Tranquilizer

Synonyme

  • Anxiolytika, Ataraktika, Minor Tranquilizer, Tranquillantien

Übersicht


Medizin

Typ

Definition

  • Chemisch heterogene Gruppe von Substanzen, die je nach Wirkstoff und oder Dosierung eine anxiolytische, beruhigende, schlaffördernde, zentral muskelrelaxierende oder antikonvulsive Wirkung haben.

Indikationen

  • Angstzustände, psychovegetative Störungen, Neurosen
    • Zeitlich begrenzt bei Angst- und Spannungszuständen, möglichst unter begleitender Aufarbeitung der zugrundeliegenden psychischen Störungen bzw. um die Grundlage für einen psychotherapeutischen Zugang zum Patienten erst herzustellen.
    • Der therapeutische Effekt ist nur symptomatisch, nicht kausal.
  • Ängstlich-agitierte Depressionen
  • Funktionelle Schlafstörungen
  • Muskelspasmen und Muskelverspannungen
  • Status epilepticus

Kontraindikationen

Arzneimittelinteraktionen

Unerwünschte Arzneimittelwirkungen

  • Gefahr der Entwicklung von Toleranz und Abhängigkeit.
  • Aufgrund der zentral dämpfenden Wirkung:
    • Müdigkeit
    • Ataxie
    • Benommenheit
    • Schwindel
    • Einschränkung der intellektuellen Leistungsfähigkeit
  • Bei älteren Patienten:
    • Koordinationsstörungen
    • Paradoxen Erregungs- und Verwirrtheitszuständen
    • Halluzinationen
  • Aufgrund der muskelrelaxierenden Wirkung:
    • Sturzneigung
  • Bei längerer Einnahme:
    • Appetitsteigerung, Gewichtszunahme
    • Libidoverlust
    • Ovulations- und Zyklusstörungen

Bemerkungen

  • Infolge der vielfältigen im Alltag auftretenden Stresssituationen und der häufigen, meist psychisch bedingten, neurovegetativen Störungen haben Tranquilizer eine weite Verbreitung gefunden.
  • Da sie, oft ohne zwingende Indikation, zur Bewältigung der Probleme des täglichen Lebens verwendet werden, können viele Patienten nicht mehr ohne sie auskommen und nehmen sie gewohnheitsmäßig ein.
  • Auch sollte nicht übersehen werden, dass zur vollen Entfaltung einer Persönlichkeit notwendigerweise die psychische Spannung, das Erleben von Höhen und Tiefen, die kritische Auseinandersetzung mit der Umwelt gehören.
    • Die mit Pharmaka erzielte "Unerschütterlichkeit" (Ataraxia) ist oft nichts anderes als Gleichgültigkeit, affektive Verflachung und verringertes Verantwortungsbewusstsein.

Achtung

  • Da Tranquilizer Konfliktsituationen nur überdecken, diese aber nicht beseitigt werden, liegt die Versuchung zur Dauereinnahme solcher Stoffe nahe. Daher sollten Tranquilizer nicht über längere Zeit verordnet werden.
  • Ein restriktiver Umgang mit Tranquilizern ist zu empfehlen.

Pharmakologie

Pharmakodynamik

Bemerkungen

  • Von den älteren Sedativa, z.B. niedrig dosierten Barbituraten, unterscheiden sich Tranquilizer durch einen unterschiedlichen Verlauf der Dosis-Wirkungs-Kurve bezüglich der zentraldämpfenden Wirkung.
    • Während Barbiturate eine steile Dosis-Wirkungs-Kurve aufweisen, d.h. der sedierende Effekt rasch in eine hypnotische und narkotische Wirkung übergeht, ist diese Kurve bei den Tranquilizern wesentlich flacher verlaufend.
  • Der ideale Tranquilizer ist so zu charakterisieren, dass er über einen weiten Dosierungsbereich ausschließlich entspannend und anxiolytisch wirkt, ohne Benommenheit, Schläfrigkeit, Ataxie oder Sprachstörungen hervorzurufen.
  • Eine solche Idealsubstanz steht derzeit nicht zur Verfügung.

Wirkungen

  • Tranquilizer haben die folgenden Hauptwirkungen:
    • Beruhigend
    • Übermäßige Angst und Spannungen beseitigend
    • Einen Zustand der Ausgeglichenheit erzeugend
    • Das Denkvermögen und der Leistungsfähigkeit kaum negativ beeinflussend.
  • Die meisten Tranquilizer weisen ferner folgende Effekte auf:
    • Schlafanstoßend
    • Antikonvulsiv
    • Muskelrelaxierend.

Wirkmechanismen

  • Tranquilizer greifen in den üblichen Dosen vor allem am limbischen System und untergeordnet an der Formatio reticularis an.
  • Sie reduzieren die Zahl der Impulse in diesen Gebieten und verringern insbesondere psychisch induzierte Erregungen vegetativer Neurone (psychovegetative Entkopplung).
    • In höheren Dosen wirken sie durch allgemeine Unterdrückung der Erregungsausbreitung krampfverhindernd.
  • Viele Tranquilizer, speziell die Benzodiazepine und deren Analoga, verstärken die hemmende Funktion GABAerger Neurone.

Toxikologie

  • Größtes Problem bei der chronischen Anwendung ist die häufige Gewohnheitsbildung (psychische Abhängigkeit), bei der die übliche Dosierung nicht erhöht wird (Low-dose Dependency).
  • Sie beruht darauf, dass es - insbesondere nach längerer Einnahme - beim (plötzlichen) Absetzen des Tranquilizers zu vermehrter Angst oder Schlaflosigkeit kommt, was die Patienten daher wieder zum Beruhigungsmittel greifen lässt.
  • Zur Vermeidung dieses Rebound-Effekts ist die Therapie daher ausschleichend zu beenden.
  • Eine physische Abhängigkeit mit Dosissteigerung (High-dose Dependency) ist selten.
  • Direkte toxische Effekte sind kaum vorhanden.

Chemie

Subtanzklassen


 

www.BDsoft.de
pharm@zie
-
Bücher zum Thema Pharmazie bei Amazon