Chromophore aus π-Elektronen

Vorkommen

Übersicht

Unterscheidung von Polyenen, Polyinen und Aromaten

  • Durch Berechnung der Wellenzahldifferenzen der Teilbanden der feinstrukturierten Spektren können Polyene, Polyine und Aromaten voneinander relativ sicher unterschieden werden.

: Differenz der Wellenzahl
λ1, λ2 : Wellenlängen der Teilbanden
ν1, ν2 : Wellenzahlen der Teilbanden
  • Die Wellenzahldifferenz beträgt für Polyene ca. 1500 cm-1, für Polyine ca. 2000 cm-1 und für Aromaten ca. 700 - 1100 cm-1.

Alkene, Polyene

Allgemeines

  • Der π-π*-Übergang des Ethens weist eine Absorption bei 162 nm, also im Bereich des Vakuum-UV-Lichtes auf.
  • Mit zunehmender Zahl konjugierter Doppelbindungen verschiebt sich das Absorptionsmaximum zu höheren Wellenlängen (Rotverschiebung).
  • Ursache ist die zunehmende Erhöhung des höchsten besetzten Orbitals (HOMO) und gleichzeitig die Erniedrigung des untersten leeren π-Orbitals (LUMO). Aus diesem Grund wird die zur Anregung erforderliche Energiedifferenz ΔE immer kleiner, die Wellenlänge des absorbierten Lichts also größer.
  • β-Carotin enthält 11 konjugierte Doppelbindungen, die zu einem Absorptionsmaximum bei 451 nm (blau) führen, weshalb die Substanz orange erscheint.

Quadratwurzelgesetz

  • R. Kuhn und K.W. Hausser fanden einen Zusammenhang zwischen der Lage des längstwelligen Absorptionsmaximums und der der Anzahl der konjugierten Doppelbindungen bei konjugierten Polyenen. Danach gilt:

λmax : Wellenlänge des Absorptionsmaximums
n : Anzahl konjugierter Doppelbindungen
  • Diese Formel liefert recht gute Annäherungen an den tatsächlichen Messwert für das Absorptionsmaximum.
  • Durch Einsetzen eines Messwertes lässt sich mit Hilfe dieser Formel auch auf die Anzahl der konjugierten Doppelbindungen im Molekül zurückschließen.

Dien-Regel

  • Bei ungesättigten Steroiden und anderen Polyenen kann zur Abschätzung des Absorptionsmaximums die Dien-Regel nach R. B. Woodward eingesetzt werden.
  • Sie beruht auf einem empirisch ermittelten Inkrement-System.
  • Zur Berechnung werden zu einem Grundwert bestimmte Werte für einzelne Strukturelemente addiert.
  • Die Lage und Intensität des längswelligen Absorptionsmaximums wird auch von der geometrischen Konfiguration beeinflusst.
  • Oftmals absorbieren cis-Isomeren kürzerwellig und weniger intensiv als trans-Isomeren. So zeigen cis-Carotine einen charakteristischen Peak bei ca. 340 nm, den die trans-Formen nicht aufweisen.

Grundwerte

λmax = 217 nm λmax = 214 nm λmax = 253 nm

Inkrementwerte

Allgemeine Strukturmerkmale

Konjugierte Doppelbindung +30 nm
Exozyklische Natur einer Doppelbindung +5 nm
Alkylsubstituent oder Ringrest + 5 nm
Auxochrome Gruppen
-O-Alkyl + 6 nm
-O-Acyl 0 nm
-S-Alkyl + 30 nm
-N(-Alkyl)2 + 60 nm
-Cl + 5 nm
-Br + 5 nm

Substituenteneinflüsse auf Polyenchromophore

  • Durch Substitution am chromophoren System eines Polyens kommt es zu einer Verschiebung des Absorptionsmaximums in den längerwelligen Bereich.
  • Zur Bewertung der Stärke dieses Einflusses bei bestimmten Substituenten, setzt man den Wert, den eine zusätzliche konjugierte Doppelbindung haben würde gleich Eins.
  • Der Einfluss des Substituenten ergibt sich nun als Bruchteil oder Vielfaches diese festgesetzten Vergleichswertes.
      
