HIV-Erkrankung
Definition
Erreger
Allgemeines
- HIV und somit auch die HIV-Erkrankung sind weltweit verbreitet. Die
Ausbreitung der HIV-Infektion ist jedoch sehr heterogen, die Variation
zwischen und innerhalb verschiedener Länder sehr groß.
- Im Jahr 2002 ging man von etwa 60 Millionen Infizierten seit dem ersten
Auftreten der Erkrankung aus, wovon damals noch etwa 42 Millionen
lebten.
- Die offiziellen Zahlen der WHO bzw. von UNAIDS für einige Jahre sind nachfolgend
wiedergegeben, wobei eine absolute Vergleichbarkeit aufgrund
unterschiedlicher statistischer Methodiken in verschiedenen Jahren nicht
unbedingt gegeben ist:
42.000.000 |
5.000.000 |
3.100.000 (davon 800.000 Kinder) |
- |
4.100.000 |
2.800.000 |
39.500.000 |
4.300.000 |
2.900.000 |
33.200.000 |
2.500.000 |
2.100.000 |
- Die höchste Prävalenz zeigt sich in afrikanischen Staaten, v.a. südlich
der Sahara.
- Nach Schätzungen aus dem Jahr 2006 stammen etwa 63 % aller
Infizierten weltweit aus dieser Region. Für 2002 wurden ca. 29,4 Millionen
Infizierte in dieser Region angegeben.
- Die Durchseuchung wird regional unterschiedlich auf 20 - 40 % der
Bevölkerung zwischen 15 und 49 Jahren geschätzt. Der Anteil von Frauen ist
hier mit ca. 59 % sehr hoch.
- Die genauen Zahlen über Infizierte in diesen Gebieten schwanken
jedoch erheblich, da sie meist auf Hochrechnungen beruhen. So wird ein
AIDS-Fall (z.T. sogar ohne Erregernachweis, sondern nur durch das
Vorliegen sogenannter "AIDS-definierender Erkrankungen"
diagnostiziert) mit einem bestimmten Faktor für eine mögliche
Dunkelziffer hochgerechnet. Dies führt zu teils abstrusen Behauptungen,
so etwa dass AIDS eigentlich gar nicht existiere, sondern nur von der
Pharmaindustrie erfunden sei, um mehr Gewinn zu machen...
- In den letzten Jahren ist der Anteil der infizierten Frauen weltweit
deutlich gestiegen. Waren es 1996 nur etwa 12 %, so waren es 2006
bereits knapp unter 50 %.
- Die stärksten Zuwachsraten bei Neuinfektionen werden derzeit in
Osteuropa, Ost- und Zentralasien verzeichnet. Für Asien werden ca. 8,6
Millionen Infizierte angegeben, wovon ca. 5,7 Millionen in Indien leben
(2006).
- Mitte der 1990er Jahre stabilisierte sich die Prävalenz
der HIV-Erkrankung in Westeuropa. Seit etwa 1997, als mit dem breiten
Einsatz der hochaktiven antiretroviralen Therapie (HAART)
begonnen wurde, ist die Mortalität
deutlich gesunken. Bei etwa gleichbleibender Inzidenz
steigt die Prävalenz seitdem
zwangsläufig an.
- Ende 2001 wurde die Zahl der Infizierten in Westeuropa auf 570.000, in
Deutschland auf 41.000, in Österreich auf 6.000 und in der Schweiz auf
19.000 geschätzt.
Situation in Deutschland
- Für 2008 wurden für Deutschland folgende Zahlen geschätzt:
Gesamt: 63.500
Männer: 51.800
Frauen: 11.700 |
10.500 |
2806 |
615 |
83.000 |
35.200 |
27.500 |
- Für das Jahr 2006 ging man von etwa 750 Todesfällen durch AIDS
aus.
- Seit etwa dem Jahr 2000 beobachtet man vor allem in den Metropolen eine
Zunahme ungeschützten Geschlechtsverkehrs unter homosexuellen Männern, da
sie AIDS als keine Gefahr mehr ansehen. In
diesen Populationen kam es daraufhin zunächst zu einem vermehrten Auftreten
der Syphilis und kurz darauf auch von
HIV-Neuinfektionen.
- Etwa 65 % der Neuinfektionen wurden 2008 aus dieser Gruppe gemeldet.
Bei Ihnen hat sich die absolute Anzahl der Neuinfektionen seit 2001
damit mehr als verdoppelt.
