokken und Streptokokken.
  • Linezolid wirkt in vivo auf grampositive Keime bakteriostatisch; in vitro werden auch einige gramnegative Bakterien und anaerobe Mikroorganismen erfasst. Die klinische Wirksamkeit wurde vor allem gegen folgende Keime, die bei den zugelassenen Indikationen eine Rolle spielen, nachgewiesen: Enterococcus faecium, Staphylococcus aureus, S. agalactiae, S. pneumoniae und S. pyogenes.
  • Sekundäre Resistenzen sind in wenigen Fällen in klinischen Studien beschrieben. Eine primäre Resistenz ist hingegen nicht zu erwarten, da keine inaktivierenden Enzyme bekannt sind. Der postantibiotische Effekt auf Staphyloccocus aureus beträgt 3,6 Stunden im Tiermodell.
  • Linezolid hemmt selektiv die bakterielle Proteinbiosynthese durch Bindung an das bakterielle Ribosom. Der Wirkmechanismus ist noch nicht vollständig geklärt. Das Target wird jedoch an der großen ribosomalen Untereinheit 50S vermutet. Linezolid bindet hier wahrscheinlich an das in der Domäne V der 23S-rRNA lokalisierte Peptidyltransferase-Zentrum. Dadurch wird die Bildung eines funktionstüchtigen 70S-Initiationskomplexes und damit die Translation verhindert. Im Gegensatz zu Makroliden wie Erythromycin, Tetracyclinen oder Chloramphenicol hemmt Linezolid die Translation nicht in der Elongations-, sondern in der Initiationsphase. Es wirkt bakteriostatisch.
  • Linezolid hemmt reversibel und nicht selektiv die Monoaminooxidase (MAO), wirkt in den antimikrobiell angewandten Dosierungen jedoch nicht antidepressiv. Dieser molekulare Mechanismus spielt jedoch für mögliche Interaktionen, insbesondere mit adrenerg oder serotonerg wirksamen Arzneistoffen, eine Rolle. Außerdem kann es zu Wechselwirkungen beim übermäßigen Verzehr von tyraminhaltigen Nahrungsmitteln kommen. Die MAO-hemmende Wirkung von Linezolid kann ferner zu einem erhöhten Blutdruck führen (4 - 7).
  • Unerwünschte Wirkungen
  • Die Tabelle 1 (pdf-Datei, 296 kB) gibt einen Überblick über die in klinischen Studien gefundenen Nebenwirkungen. Linezolid verminderte außerdem im Tierexperiment die Fertilität. Der Hilfsstoff Mannitol wirkt unter Umständen mild laxierend (4, 5).
  • Kontraindikationen
  • Quinupristin/Dalfopristin sind bei schwerer Leberinsuffizienz kontraindiziert. Bei leichter und mittlerer Leberfunktionsstörung sowie eingeschränkter Nierenfunktion liegen bislang weder für Quinupristin/Dalfopristin noch für Linezolid ausreichende Daten vor. Eine Anwendung sollte daher nur mit Vorsicht erfolgen. Eine generelle Dosisanpassung scheint jedoch für Linezolid nicht erforderlich zu sein. Für Quinupristin/Dalfopristin liegen hierzu keine Angaben vor.
  • Patienten, die einen Hemmstoff der Monoaminooxidase (MAO), zum Beispiel Selegilin, Moclobemid, Phenelzin oder Isocarboxazid, einnehmen oder in den letzten vierzehn Tagen eingenommen haben, sollten Linezolid nicht anwenden. Kontraindiziert ist die Einnahme - außer unter genauer Beobachtung des Blutdrucks - bei Patienten mit unkontrollierter Hypertonie, Phäochromozytom, Karzinoid, Thyreotoxikose, bipolarer Depression, schizoaffektiver Psychose und akuten Verwirrtheitszuständen. Während der Therapie mit Linezolid sollte nicht gestillt werden.
  • Der Fructose-, Glucose- und Natriumgehalt im Granulat beziehungsweise in der Infusionslösung des Linezolid-Fertigarzneimittels sollten bei bestimmten Patienten, zum Beispiel mit Diabetes mellitus, oder Patienten unter Natrium-kontrollierter Diät beachtet werden. Das Granulat enthält Aspartam, ein Dipeptid aus Asparaginsäure und Phenylalanin, weshalb es bei Phenylketonurie kontraindiziert ist. Da Linezolid hämofiltriert wird, sollte es bei Hämodialysepatienten nach der Dialyse gegeben werden. Für CAPD-Patienten und für Patienten, bei denen weitere Verfahren bei Nierenversagen angewandt werden, sowie für Kinder liegen derzeit keine Daten vor (4, 5).

