Chloralhydrat
Übersicht
Medizin
Typ
Indikationen
Kontraindikationen
Achtung
- Entwicklung von Abhängigkeiten möglich,
- Die Symptome bei einer Intoxikation ähneln denen einer Vergiftung mit Barbituraten.
Dabei besteht auch die Gefahr einer Atemdepression.
- Delir und Krämpfe bei plötzlichem Entzug!
Bemerkungen
- Chloralhydrat verursacht einen typischen, starken Mundgeruch. Dieser
trägt mit dazu bei, dass kaum Missbrauch mit der Substanz getrieben wird...
- Chloralhydrat schmeckt stark bitter und brennend, es reizt Haut und
Schleimhäute. Daher wird es in Gelatinekapseln (p.o.) und rektal (als
Einlauf) appliziert.
- Die Substanz wird vor allem älteren Patienten verschrieben, da sie nur
selten paradoxe Reaktionen verursacht. Daneben wird es bevorzugt in der
Pädiatrie (als Miniklistier) eingesetzt.
- Eine Veränderung von Stadien des NREM- sowie des REM-Schlafes ist nicht
nachweisbar.
Pharmakologie
Pharmakologie
Wirkungen
- Sedierend, einschlaffördernd mit raschem Wirkeintritt und ohne
Beeinflussung des Schlafprofils
Wirkmechanismus
- Wirkort und -mechanismus sind nicht genau geklärt, man vermutet, dass der
Metabolit Trichlorethanol eigentlich für die Wirkung verantwortlich ist.
- Diesem wird eine Verstärkung der Wirkung von GABA an GABAA-Rezeptoren
zugesprochen.
Die angegebenen Daten gelten für den Metaboliten
Trichlorethanol.
- Nach der Resorption entsteht rasch
(t1/2 = 4 min) über den Aldehyd und dessen Reduktion das hypnotisch
wirksame Trichlorethanol (mit einer Halbwertszeit von etwa 8 h).
- Die Schlaf induzierende Wirkung wird überwiegend diesem Alkohol
zugerechnet.
- Trichlorethanol wird glucuronidiert und über die Niere
ausgeschieden. Aus diesem Grund ist Chloralhydrat bei Niereninsuffizienz
kontraindiziert.
- Daneben entsteht durch Oxidation Trichloressigsäure (pKS 0,7),
die eine Eliminationshalbwertszeit von etwa 4 Tagen und eine hohe
Plasmaproteinbindung aufweist.
LD50 |
(Ratte, p.o.) 479 mg/kg
(Ratte, dermal) 3030 mg/kg
|
LD |
(Mensch, p.o.) 4 - 30 g
|
Pregnancy category |
C
|
Bemerkungen
- Chloralhydrat ist ein starker Enzyminduktor, daher ist es bei schweren
Lebererkrankungen kontraindiziert.
- Aufgrund einer sich relativ rasch entwickelnden Toleranz,
ist Chloralhydrat nur kurzfristig als Hypnotikum
einsetzbar.
Geschichtliches
- Chloralhydrat ist das älteste chemisch definierte Schlafmittel.
- Es wurde 1832 von Justus von Liebig erstmals hergestellt.
- Als Schlafmittel wurde es 1869 von Oskar Liebreich eingeführt. Er testete
es, da er irrtümlich glaubte, die Substanz würde im Körper zum bereits
bekannten hypnotisch wirkenden Chloroform abgebaut.
Notfallmedizin
Indikation
- Sedierung im Kleinkindalter z.B. für Diagnostik und Transport, kindliche
Krampfanfälle
Anwendung
- Säuglinge (ab 6 kg): 0,5 (- 1) Rectiole
- Kleinkinder (ab 12 kg): 1 (- 2) Rectiolen
- Schulkinder (ab 24 kg): 2 (- 3) Rectiolen
Achtung
- Kardiologische Überwachung erforderlich
Chemie
Strukturformel
C2H3Cl3O2
IUPAC
- 2,2,2-Trichlorethan-1,1-diol
Eigenschaften
Schmelzpunkt |
49 - 53 °C
(andere Quellen) 52 - 57 °C |
Siedepunkt |
97,5 °C |
Dampfdruck |
(20 °C) 1,3 kPa |
Dichte |
(20 °C) 1,91 g/cm3 |
Löslichkeit |
(20 °C) 6600 g/L
(andere Quelle, 37 °C) 3830 g/L
(andere Quelle) 4750 g/L |
log P |
0,99 |
pKS |
(pKS1) 9,66
(pKS2) 11,0
(andere Quelle) 10,04 |
Sonstige Eigenschaften
- Farblose durchsichtige Kristalle mit bitterem Geschmack und beim Erwärmen
stechendem Geruch.
- Sehr gut löslich in Wasser. Löslich in
Diethylether und Ethanol.
- Örtliche Reizwirkung auf Haut- und Schleimhäute.
Bemerkungen
- Chloralhydrat ist eine der wenigen Verbindungen, mit zwei Hydroxylgruppen
an einem C-Atom, die dennoch stabil sind und widerspricht damit der
Erlenmeyer-Regel.
- Grund für die Stabilität ist der stabilisierende, starke negative
induktive Effekt (-I-Effekt) der drei Chlorliganden am benachbarten
C-Atom.
Analytik
Identität
- Fujiwara-Reaktion
(rot)
- Ogstron-Reaktion
- Bei der Umsetzung mit Natriumsulfid tritt eine Gelbfärbung auf, die
nach Rot umschlägt und später in einen roten Niederschlag übergeht.
Biologie
Bemerkungen
- Chloralhydrat wird zum Aufhellen von Pflanzenbestandteilen in der
Mikroskopie eingesetzt.
- Die Wirkung beruht darauf, dass Chloralhydrat Stärke zersetzt und so die
sonst durch die Stärke überdeckten Strukturen besser erkennbar werden.
Sicherheit
GHS-Kennzeichnung
H- und P-Sätze
H-Sätze |
301-319-315 |
P-Sätze |
305+351+338-302+352-309-310 |
Gefahrstoffklasse
T |
R- und S-Sätze
R-Sätze |
25-36/38 |
S-Sätze |
(1/2)-25-45 |
|