- Etwa 29 % der Neuinfektionen wurden im gleichen Jahr auf heterosexuellen
Geschlechtsverkehr zurückgeführt, wobei etwa 17 % dem "normalen"
Geschlechtsverkehr und etwa 12 % dem Geschlechtsverkehr mit Personen aus
Ländern mit hoher HIV-Prävalenz zugerechnet wurden.
- Insgesamt geht man davon aus, das sich etwa 33 % der infizierten Männer und 17 % der infizierten
Frauen im Ausland (v.a. in Südostasien bzw. im
südlichen Afrika) angesteckt haben.
- Intravenöser Drogenmissbrauch stand mit ca. 5 % der Infizierten an 4.
Stelle der wichtigsten Übertragungswege.
- Übertragungen des Virus von HIV-positiven Müttern auf das Neugeborene
wurden 2006 in 7 Fällen gemeldet, was einer Übertragungswahrscheinlichkeit
von < 1 % entspricht.
Bemerkungen
- Der Verlauf der Erkrankung weist große interindividuelle Unterschiede
auf, die von der Entwicklung des AIDS-Vollbildes innerhalb weniger Monate
nach der HIV-Infektion bis zu asymptomatischen immunkompetenten Verläufen
von mehr als zehn Jahren Dauer reichen.
- Die persistierende HIV-Infektion führt über die Zerstörung infizierter
Zellen, Autoimmunphänomene und Immundysregulation zur Verminderung der
zellulären Immunität. Insbesondere TH-Lymphozyten
werden angegriffen und vernichtet, was langfristig zu den
charakteristischen, opportunistischen Erkrankungen in der dritten Phase der
HIV-Erkrankung (AIDS) führt.
- Die Übertragung medikamentenresistenter Viren spielt derzeit in Europa
noch keine große Rolle. Für das Jahr 2005 rechnete man jedoch 2002 bereits
mit einer Rate von 15 % für Neuinfektionen durch resistente Viren.
- Weltweit ist der heterosexuelle Geschlechtsverkehr die häufigste
Übertragungsart der HIV-Infektion; in Westeuropa wird HIV
(noch) meist über homosexuelle Kontakte übertragen, in Südeuropa (noch)
durch intravenösen Drogenkonsum.
- Epidemiologisch gesichert ist bisher nur die Übertragung durch
parenterale Inokulation von erregerhaltigen Körperflüssigkeiten, Blut
bzw. Blutbestandteilen, d.h. insbesondere durch Geschlechtsverkehr,
Injektionen und Transfusionen.
- Die Infektiosität korreliert mit dem Ausmaß der Virämie. Sie ist
während der akuten Phase der HIV-Erkrankung am höchsten.
- Allgemein ist die Infektiosität des HI-Virus
geringer als die des Hepatitis-B-Virus.
- Weitere, ausführlichere Angaben zur Infektiosität sind auf der Seite HI-Virus
angegeben.
Inkubationszeit
- 2 - 6 Wochen (typisch)
- Die Viruslast im Blut steigt nach der Infektion und einer Lag-Phase
von etwa einer Woche bis (sehr selten) einigen Monaten extrem an, die
akute Phase beginnt.
- Aufgrund des Krankheitsverlaufs ist es schwierig von einer
Inkubationszeit im eigentlichen Sinne zu sprechen. Sie ist zudem von dem
Begriff der Latenzzeit abzugrenzen: Erstere bezieht sich auf die Zeit
zwischen Infektion und akuter Phase, letztere auf die Zeit zwischen der
akuten Phase und dem Ausbruch von AIDS.
Klinik
Allgemeiner Verlauf der HIV-Infektion
- Die Klinik der HIV-Erkrankung lässt sich in drei Phasen einteilen:
- Zunächst die relativ kurze und unspezifische akute Phase.
- Darauf folgend die in ihrer Länge interindividuell sehr
unterschiedlich lange klinische Latenz.
- Schließlich die dritte Phase, die als AIDS
bezeichnet wird.
- Schematisch lässt sich der zeitliche Verlauf der Erkrankung - wobei hier
von einer unbehandelten Erkrankung ausgegangen wird - etwa wie folgt
darstellen:
|
Schematischer Verlauf der HIV-Erkrankung |
- Ohne antiretrovirale Therapie dauert es demnach durchschnittlich 10 Jahre, bis die
Dysfunktion des Immunsystems so weit fortgeschritten ist, dass Symptome
und Folgekrankheiten auftreten, die die Manifestation von AIDS
definieren. Im Laufe von 20 Jahren ist dies für mindestens 90 % der
HIV-Infizierten zu erwarten.
|
Plasma-RNA und CD4+ T-Lymphozyten während der HIV-Erkrankung |
Stadium 1: Akute Phase (akutes retrovirales Syndrom)
- Nach der Inkubationszeit kommt es bei den meisten Patienten (> 90 %) zu
einem Krankheitsbild, das einer Mononukleose oder Influenza ähnlich ist.