Wechselwirkungen

  • Die Cytochrom-P450-Isoenzyme CYP 1A2, 2A6, 2C9, 2C19, 2D6 oder 2E1 konnten in vitro durch Dosen von Quinupristin/Dalfopristin, die dem Zehnfachen der therapeutisch maximal erreichbaren Plasmakonzentration entsprachen, nicht signifikant gehemmt werden. In vivo hemmt die Kombination jedoch stark das CYP 3A4. Daher können prinzipiell Interaktionen mit Stoffen auftreten, die ebenfalls über dieses Isoenzym metabolisiert werden. Bislang wurden Blutspiegelerhöhungen insbesondere für Immunsuppressiva wie Ciclosporin A oder Tacrolimus beschrieben sowie für Midazolam und Nifedipin, die bei einer stationären Behandlung und vor allem in der Intensivmedizin häufig eingesetzt werden.
  • Mit Arzneimitteln, die direkt oder indirekt sympathomimetische oder serotoninerge Eigenschaften haben wie SSRI, trizyklische Antidepressiva oder 5-HT1-Rezeptorantagonisten (Triptane), sollte Linezolid wegen der Gefahr eines Serotoninsyndroms allenfalls unter engmaschiger Kontrolle kombiniert werden. Die parallele Einnahme von Linezolid mit den Sympathomimetika Pseudoephedrin oder Phenylpropanolaminhydrochlorid führte in Studien zum Blutdruckanstieg, während eine Kombination mit Dextromethorphan, das auch Serotonin-Wiederaufnahme-hemmende Wirkungen hat, keine klinisch relevanten Interaktionen zeigte (16).
  • Wechselwirkungen sind ferner bei der Gabe von Linezolid mit Adrenalin, Noradrenalin, Dopamin oder Dobutamin im Rahmen einer intensivmedizinischen Behandlung möglich. Ebenso ist ein übermäßiger Verzehr von tyraminreicher Nahrung (wie Käse, Hefeextrakte, Alkohol und fermentierte Sojaprodukte) zu vermeiden, auch wenn in einer Studie Nahrungsrestriktionen nicht für notwendig erachtet wurden (15).
  • Eine gleichzeitige Einnahme mit Pethidin oder Buspiron, die auch serotoninerge Eigenschaften besitzen, sollte vermieden werden.
  • Linezolid wird weder über Cytochrom-P450-Isoenzyme metabolisiert noch ist es ein CYP-Induktor oder -Inhibitor. Da es möglicherweise die Blutgerinnung (gemessen am INR-Wert) beeinflusst, ist bei der Kombination von Linezolid mit Warfarin Vorsicht geboten. Zu dem in Deutschland häufig angewandten Antikoagulans Phenprocoumon liegen keine Angaben vor. Die INR-Werte sollten gleichwohl sorgfältig kontrolliert werden.
  • Bei der Herstellung von Mischbeuteln mit Beta-Lactam-Antibiotika oder mit Fluorchinolonen wurden keine chemischen Inkompatibilitäten beobachtet (4-7).
  • Klinische Prüfung
  • In einer prospektiven multizentrischen Vergleichsstudie an 111 Krankenhäusern in fünf Ländern wurden Wirksamkeit und Verträglichkeit von Quinupristin/Dalfopristin und Vancomycin bei der Behandlung einer durch grampositive Erreger verursachten nosokomialen Pneumonie verglichen (10). Dazu wurden 295 Patienten in die Studie aufgenommen. Primäres Zielkriterium war die klinische Wirksamkeit bei den bakteriologisch auswertbaren Patienten. 56,3 Prozent der Patienten sprachen auf Quinupristin/Dalfopristin an, 58,3 Prozent auf Vancomycin. Bei mit Staphylococcus-aureus-infizierten Patienten betrug die klinische Wirksamkeit 52,9 versus 50,0 Prozent. Die Unterschiede waren statistisch nicht signifikant.
  • Die Abbruchrate wegen Nebenwirkungen war in der Quinupristin/Dalfopristin-Gruppe mit 15,3 Prozent (23 von 150 Patienten) höher als in der Vancomycin-Gruppe mit 9,5 Prozent (14 von 148). Ob dieser Unterschied signifikant war, wird nicht angegeben (10).
  • In einer Studie an 397 Patienten mit nosokomialer Pneumonie war intravenös (i.v.) gegebenes Linezolid in Kombination mit Aztreonam (im gramnegativen Bereich breit wirksam) bei 66,4 Prozent der Patienten klinisch erfolgreich. Im Vergleich dazu wies eine Vancomycin-i.v.-Aztreonam-Kombination eine Erfolgsrate von 68,1 Prozent auf (11).
