Chloralhydrat

Übersicht


Medizin

Typ

Indikationen

Kontraindikationen

Arzneimittelinteraktionen

Unerwünschte Arzneimittelwirkungen

Achtung

  • Entwicklung von Abhängigkeiten möglich,
  • Die Symptome bei einer Intoxikation ähneln denen einer Vergiftung mit Barbituraten. Dabei besteht auch die Gefahr einer Atemdepression.
  • Delir und Krämpfe bei plötzlichem Entzug!

Bemerkungen

  • Chloralhydrat verursacht einen typischen, starken Mundgeruch. Dieser trägt mit dazu bei, dass kaum Missbrauch mit der Substanz getrieben wird...
  • Chloralhydrat schmeckt stark bitter und brennend, es reizt Haut und Schleimhäute. Daher wird es in Gelatinekapseln (p.o.) und rektal (als Einlauf) appliziert.
  • Die Substanz wird vor allem älteren Patienten verschrieben, da sie nur selten paradoxe Reaktionen verursacht. Daneben wird es bevorzugt in der Pädiatrie (als Miniklistier) eingesetzt.
  • Eine Veränderung von Stadien des NREM- sowie des REM-Schlafes ist nicht nachweisbar.

Handelsnamen

  • Chloraldurat

Pharmakologie

Pharmakologie

Wirkungen

  • Sedierend, einschlaffördernd mit raschem Wirkeintritt und ohne Beeinflussung des Schlafprofils 

Wirkmechanismus

  • Wirkort und -mechanismus sind nicht genau geklärt, man vermutet, dass der Metabolit Trichlorethanol eigentlich für die Wirkung verantwortlich ist.
  • Diesem wird eine Verstärkung der Wirkung von GABA an GABAA-Rezeptoren zugesprochen.

Pharmakokinetik

Bioverfügbarkeit (BVabs)  
Clearance (CLtot)  
Eliminationshalbwertszeit (t1/2) 8 h
Extrarenale Eliminationsfraktion (Q0) 1,0
Plasmaproteinbindung (PB) 40 %
Verteilungsvolumen (Vapp) 0,6 L/kg

Die angegebenen Daten gelten für den Metaboliten Trichlorethanol.

Metabolisierung

  • Nach der Resorption entsteht rasch (t1/2 = 4 min) über den Aldehyd und dessen Reduktion das hypnotisch wirksame Trichlorethanol (mit einer Halbwertszeit von etwa 8 h).
    • Die Schlaf induzierende Wirkung wird überwiegend diesem Alkohol zugerechnet.
    • Trichlorethanol wird glucuronidiert und über die Niere ausgeschieden. Aus diesem Grund ist Chloralhydrat bei Niereninsuffizienz kontraindiziert.
  • Daneben entsteht durch Oxidation Trichloressigsäure (pKS 0,7), die eine Eliminationshalbwertszeit von etwa 4 Tagen und eine hohe Plasmaproteinbindung aufweist.

Toxikologie

LD50 (Ratte, p.o.) 479 mg/kg
(Ratte, dermal) 3030 mg/kg
LD (Mensch, p.o.) 4 - 30 g
Pregnancy category C

Bemerkungen

  • Chloralhydrat ist ein starker Enzyminduktor, daher ist es bei schweren Lebererkrankungen kontraindiziert.
  • Aufgrund einer sich relativ rasch entwickelnden Toleranz, ist Chloralhydrat nur kurzfristig als Hypnotikum einsetzbar.

Geschichtliches

  • Chloralhydrat ist das älteste chemisch definierte Schlafmittel.
  • Es wurde 1832 von Justus von Liebig erstmals hergestellt.
  • Als Schlafmittel wurde es 1869 von Oskar Liebreich eingeführt. Er testete es, da er irrtümlich glaubte, die Substanz würde im Körper zum bereits bekannten hypnotisch wirkenden Chloroform abgebaut.

Notfallmedizin

Indikation

  • Sedierung im Kleinkindalter z.B. für Diagnostik und Transport, kindliche Krampfanfälle

Anwendung

Dosierung

  • Säuglinge (ab 6 kg): 0,5 (- 1) Rectiole
  • Kleinkinder (ab 12 kg): 1 (- 2) Rectiolen
  • Schulkinder (ab 24 kg): 2 (- 3) Rectiolen

Achtung

  • Kardiologische Überwachung erforderlich

Chemie

Strukturformel

Summenformel

C2H3Cl3O2

Molekülmasse

  • 165,40

IUPAC

  • 2,2,2-Trichlorethan-1,1-diol

CAS-Nummer

  • 302-17-0

Eigenschaften

Schmelzpunkt 49 - 53 °C
(andere Quellen) 52 - 57 °C
Siedepunkt 97,5 °C
Dampfdruck (20 °C) 1,3 kPa
Dichte (20 °C) 1,91 g/cm3
Löslichkeit (20 °C) 6600 g/L
(andere Quelle, 37 °C) 3830 g/L
(andere Quelle) 4750 g/L
log P 0,99
pKS (pKS1) 9,66
(pKS2) 11,0
(andere Quelle) 10,04

Sonstige Eigenschaften

  • Farblose durchsichtige Kristalle mit bitterem Geschmack und beim Erwärmen stechendem Geruch. 
  • Sehr gut löslich in Wasser. Löslich in Diethylether und Ethanol.
  • Örtliche Reizwirkung auf Haut- und Schleimhäute.

Bemerkungen

  • Chloralhydrat ist eine der wenigen Verbindungen, mit zwei Hydroxylgruppen an einem C-Atom, die dennoch stabil sind und widerspricht damit der Erlenmeyer-Regel. 
    • Grund für die Stabilität ist der stabilisierende, starke negative induktive Effekt (-I-Effekt) der drei Chlorliganden am benachbarten C-Atom. 

Analytik

Identität

  • Fujiwara-Reaktion (rot)
  • Ogstron-Reaktion
    • Bei der Umsetzung mit Natriumsulfid tritt eine Gelbfärbung auf, die nach Rot umschlägt und später in einen roten Niederschlag übergeht.

Biologie

Bemerkungen

  • Chloralhydrat wird zum Aufhellen von Pflanzenbestandteilen in der Mikroskopie eingesetzt.
  • Die Wirkung beruht darauf, dass Chloralhydrat Stärke zersetzt und so die sonst durch die Stärke überdeckten Strukturen besser erkennbar werden.

Sicherheit

GHS-Kennzeichnung

H- und P-Sätze

H-Sätze 301-319-315
P-Sätze 305+351+338-302+352-309-310

Gefahrstoffklasse

T

R- und S-Sätze

R-Sätze 25-36/38
S-Sätze (1/2)-25-45
 

www.BDsoft.de
pharm@zie
-
Bücher zum Thema Pharmazie bei Amazon