- Spezifische Symptome fehlen und da so
meist kein HIV-Test durchgeführt wird, ist
ein Entdecken einer HIV-Infektion in diesem Stadium relativ selten.
- Klinische Manifestationen, die einen HIV-Test
rechtfertigen können sind ein varicelloformes Exanthem,
mukokutane Erosionen, Lymphadenopathie und eine nicht-eitrige
Pharyngitis.
- Da noch nicht sicher mit dem Vorliegen von Antikörpern gegen HIV
gerechnet werden kann, sind reine HIV-Antikörper-Tests hier
kontraindiziert.
- Da bis zum Auftreten der ersten "AIDS-Symptome" meist noch
Jahre vergehen, kann bei vielen Patienten diese initiale akute
Erkrankung nicht mehr sicher abgeklärt werden. Daher gibt es
Vermutungen, dass diese erste Phase auch asymptomatisch ablaufen kann.
- In seltenen Fällen fällt die CD4-Zellzahl so stark ab, dass
opportunistische Infektionen auftreten können (typischerweise orale
Candidiasis).
- Extrem selten können die Symptome der akuten Phase auch lebensbedrohliche
Ausmaße annehmen.
- Die Virämie ist während der akuten Phase am höchsten, die Zahl
zellfreier Virionen (sogenannte Plasma-RNA) beträgt bis zu 107
Kopien/ml.
- Durch die Infektion und die massive Virusproduktion werden CD4-Zellen
stark aktiviert. Gleichzeitig werden zytotoxische
T-Zellen (CD8+-Lymphozyten) proliferiert.
- Wahrscheinlich können diese durch noch nicht genauer bekannte
Faktoren ("Levy Faktor") die Produktion von HIV kontrollieren.
- NK-Zellen und Monozyten
erkennen virusinfizierte CD4-Zellen und töten diese ab.
- Die Anzahl der CD4-Zellen ist daher während der ersten, akuten Phase der
HIV-Infektion vermindert, jedoch nicht so auffällig, dass es einen direkten
Hinweis auf eine HIV-Infektion gibt.
- Nach der akuten Phase, deren Symptome einige Tage bis wenige Wochen dauern
können und vollständig abklingen, steigt die Anzahl der CD4-Zellen wieder
bis nahezu auf das Ausgangsniveau an. Die Anzahl der TS-Lymphozyten
ist meist leicht erhöht. Die Viruslast im Blut sinkt drastisch ab und
pendelt sich auf einem niedrigen Niveau ein.
- Das Absinken der Viruslast im Blut im Anschluss an die akute Phase ist
darauf zurückzuführen, dass infizierte CD4-Zellen durch das
Immunsystem, v.a. CD8-Zellen, angegriffen und abgetötet werden. Das
Ansteigen der CD4-Zellen ist auf ihre erhöhte Nachproduktion
zurückzuführen.
- Da jedoch nicht alle infizierten CD4-Zellen abgetötet werden, kann
auch das Virus nicht komplett aus dem Körper eliminiert werden.
- Spätestens nach dem Abklingen der akuten Phase sind Antikörper gegen HIV
im Blut des Infizierten nachweisbar. Diese vermögen es jedoch anscheinend
nicht infektiöse Viren zu hemmen (nicht neutralisierende Antikörper).
Stadium 2: Klinische Latenz
- An die akute Phase schließt sich eine als klinische Latenz bezeichnete
Periode an.
- Zu Beginn der klinischen Latenzphase fällt die Viruskonzentration stark
ab und pendelt sich auf ein individuell unterschiedlich hohes Niveau ein (set-point).
- Dennoch werden pro Tag etwa 1010 Viren gebildet, ihre
Halbwertszeit beträgt jedoch weniger als 1 h, so dass die im Blut
nachweisbare Konzentration relativ gering bleibt.
- Kurzfristige Abweichungen von diesem Gleichgewicht (steady state
level) zwischen Replikation und Clearance treten bei Infektionen
oder Schutzimpfungen auf.
- Die klinische Latenzphase kann zwischen 6 Monaten und > 10 Jahren
dauern.
