Vitamin-K-Antagonisten

Übersicht


Medizin

Typ

Indikationen

  • Prophylaxe von Thromboembolien bei entsprechender Gefährdung, z.B. bei Vorhofflimmern oder Herzklappenersatz. (Langzeitmedikation)

Kontraindikationen

  • Schwangerschaft, Stillzeit
    • Vitamin-K-Antagonisten passieren die Plazentaschranke und gehen in die Muttermilch über.
    • Es kann zu Schäden in der Knorpel- und Knochenbildung des Kindes kommen, außerdem sind ZNS-Schäden möglich.
    • Für die Mutter besteht die Gefahr retroplazentarer Blutungen.

Arzneimittelinteraktionen

Effekte Substanzen
Veränderung der Metabolisierung
  • Substanzen mit hoher Plasmaeiweißbindung
    • Durch Verdrängung aus der Plasmaproteinbindung steigt die Blutungsneigung zunächst an, da mehr freier Wirkstoff im Blut vorhanden ist.
    • Dieser kann so nun aber auch schneller metabolisiert werden, so dass die Gerinnungshemmung negativ beeinflusst werden kann.
    • Es kann eine komplette Neueinstellung der Dosierung erforderlich werden.
Verringerung der Wirkung
Verstärkung der Wirkung

Unerwünschte Arzneimittelwirkungen

  • Erhöhte Blutungsgefahr
  • Hämorrhagische Hautnekrosen am Beginn der Behandlung
    • Vor allem bei Frauen nach einer Geburt und im Klimakterium können Hautnekrosen (Prädilektionsstellen Oberschenkelinnenseite, Bauch, Brustdrüsen) auftreten
  • Haarausfall

Anwendung

Dosierung

  • Die notwendige Dosierung muss für jeden Patienten individuell eingestellt werden, wobei die Kontrolle über den INR-Wert (International Normalized Ratio) erfolgt, der den früher verwendeten Quickwert abgelöst hat.
    • Der Quickwert sollte in einem Bereich von 15 - 30 % des Normalwertes liegen. Er wies jedoch teilweise große Unterschiede zwischen einzelnen Laboren auf.
    • Der INR berücksichtigt geräte- und reagenzienabhängige Einflüsse und ist damit vergleichbarer.
  • Die Kontrolle ist zunächst täglich, später alle zwei bis drei Wochen durchzuführen.
  • Ein INR von 4,5 sollte nicht überschritten werden.

Patientenhinweise

Bemerkungen

  • Die Synthese der Gerinnungsfaktoren hängt von dem in den Leberzellen herrschenden Konzentrationsverhältnis zwischen Vitamin K und seinen Antagonisten ab.

Pharmakologie

Typ

Pharmakodynamik

Vitamin K

  • Vitamin K fördert in der Leber die Anknüpfung von Carboxyl-Gruppen an Glutaminsäure-Reste in den Vorstufen der Gerinnungsfaktoren II, VII, IX und X (Eselsbrücke: "1972"). Diese Carboxyl-Gruppen sind für die Ca2+-vermittelte Bindung an Phospholipide notwendig.
  • Die verschiedenen Vitamin-K-Derivate stammen aus unterschiedlichen Quellen:
  • Alle sind hydrophob und benötigen zu ihrer Aufnahme Gallensäuren.

Wirkmechanismen

  • Vitamin-K-Antagonisten greifen als "falsches Vitamin K" in dessen Reaktionsweg ein:
    • Im Rahmen der Carboxylierungsreaktion der Gerinnungsfaktoren II, VII, IX und X wird Vitamin K zu einem Epoxid (Vitamin-K-Epoxid) umgewandelt.
    • Die Antagonisten interferieren mit dessen Rückführung zu "normalem" Vitamin K (Vitamin-K-Hydrochinon). Dadurch entsteht ein Mangel an aktivem Vitamin K.
  • Vitamin-K-Antagonisten hemmen auch die Synthese der die Blutgerinnung hemmenden Proteine C und S
    • Diese besitzen eine deutlich kürzere Halbwertszeit (Protein C nur wenige Stunden).

    • Da die Gerinnungsfaktoren deutlich längere Halbwertszeiten haben (Faktor X mehrere Tage), kommt es so zu Beginn einer Therapie zu einer Verschiebung des Verhältnisses von gerinnungshemmenden zu gerinnungsfördernden Effekten auf die Seite der gerinnungsfördernden. Die Thrombosegefahr ist erhöht.

      • Man gibt daher zu Beginn der Therapie zusätzlich parenteral andere (direkte) Antikoagulantien, meist niedermolekulare Heparine.

  • Die gerinnungshemmende Wirkung setzt daher erst nach ca. 1 - 3 Tagen ein. Je nach Substanz ist eine einmalige Gabe ausreichend, um eine Wirkungsdauer von ca. 2 bis 7 Tagen zu erreichen. Die Steuerbarkeit der Medikation ist somit gering.
  • Chemisch handelt es sich bei den Vitamin-K-Antagonisten um 4-Hydroxycumarin-Derivate.

Pharmakokinetik

Resorption

Distribution

Metabolisierung

  • Die Substanzen unterliegen einer weitgehenden Biotransformation (Hydroxylierung, Glucuronidierung, Sulfatierung).

Exkretion

  • Die Ausscheidung erfolgt vorwiegend renal in Form der Metaboliten.
  • Die Eliminationsgeschwindigkeiten schwanken stark interindividuell.

Geschichtliches

  • Link konnte im Jahr 1944 erstmals 3,3'-Methylen-bis-4-hydroxycumarin (Dicumarol) aus verdorbenem Süßklee isolieren, dessen Konstitution ermitteln und nachweisen, dass diese Substanz die Ursache einer seit den zwanziger Jahren im Norden der USA und in Kanada auftretenden Viehkrankheit war: Die befallenen Tiere zeigten eine schwere Blutungsneigung, an der die Mehrzahl von ihnen zugrunde ging.
  • Ein Vergleich der Strukturformeln von Dicumarol und Vitamin K (z.B. Menadion) zeigt die chemische Verwandtschaft der beiden Stoffe.
  • Ausgehend von dieser Beobachtung entwickelte man zunächst Warfarin, dessen Name klar auf den ursprünglichen erdachten Einsatzzweck hinweist: Kriegsführung (engl.: warfare).

Intoxikation

Antidota

  • Die Wirkung der Vitamin-K-Antagonisten kann durch Gabe von Vitamin K1 antagonisiert werden.
  • Da jedoch erst neue Gerinnungsfaktoren gebildet werden müssen, normalisiert sich die Gerinnbarkeit des Blutes erst nach Stunden bis Tagen.
    • Als Faustregel lässt sich sagen: 5 - 10 mg Vitamin K1 erhöhen den Quickwert innerhalb von 24 h um etwa 10 %.
  • In dringenden Fällen müssen daher die fehlenden Gerinnungsfaktoren substituiert werden.

Beispiele

Substanzen


 

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