Sulfonylharnstoffe

Übersicht


Medizin

Typ

Indikationen

  • Monotherapie bei Typ-2-Diabetikern mit BMI < 25 kg/m2, deren Stoffwechsel trotz Ernährungs- und Bewegungstherapie unbefriedigend eingestellt ist (HbA1c > 7 %) und die noch keine oralen Antidiabetika erhielten.
  • Kombination mit α-Glucosidase-Hemmstoffen oder PPARγ-Agonisten (bei Vorliegen von Kontraindikationen gegen Metformin) bei Typ-2-Diabetikern mit BMI < 25 kg/m2, wenn eine Monotherapie mit Sulfonylharnstoffen nur eine unbefriedigende Stoffwechseleinstellung bewirkte.
  • Die Kombination mit Metformin ist umstritten.

Kontraindikationen

Absolute Kontraindikationen

Relative Kontraindikationen

  • Übergewicht, Adipositas

Unerwünschte Arzneimittelwirkungen

  • Hypoglykämie
  • Gewichtszunahme
    • Insbesondere bei Glibenclamid auffällig, da dieses auch die Nüchtern-Insulinkonzentration im Blut erhöht. 
    • Für Gliclazid und Glimepirid wurde gezeigt, dass unter der Therapie auch eine anhaltende Gewichtsreduktion bzw. Gewichtskontrolle möglich ist. 
  • Gastrointestinale Störungen
  • Kardiotoxische Effekte
    • Datenlage insgesamt weiterhin fraglich; evtl. bei Kombination mit Biguaniden.
    • Insbesondere vermutet für Wirkstoffe der ersten Generation, aber auch auch für  Glibenclamid, da diese relativ unspezifisch K+-Kanäle auch an anderen Organen blockieren können. Kommt es zu einer Blockade von K+-Kanälen am Herzen (auf Kardiozyten und auf glatter Muskulatur), kann dies zu einer Verminderung der sogenannten ischämischen Präkonditionierung führen, bei der das Herz normalerweise lernt, kurze Ischämien besser zu tolerieren. 
    • Bei einer verminderten ischämischen Präkonditionierung wären somit bei größeren ischämischen Ereignissen am Herzen, z.B. bei Myokardinfarkt, stärkere Schäden zu erwarten.
    • Klare Beweise für die obige Theorie fehlen bislang; für Glibenclamid konnte in einigen Studien sogar eine protektive, antiarrhythmische Wirkung (Reduktion des Auftretens von letalem Kammerflimmern) nach Myokardinfarkt gezeigt werden.
  • Allergien
  • Leukopenie

Anwendung

Patientenhinweise

Bemerkungen

  • Häufig findet sich eine Einteilung in unterschiedliche Generationen, wobei die Zuordnungen jedoch nicht immer gleich sind.

Pharmakologie

Pharmakodynamik

Wirkung

  • Senkung des Blutzuckerspiegels durch vermehrte Insulin-Freisetzung aus den B-Zellen des Pankreas.

Wirkungsmechanismus

  • Sulfonylharnstoffe blockieren ATP-abhängige K+-Kanäle der B-Zellen, was zu einer Erhöhung des Ruhemembranpotentials führt. Die Reizschwelle zur Auslösung einer Depolarisation der Zelle wird somit erniedrigt. 
  • Bei der Depolarisation werden spannungsabhängige Calciumkanäle geöffnet und darüber die intrazelluläre Calciumionenkonzentration erhöht.
  • Diese bewirkt nun eine gesteigerte Exozytose von Insulin.

Bemerkungen

  • Aufgrund ihres Wirkprinzips sind Sulfonylharnstoffe nur wirksam, wenn die körpereigene Insulinproduktion noch teilweise erhalten ist.
  • Bei einer zu starken Stimulation der Insulinfreisetzung sind Hypoglykämien möglich.

Geschichtliches

  • Bereits 1942 wurde die blutzuckersenkende Wirkung einiger Sulfonamide beobachtet.
  • 1955 erfolgte die Einführung des ersten oralen Antidiabetikums der Sulfonamid-Reihe. Es handelte sich um Carbutamid, eine Verbindung, die noch alle Eigenschaften eines bakteriostatisch wirksamen Sulfonamids aufwies.
  • Durch den Ersatz der Aminogruppe am aromatischen Ring durch eine Methylgruppe entstand Tolbutamid. Die Substanz weist keine bakteriostatische Wirkungen mehr auf.
  • Durch Einführung lipophiler Substituenten an die Sulfonylharnstoffgruppe kann die zur Therapie notwendige Dosierung deutlich gesenkt werden. Solche Substanzen werden als Sulfonylharnstoffe der 2. Generation bezeichnet.

Beispiele

Substanzen

1. Generation

2. Generation

3. Generation

 

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