- Da der Patient während dieser Phase symptomfrei ist, ist eine
Entdeckung einer HIV-Infektion hier auf Zufallsfunde durch HIV-Tests aus
unterschiedlichen Gründen beschränkt.
- Innerhalb der klinischen Latenzphase befinden sich HIV-Infizierte in einem
Zustand chronischer Immunaktivierung, wobei jede Komponente des aktivierten
Immunsystems potentiell protektive oder schädliche Auswirkungen auf die
HIV-Infektion haben kann.
- Bestimmte Komponenten der primären Immunantwort, z.B.
komplementbindende Antikörper, tragen signifikant zur Clearance von HIV
durch Einfangen ("trapping") im Netzwerk der follikulären
dendritischen Zellen des Lymphknotens bei.
- Dort kommt HIV extrazellulär in Immunkomplexen zu liegen und
stellt eine Quelle kontinuierlicher Neuinfektion dar.
- Diese kontinuierliche virale Aktivität ist bedeutsam, da
normalerweise mehr als 98 % der T-Lymphozyten in den lymphatischen
Organen lokalisiert sind.
- Neutralisierende Antikörper treten erst auf, nachdem das Virus im
Netzwerk der follikulären dendritischen Zellen eingefangen wurde.
- Die Produktion bestimmter Zytokine kann antivirale Effekte haben und
die Immunantwort verstärken, andere Zytokine verstärken jedoch die
Virusexpression und schwächen die Immunantwort; manche Zytokine können
beides (z.B. IL-2, Interferon-γ).
- IL-16 kann die Virusvermehrung in infizierten Zellen um ca. Faktor
10 drosseln, wobei die durch Vernetzung von CD4-Rezeptoren
eingeleitete Signalkaskade noch unbekannt ist.
- RANTES und die Makrophagen-Inhibitor-Proteine MIP-1α
und MIP-1β hemmen die Virusvermehrung
indem sie den zur Infektion benötigten
Corezeptor besetzen und so
die Virusfusion mit der Wirtszelle verhindern.
- Die auffälligste Veränderung des Immunsystems während der Erkrankung
ist die Verminderung der CD4+ T-Lymphozyten.
- Diese Zellen werden zum einen direkt vom HI-Virus
befallen und zerstört, doch neben dem direkt zytopathischen Effekt treten
auch andere, die CD4+-Zellanzahl beeinflussende Faktoren
auf.
- Dies zeigt sich z.B. darin, dass die CD4+-Zellzahl während
der gesamten Phase der klinischen Latenz abfällt, obwohl die
Viruskonzentration im Blut relativ niedrig und konstant bleibt.
- Die langfristig auftretende Suppression des Immunsystems beruht v.a. auf
folgenden Faktoren:
-
Zerstörung HIV-infizierter CD4+ T-Lymphozyten durch
spezifische zytotoxische T-Lymphozyten
- Insbesondere zu Beginn der Infektion werden HIV-spezifische
CD4-Zellen erkannt und ausgeschaltet. Dies führt über einen
Zeitraum von mehreren Jahren auch zu einer verminderten Funktion der
HIV-spezifischen CD8-Zellen aufgrund der abnehmenden T-Zellhilfe.
-
Störung der Aktivierung von TH-Lymphozyten
-
Störung der Funktion des Thymus und des Knochenmarks
- Störungen im "microenvironment" des Thymus und eine
Verminderung der Anzahl von Thymozyten tragen zur mangelhaften
Erneuerung der CD4+ T-Lymphozyten bei.
- Der Defekt der Hämatopoese im Knochenmark wird durch die Wirkung
viraler Proteine und HIV-induzierter Zytokine auf das Überleben und
das klonogene Potential der CD34+ Vorläuferzellen
mediiert.
-
Synzytienbildung
-
Zerstörung des lymphatischen Gewebes
- In frühen Stadien der HIV-Infektion (CD4+
T-Lymphozyten > 500 μl-1) findet man eine follikuläre
Hyperplasie der Lymphknoten; später (CD4+ T-Lymphozyten
200 - 500 μl-1l) geht diese in eine Involution des Lymphgewebes
mit zunehmender Fibrose über.
- In späten Stadien ist die Architektur der Lymphknoten
vollständig verloren, das lymphatische Gewebe durch Fibrose und
fettige Infiltration ersetzt.
- Die progressive Zerstörung des Lymphgewebes hat wichtige
Konsequenzen:
- Das Einfangen des Virus funktioniert nicht mehr, die
spezifische HIV-Immunantwort ist - ebenso wie die Immunantwort
auf andere Pathogene - gestört.