  • In zwei offenen, randomisierten Multicenterstudien wurden Quinupristin/Dalfopristin (7,5 mg/kg Körpergewicht intravenös) bei 893 Patienten mit komplizierten Haut- und Weichteilinfektionen verglichen mit Standardtherapien wie Oxacillin, Cefazolin oder Vancomycin (12). In der rein US-amerikanischen Teilstudie erhielten die Patienten in der Vergleichsgruppe Oxacillin 2 g i.v. alle sechs Stunden, in der amerikanisch-europäischen Teilstudie hingegen Cefazolin 1 g i.v. alle acht Stunden. In beiden Teilstudien konnte alternativ Vancomycin 1 g i.v. alle zwölf Stunden, zum Beispiel bei Unverträglichkeiten gegen Beta-Lactam-Antibiotika oder bei Infektion mit MRSA-Keimen gegeben werden. Insgesamt 562 Patienten konnten ausgewertet werden.
  • Heilung oder Besserung erreichten 68,2 Prozent der Patienten unter Quinupristin/Dalfopristin. In der Vergleichsgruppe, die eine der Standardtherapien erhielt, wurden 70,7 Prozent erzielt. Die Abbruchrate wegen Nebenwirkungen war bei Quinupristin/Dalfopristin mit 12,0 Prozent deutlich höher als in der Kontrollgruppe (2,0 Prozent). Während unter der Antibiotika-Kombination häufiger erhöhte Leberfunktionsparameter auftraten, waren die Creatininwerte in der Kontrollgruppe vermehrt erhöht (12).
  • 826 hospitalisierte erwachsene Patienten mit komplizierten Haut- und Weichteilinfektionen erhielten in einer kontrollierten Studie entweder Linezolid 600 mg i.v. alle zwölf Stunden oder Oxacillin 2 g i.v. alle sechs Stunden. Nach klinischer Besserung wurden sie auf Linezolid 600 mg p.o. zweimal täglich oder Dicloxacillin 500 mg alle sechs Stunden umgestellt. In der Intention-to-treat-Auswertung wurden mit Linezolid 69,8 Prozent und in der Oxacillin-Dicloxacillin-Gruppe 64,9 Prozent geheilt. Der Unterschied war mit p = 0,141 allerdings nicht signifikant (13).
  • Direkte Vergleichsstudien von Quinupristin/Dalfopristin und Linezolid wurden bislang nicht veröffentlicht (14).
  • Wertende Zusammenfassung
  • Quinupristin/Dalfopristin und Linezolid bieten wertvolle Therapieoptionen in der stationären Behandlung von Infektionen mit multiresistenten Erregern (insbesondere MRSA und VREF).
  • Die Kombination der beiden Streptogramine Dalfopristin (Streptogramin A) und Quinupristin (Streptogramin B) verzehnfacht die Wirkung gegenüber den Einzelkomponenten und führt bei bestimmten Erregern zu einem bakteriziden statt eines bakteriostatischen Wirkprofils. Gegen Linezolid und Quinupristin/Dalfopristin sind in Studien nur wenige Resistenzen aufgetreten. Staphylococcus-aureus-Stämme, die bereits gegen die eingesetzten Makrolide oder Lincosamide resistent sind, waren jedoch auch gegen Quinupristin/Dalfopristin resistent. Bei Linezolid sind auf Grund des neuartigen Wirkmechanismus derzeit keine Kreuzresistenzen zu anderen Antibiotika bekannt.
  • Um die neuen Antibiotika möglichst lange als effektive Reserveantibiotika zu sichern, sollte der klinisch tätige Apotheker auf Station oder bei der Verschreibung auf Sonderanforderung darauf achten, dass diese Präparate nur verordnet werden, wenn andere Antibiotika wie Staphylokokken-Penicilline (zum Beispiel Flucloxacillin) oder Vancomycin versagt haben oder kontraindiziert sind. Insbesondere sollten sie nach Antibiogramm oder zumindest bei vitaler Indikation in einem deeskalierenden Ansatz als kalkulierte Therapie (wenn sensitive Erreger sehr wahrscheinlich sind) eingesetzt werden. Kombinationen mit im gramnegativen Bereich wirksamen Antibiotika, zum Beispiel Aztreonam, sind möglich.
  • Die Verfügbarkeit von Linezolid als Infusion, Granulat und Tablette ermöglicht eine variable, der Situation des Patienten angepasste Applikation. Außerdem vereinfacht die perorale Bioverfügbarkeit von 100 Prozent die Umstellung von parenteraler auf enterale Gabe (auch über Sonden) in einer Sequenztherapie.
  • Quinupristin/Dalfopristin können insbesondere Blutspiegel von Immunsuppressiva, Nifedipin oder Midazolam erhöhen. Linezolid kann jedoch mit zahlreichen serotoninerg, adrenerg und dopaminerg wirksamen Stoffen wechselwirken. Kritisch zu sehen ist sein myelosuppressives Potenzial.
  • Sowohl Quinupristin/Dalfopristin als auch Linezolid besitzen eine Reihe von Nebenwirkungen, die aber auf dem Hintergrund einer zeitlich begrenzten Anwendung bei schwerkranken, oft multimorbiden Patienten bewertet werden müssen. Die genaue labormedizinische Überwachung der Patienten ist unter stationären Bedingungen sicherzustellen.

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