    Substituent Einfluss [Doppelbindungen]
    Alkylgruppe 0,1 - 0,3
    Benzolring 1,6 - 2,8
    Hydroxylgruppe 0,1
    Carboxylgruppe 0,4 - 1,1
    Carbonylgruppe 0,6 - 1,5

Polymethine

  • Bei Polymethinen lässt sich das Absorptionsmaximum abschätzen, indem man ausgehend von einem Wert von 309 nm für ein Polymethin mit nur einer Doppelbindung für jede weitere konjugierte Doppelbindung 100 nm hinzuaddiert.
  • Aus diesem Grund liegt das Absorptionsmaximum von Polymethinen bereits bei 6 Doppelbindungen im Infrarotbereich.

Alkine

Allgemeines

  • Das Absorptionsverhalten von Alkinen entspricht weitgehend dem der Alkene.
  • Unterschiede ergeben sich jedoch z.B. für das Quadratwurzelgesetz, das nun folgendermaßen lautet:

λmax : Wellenlänge des Absorptionsmaximums
n : Anzahl konjugierter Doppelbindungen
  • Die Absorptionsbanden der Polyine zeigen oftmals eine stärker ausgeprägte Feinstruktur, als die der Polyene.

Aromaten

Benzen

  • Benzen zeigt drei, sehr unterschiedlich ausgeprägte, Absorptionsbanden, die alle π-π*-Übergängen entsprechen.
  • Die längstwellige, feinstrukturierte Bande wird oftmals allein zur Auswertung herangezogen. Bei Messungen von Benzoldämpfen ist sie besonders ausgeprägt.

Monosubstituierte und disubstituierte Benzenderivate

  • Alkylbenzene zeigen ähnliche Spektren wie unsubstituiertes Benzen.
  • Substituenten mit n- oder π-Elektronen in Konjugation zum aromatischen System führen zu einer bathochromen Verschiebung aller Banden, einer Erhöhung der Intensität und meist zum Verlust der Feinstruktur.
  • Bei stärkerer bathochromer Verschiebung kann die B-Bande (Benzol: 255 nm, ε = 230) durch die in ihrer Intensität erhöhte E-Bande (Benzol: 198 nm, ε = 8000) überholt werden. Die E-Bande wird nun als K-Bande bezeichnet. Die B-Bande liegt nun meist zwischen 250 und 290 nm (ε = 200 - 2000), die K-Bande bei 200 - 250 nm (ε = 7000 - 15000).
  • In der folgenden Tabelle finden sich die Wellenlängen der Absorptionsmaxima einiger mono- bzw. disubstituierter Benzolringe.
Substituent(en) λmax [nm]
-H 254
-NH3+ 254
-OH 270
-NH2 280
-O- 287
-OH und -NO2 318
-NH2 und NO2 381
-O- und NO2 403

Phenole

  • Liegen im Phenol keine zusätzlichen chromophoren Substituenten vor, so befinden sich die Absorptionsmaxima bei ca. 210 nm (ε = 6200) und 270 nm (ε = 1450) mit einer Schulter bei ca. 285 nm.

Phenolether

  • Phenolether zeigen ähnlich wie Phenole zwei Maxima bei ca. 270 - 290 nm (ε = 2000) und 270 - 280 nm (ε = ca. 2000), zusätzlich kann eine E-Bande bei 220 - 230 nm vorliegen.

Aromatische Carbonsäuren

  • Aromatische Carbonsäuren weisen zwei Maxima auf; bei ca. 273 nm (ε = 1000) und ca. 225 nm (ε = 12000).

Aromatische Amine

  • Primäre, sekundäre und tertiäre aromatische Amine zeigen ein Absorptionsmaximum bei ca. 290 nm (ε = 2000), welches durch zusätzliche funktionelle Gruppen zu höheren Wellenlängen verschoben wird.

Polycyclische Aromaten

  • Die Absorptionsmaxima anellierter aromatischer Systeme können so weit verschoben sein, dass sie bereits im sichtbaren Bereich liegen. Außerdem erhöht sich der Betrag der Absorption.
  • Auch bei den polycyclischen Aromaten kann die B-Bande von der E-Bande überholt werden (z.B. beim Übergang von Naphthalen / Anthracen).

Verbindungen mit doppelt gebundenen Elementen außer Kohlenstoff

Allgemeines

  • Auch die Doppelbindungen in z.B. Carbonylgruppen enthalten π-Elektronen und können somit ebenfalls Elektronenübergänge der Art π-π* zeigen.
  • Typische Absorptionskennwerte für einige ausgewählte Molekülgruppen sind nachfolgend aufgeführt.
Molekülgruppe λmax [nm] Molarer Extinktionskoeffizient (ε) 
C=O 280 20
C=S 500 10
C=N 240 160
N=N 350 12
N=O 660 20
NO2 270 20

 

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