- Resultat ist der Verlust der Kontrolle über HIV, und damit
auch ein Anstieg der Virusmenge, vor allem im peripheren Blut.
-
Selektiver Verlust von T-Gedächtniszellen
- Zytotoxische T-Lymphozyten können neben Virus-exprimierenden
Zellen auch antigenpräsentierende Zellen zerstören und damit zur
Immunpathologie beitragen.
- Die chronische Immunaktivierung der CD8-Zellen ist mit einer
progressiven Verkürzung ihrer Telomere assoziiert; dieser Prozess
könnte den Wirkverlust dieser Subpopulation gegenüber HIV
erklären (replikative Seneszenz).
-
Gesteigerte Apoptose von CD4-Zellen
- Die gesteigerte Aktivierung der CD4-Zellen bedingt auch deren
vermehrte, CD95 (Fas) Ligand-mediierte Apoptose, denn durch
Virusproteine an der Oberfläche infizierter CD4-Zellen wird deren
Abtöten durch Killerzellen veranlasst.
- Es kommt zu einer sehr hohen Umsatzrate der CD4-positiven
Zellen von z.T. 2·109 Zellen pro Tag, wobei
allerdings bisher Zahlen zum physiologischen T-Zell-Turnover
fehlen.
- Die theoretische Halbwertszeit von produktiv infizierten
CD4-Zellen sinkt auf 1,6 Tage.
-
Gestörte Expression spezifischer Epitope auf T-Zellen
- Die Proliferation naiver CD4+ T-Lymphozyten im Blut
wird durch einen gestörten Zellzyklus gehemmt (virale Proteine
beeinträchtigen Signaltransduktion via T-Zell-Rezeptor).
- Die letztgenannten Faktoren stören die Interaktion von
antigenpräsentierenden Zellen mit T-Zellen.
- Dass einer der genannten Mechanismen das primäre pathologische Ereignis
darstellt, ist allerdings weniger wahrscheinlich, als dass sie alle
Epiphänomene einer generalisierten Immunaktivierung sind.
- Da der Körper langfristig nicht genügend CD4-Zellen nachbilden kann, um
die Verluste durch die Zerstörung durch CD8-Zellen und das Virus selbst
auszugleichen, kommt es im Laufe der Zeit zu einem relativ kontinuierlichen
Absinken der CD4-Zellanzahl.
- Das Verhältnis von CD4- zu CD8-Zellen, der sogenannte
CD4/CD8-Quotient, sinkt von normal etwa 2,0 auf 1,4 bis 0,3 ab.
- Ein weiteres Problem bei der Bekämpfung der Infektion durch das
körpereigene Immunsystem ist die hohe Variabilität viraler Strukturen,
bedingt durch die hohe Rate an Punktmutationen durch die Reverse
Transkriptase.
- Da gegen die veränderten Oberflächenstrukturen auf produktiv
infizierten CD4-Zellen jeweils zunächst neue spezifische
Antikörper, Gedächtniszellen etc. gebildet werden müssen, dauert
es einige Tage bis Wochen, bis eine adäquate Immunantwort erfolgen
kann. Innerhalb dieser Zeitspanne kann sich das Virus weiter
vermehren und erneut verändern.
- Aufgrund der Veränderungen, die das Virus während seiner Zeit im
Körper somit durchlaufen kann, werden auch eine Vielzahl von
Antikörpern gegen das Virus gebildet. Hat das Virus zufällig antigene
Strukturen, die denen normaler Körperzellen ähnlich sind, können
somit auch Antikörper gegen normale Körperzellen gebildet werden. Die
Folge sind Autoimmunreaktionen.
- Gegen Ende der klinischen Latenz kommt es zu einem relativ raschen Anstieg
der Viruslast im Blut, der jedoch nicht mit einer besonders raschen Abnahme
der CD4-Zellen korreliert ist.
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|
Zur Abnahme der CD4-Zellanzahl führende Prozesse (Auswahl) |
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Teufelskreis der Progression der HIV-Erkrankung |
Rolle der CD8-Zellen
- CD8-Zellen spielen bei der initialen Immunantwort eine wesentliche Rolle.
- Zytotoxische T-Zellen lysieren HIV-infizierte CD4-Zellen und produzieren
Chemokine, die an die Chemokin-Rezeptoren von CD4-Zellen, die das HI-Virus
zum Eintritt Zelle benötigt, binden und somit gegenüber dem Virus
blockieren.
- CD8-Zellen kontrollieren so partiell die HIV-Replikation während der
ersten Phase der Virämie.
