Mirtazapin
Übersicht
Medizin
Typ
Indikationen
- Depressionen
- Diverse Off-Label-Anwendungen
- Mirtazaz.B. generalisierte Angststörungen, Panikstörungen, soziale
Phobien, posttraumatische Belastungsstörungen, Schlafstörungen,
Winterdepressionen, als Adjuvans in der Schmerztherapie, ...
Arzneimittelinteraktionen
- Zentral dämpfende Substanzen
- Gegenseitige Verstärkung der sedierenden Eigenschaften
- Induktoren (und Inhibitoren) von CYP1A2 und CYP3A4
- Veränderung der Plasmakonzentration des Mirtazapins
Unerwünschte Arzneimittelwirkungen
- Müdigkeit, Schläfrigkeit, Abgeschlagenheit
- Appetitsteigerung
- Ödeme
- Missempfindungen
- Erhöhte Aggressivität, Alpträume, Halluzinationen, Verwirrtheit
- Krampfanfälle
Anwendung
Tagesdosis |
(antidepressiv) 15 - 45 mg
(sedativ) 7,5 - 15 mg |
Einzeldosis |
7,5 - 15 mg |
Anwendungshinweise
- Unabhängig von den Mahlzeiten einzunehmen.
- Tageshöchstdosen über 100 mg pro Tag sind bei einzelnen Patienten
erfolgreich eingesetzt worden.
Bemerkungen
- Mirtazapin verursacht keine Abhängigkeit im eigentlichen Sinne, kann
jedoch trotzdem zu Problemen beim plötzlichen Absetzen führen
(Kopfschmerzen, Schlafstörungen, Übelkeit, Angstzustände etc.). Mirtazapin
sollte daher ausschleichend dosiert werden.
Pharmakologie
Typ
Pharmakodynamik
Wirkungen
Wirkmechanismen
- Mirtazapin zählt zur Gruppe der NaSSA, der noradrenerg und spezifisch
serotonerg wirkenden Antidepressiva. Während es die Freisetzung von
Noradrenalin (und Dopamin) jedoch tatsächlich deutlich fördert, wird die
serotonerge Wirkung nicht in erster Linie durch zusätzliche
Serotoninfreisetzung erzielt, sondern durch "Konzentration" vorhandenen
Serotonins auf den 5-HT1-Rezeptor.
- Die Substanz blockiert 5-HT2- und 5-HT3-Rezeptoren,
jedoch keine 5-HT1-Rezeptoren. Dadurch kann vorhandenes
Serotonin nicht mehr an die blockierten Rezeptoren binden und steht
somit verstärkt zur Bindung an 5-HT1-Rezeptoren zur
Verfügung.
- Die erhöhte Freisetzung von Noradrenalin beruht auf einer Blockade
zentraler präsynaptischer α2-Rezeptoren,
wodurch die negative Rückkopplung dieser auf die weitere Freisetzung von
Noradrenalin gehemmt wird.
- Mirtazapin wirkt antagonistisch an zentralen H1-Rezeptoren,
was die stark sedierenden Eigenschaften der Substanz erklärt.
- Die Affinität zu β-adrenergen, cholinergen
und dopaminergen Neuronen ist gering.
Rezeptoraffinität
0,75 - 1,6 |
10 - 69 |
< 1 - 350 |
10 - 39 |
10 - < 69 |
265 |
500 - 608 |
100
α2A = 20
α2C= 18 |
794 - 1000 |
1250 - 4600 |
Die Angaben zur Rezeptoraffinität unterscheiden sich je
nach Quelle erheblich. Daher sind in der Tabelle meist Bereiche angegeben.
Ist nur ein einzelner Wert angegeben, bedeutet dies meist nur, dass in
anderen Quellen dieser Rezeptor nicht erwähnt wurde.
- Die Hemmwirkung auf den 5-HT3-Rezeptor geht vor allem vom (R)-Enantiomer
aus, während das (S)-Enantiomer vornehmlich die Blockade der
α2-Adrenozeptoren und der
verschiedenen 5-HT2-Rezeptoren bewirkt.
Resorption
- Mirtazapin wird nach peroraler Applikation rasch und fast vollständig
resorbiert, unterliegt jedoch einem ausgeprägten First-Pass-Effekt in der
Darmmukosa, der die Bioverfügbarkeit praktisch halbiert.
Metabolisierung
- Mirtazapin wird in der Leber stark biotransformiert, wobei für die
Phase-I-Reaktionen (Demethylierung und Hydroxylierung) vor allem die
Cytochrom-P450-Enzyme CYP1A2, CYP2D6 und CYP3A4 verantwortlich sind.
- CYP1A2 und CYP2D6 katalysieren die Reaktionen zur Bildung des
8-Hydroxymetaboliten, während CYP3A4 die Reaktionen zur Bildung des N-Demethyl-
und des N-Oxid-Metaboliten katalysiert.
Exkretion
- Mirtazapin wird weit überwiegend in Form seiner Metaboliten zu etwa 75 %
renal und etwa 15 % biliär ausgeschieden.
Bemerkungen
- Mirtazapin wird normalerweise als Racemat eingesetzt. Das (R)-
und das (S)-Enantiomer haben verschiedene pharmakologische und
pharmakokinetische Eigenschaften.
- Die Plasmahalbwertszeiten des (R)-Enantiomers ist ungefähr
doppelt so lang, wie die des (S)-Enantiomers (ca. 18 h vs. ca. 10 h).
- Bei Personen mit angeborenem Defekt von CYP2D6 ("Poor metabolizer") ist
die Plasmahalbwertszeit des (S)-Enantiomers deutlich verlängert,
während die des (R)-Enantiomers unbeeinflusst bleibt.
LD50 |
(Ratte, p.o.) 810 mg/kg |
Pregnancy category |
C |
Geschichtliches
- Mirtazapin wurde 1976 von AKZO patentiert.
- Die Markteinführung in Europa erfolgte 1996 unter dem Handelsnamen
Remergil®.
Chemie
Strukturformel
C17H19N3
IUPAC
- (RS)-(±)-2-Methyl-1,2,3,4,10,14b-hexahydropyrazino[2,1-a]pyrido[2,3-c][2]benzazepin
- 61337-67-5
- 85650-52-8 (RS)-Enantiomer
- 61364-37-2 (R)-Enantiomer
- 61337-87-9 (S)-Enantiomer
Eigenschaften
Sonstige Eigenschaften
- Weißes bis fast weißes, leicht hygroskopisches Pulver.
- Praktisch unlöslich in Wasser. Leicht löslich in Ethanol. Löslich in
Chloroform und Methanol.
Analytik
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