- Die Fähigkeit der CD8-Zellen ein "immunologisches Gedächtnis"
auszubilden, das eine spezifische Antwort bei einem Zweitkontakt mit einem
Erreger auszulösen, spielt hierbei eine entscheidende Rolle. Daneben sind
ihre Fähigkeit zur Zytokin-Synthese und zur HIV-spezifischen Proliferation
für die körpereigene Kontrolle der HIV-Infektion von Bedeutung.
- Eine HIV-spezifische Proliferation von CD4-Zellen lässt sich hingegen
nur in einem kleinen Teil der Patienten (< 5 %) beobachten, bei dem
auch ohne HAART die Zahl der CD4-Zellen bei
gleichzeitig niedriger Viruslast über lange Zeit (z.T. > 10 Jahre)
stabil bleibt.
- Typisch für diese sogenannten LTNP (Long-Term-Non-Progressors,
Langzeit nicht progrediente Patienten) ist eine zusätzlich sehr starke
HIV-spezifische CD8-Zell-Reaktivität.
- Verglichen mit Patienten, die eine rasche Progression zeigen, ist bei LTNP
zusätzlich der Perforingehalt der CD8-Zellen besonders niedrig.
- Da Perforin dazu dient, die Zellmembran der abzutötenden Zellen
aufzulösen, können die CD8-Zellen von LTNP daher auch nicht so viele
CD4-Zellen abtöten, wie dies bei Patienten mit hohen Viruslasten und
rascher Krankheitsprogredienz der Fall ist.
- Für die Zeitspanne des symptomfreien Intervalls ist also auch die
Aktivität und Potenz der CD8-Zellen mitentscheidend. Patienten mit
niedrigem Perforingehalt in ihren CD8-Zellen, was man beim Gesunden eher
als negativ ansehen würde, haben hier einen Vorteil, da weniger
CD4-Zellen abgetötet werden und die Zerstörung des Immunsystems somit
langsamer voranschreitet.
- Die Dauer des symptomfreien Intervalls kann so, wie bereits erwähnt,
von etwa einem halben Jahr bis zu über 10 Jahre schwanken.
- Im Verlauf der Erkrankung kommt es zu einer Veränderung im Muster der
produzierten Zytokine. So geht der Anteil der für TH1-Lymphyzyten
typischen Zytokine
IL-2, IFN-γ,
IL-12 und TNF-α
zugunsten der für die TH2-Lymphozyten
typischen IL-4 und IL-5
zurück.
- IL-4 und IL-5
führen zu Hypergammaglobulinämie sowie erhöhter Allergieneigung in
fortgeschrittenen Stadien der HIV-Erkrankung.
Autoimmunphänomene
- Bereits im Frühstadium der Erkrankung findet sich eine
Hypergammaglobulinämie, die vermutlich durch den verstärkten Einfluss der
von den TH2-Lymphozyten
produzierten Zytokine IL-4
und IL-5 bedingt ist.
- Meist sind dabei Antikörper
der Klasse IgG
polyklonal (also gegen mehrere verschiedene Antigene) erhöht, aber auch
andere spezifische Antikörperklassen treten vermehrt auf.
- Ein Anstieg von IgA
im Serum auf über 5 g/l gilt als prognostisch ungünstiger Parameter
für den weiteren Krankheitsverlauf.
- Starke Hypergammaglobulinämien (v.a. von Kryogloblinen = kältelabile
Immunglobuline) können zu Störungen der Plasmaviskosität führen, die
bis zu thrombotischen Verschlüssen von Kapillaren und peripheren
Arteriolen führen kann.
- Aufgrund einer permanent hohen Viruslast im Blut kann durch im Blut
zirkulierende Immunkomplexe (CIC) eine Immunkomplexnephritis ausgelöst
werden.
- Im Rahmen der polyklonalen Erhöhung der Immunglobuline
findet man häufig die folgenden Autoimmunantikörper:
- Während die erstgenannten Autoimmunantikörper meist ohne pathologische
Bedeutung bleiben, können die antizellulären Antikörper zu schweren
Zytopenien führen. Im Falle einer Thrombopenie ist eine Therapie mit
Glukokortikoiden indiziert.
- Aufgrund von Kreuzreaktionen von IgG
und IgM können
verschiedene zur Infektdiagnostik verwendete Komplementbindungsreaktionen
falsch positiv ausfallen.
Stadium 3: Phase der ausgeprägten Immuninsuffizienz, AIDS
- Diese dritte Phase der HIV-Erkrankung wird allgemein als AIDS
bezeichnet. Sie wird auf einer gesonderten Seite behandelt.
- Neben der Klassifikation nach Walter Reed und der nach den Centers for
Disease Control (CDC) gilt eine 1991 von der WHO vorgeschlagene Einteilung,
die HIV-Patienten in drei klinische und drei Laborkategorien einteilt.
- Rückstufungen innerhalb dieser Klassifikationen sind auch nach klinischer
oder immunologischer Besserung nicht vorgesehen.
- Die neun möglichen Kategorien werden zu drei Stadien zusammengefasst.
- Stadium 1 hat eine gute, Stadium 2 eine intermediäre und Stadium 3 (AIDS)
eine schlechte Prognose.
- Seit 1993 gilt in den USA eine geänderte Definition, bei der alle
Patienten mit einer Anzahl der T-Helferzellen unter 200 µl-1
unabhängig vom klinischen Bild in Stadium 3 zusammengefasst werden. Diese
Erweiterung wird z.T. auch in Europa eingesetzt.
CDC-Klassifikation (1993)
Stadium I |
Stadium I |
Stadium III |
Stadium I |
Stadium II |
Stadium III |
Stadium II |
Stadium II |
Stadium III |
Die hier verwendeten Bezeichnungen "Stadium I - III" haben nichts
mit den verschiedenen Stadien der HIV-Erkrankung zu tun, sondern sind
unabhängig davon als Maß des Schweregrades der Immuninsuffizienz zu
verstehen.
- Eine rein klinische Diagnose unter Zugrundelegung der AIDS-definierenden
Erkrankungen ist praktisch nur noch in Entwicklungsländern anzutreffen.
- Dieses Vorgehen ist einer der Hauptgründe für vielfältige,
großteils nicht haltbare, Angriffe auf die AIDS-Forschung.
- Der Nachweis spezifischer Antikörper, viraler Proteine und/oder viraler RNA
mittels standardisierter serologischer Testverfahren ist als sehr sicher zu
werten.
- Die einzelnen eingesetzten Testverfahren sind auf der Seite HIV-Tests
zu finden.
Unspezifische klinische und serologische Nachweise
- Während der akuten HIV-Krankheit ist eine Thrombozytopenie nicht
ungewöhnlich. Charakteristischer sind eine ausgeprägte Leuko- und
Lymphopenie. Diese bedingt die niedrige CD4-Zellzahl, die später wieder
ansteigt, meist aber nicht den Ausgangswert erreicht. Die Anzahl der TS-Lymphozyten,
steigt zunächst an.
- Der Quotient aus Helfer- und Suppressorzellen, die CD4/CD8-Ratio, ist in
den ersten Tagen der akuten HIV-Erkrankung noch normal > 1, wird aber bei
vielen Patienten schon in der zweiten Krankheitswoche kleiner als 1.
- Gelegentlich kann eine meningoenzephalitische Symptomatik
bestehen, ohne dass im EEG oder in der Schädel-CT dafür ein Korrelat zu
finden wäre. Im Liquor kann in diesen Fällen eine lymphozytäre Pleozytose
mit bis zu einigen Hundert Drittelzellen vorliegen.
- Eine signifikante Erhöhung der Serum- und Harnkonzentration von Neopterin
als unspezifischem diagnostischen Parameter für eine Virus-reduzierte
immunologische Aktivierung erfolgt frühzeitig nach HIV-Infektion und
persistiert in der Regel; der Grad der Erhöhung hat prognostische
Bedeutung.
- Ein weiterer Parameter für eine fortschreitende Immunschwäche ist die
kutane Anergie, d.h. das Ausbleiben der erwarteten Hautreaktion beim
Tuberkulin- oder ähnlichen Tests (v.a. als sogenannter Multitest mit
zahlreichen Antigenen).
- In fortgeschrittenen Stadien findet sich außer einem erniedrigten
CD4/CD8-Quotienten (< 0,5) und einer verminderten Anzahl von Helferzellen
(< 250 µl-1) sehr häufig Leukopenie,
Thrombopenie, leichte Anämie.
- Typische Befunde der Lymphknotenhistologie sind eine follikuläre
Hyperplasie bei gleichzeitiger Lymphopenie, bei histologischer Untersuchung
des Thymus totale Atrophie mit nahezu vollständigem Fehlen von
Hassall-Körperchen.
- Als "Nebeneffekt" des Erlöschens der normalen immunologischen
Reaktionen wird die Beurteilung klinisch-serologischer Befunde zunehmend
schwieriger (fehlender Antikörpertiter-Anstieg bei verschiedenen
Infektionen).
Differentialdiagnose
- Die differentialdiagnostische Abgrenzung gegen die schlecht definierte
Nezelof-Krankheit sowie das DiGeorge-Syndrom, Wiskott-Aldrich-Syndrom,
Louis-Bar-Syndrom und andere Dysproteinämien erfolgt mittels der
HIV-Serologie.
Therapie
Antivirale Therapie
Supportive Therapie
- Hinweise zur supportiven Therapie sind auf der Seite AIDS
zu finden.
Prognose
Allgemeines
- Die Prognose variiert erheblich und ist abhängig von der virologischen
und immunologischen Ausgangslage, der Therapie und individuellen Faktoren.
- So ist das Lebensalter der stärkste die Progression bestimmende Faktor
und zwar, außer bei Säuglingen, über das gesamte Altersspektrum hinweg.
Die Erkrankung schreitet mit zunehmendem Lebensalter schneller voran.
- Ein heterozygoter Defekt im vom HI-Virus
als Corezeptor genutzten CCR5 kann die Progression mäßig verzögern. Eine
raschere Progression zeigen hingegen Patienten, die bestimmte Allele des
HLA-B35 tragen (HLA-B35-Px).
- Von besonderer Bedeutung für die Prognose der HIV-Infektion ist zudem die
Höhe der Virusreplikation, die durch die Messung der Viruslast bestimmbar
ist.
- Nach der Serokonversion stellt sich ein für den Infizierten
charakteristischer Viruslastwert ein; ein Wert deutlich unter 10.000
RNA-Kopien pro ml gilt als guter prognostischer Parameter; höhere
Werte, v.a. solche im Bereich von 100.000 RNA-Kopien pro ml, zeigen ein
hohes Risiko für die Progression zu AIDS in
den folgenden zehn Jahren an.
- Es gibt Hinweise, dass Individuen mit einer ausgeprägten Reaktion
während der akuten Phase der HIV-Erkrankung eine raschere Progression
haben, als solche, die mit wenigen Symptomen serokonvertieren.
- Keinen (unabhängigen) Einfluss auf den Verlauf haben:
- Ethnische Herkunft
- Geschlecht
- Frauen zeigen dennoch aus bislang ungeklärten Gründen in den
ersten Jahren nach der Infektion signifikant oft geringere
Virusmengen im peripheren Blut.
- Infektionsweg
- Eine Ausnahme hiervon besteht für die ersten Lebensjahre bei
Infektionen durch perinatale Übertragung.
- Studien über die Rolle von Alkohol und depressiver Verstimmung auf den
Abfall der CD4+ T-Lymphozyten kommen zu widersprüchlichen
Ergebnissen - offenbar sind diese Einflüsse nur von marginaler Bedeutung.
- Die zeitweise proklamierte Verlangsamung der Progression der
HIV-Erkrankung durch eine parallele Infektion mit Hepatitis G (HGV, GBV-C)
ist nach neueren Studien als haltlos anzusehen.
Progressionsparameter
- Progressionsparameter sind Marker, die Aussagen über das erreichte
Stadium der HIV-Infektion (vgl. Klassifikation) sowie über den in den
nächsten Monaten (bis wenigen Jahren) zu erwartenden Verlauf zulassen. Sie
können damit bei Entscheidungen hinsichtlich prophylaktischer
therapeutischer Maßnahmen helfen.
- Bei der HIV-Erkrankung sind immunologische, klinische und virologische
Marker von Interesse:
Immunologische Marker
- Die quantitative Bestimmung der CD4+ T-Lymphozyten im
peripheren Blut ist seit Beginn der HIV-Epidemie die zentrale Methode.
- Häufig ist zur Beurteilung der Progression der HIV-Infektion der Anteil
der CD4-Zellen oder die Rate des CD4-Abfalls ("slope") wertvoller
als die absolute Zahl der CD4-Lymphozyten.
- Der durchschnittliche Abfall der CD4+ T-Lymphozyten
beträgt 60 - 80 Zellen pro µl und Jahr, wobei hier auch starke
Abweichungen auftreten können.
- Patienten mit niedrigem Hämoglobin, einem Ausdruck einer generellen
Immunaktivierung, zeigen allgemein eine raschere Progression, unabhängig
von der Zahl der CD4+ T-Lymphozyten und der Menge der im Plasma
nachweisbaren viralen RNA.
- Lösliche Marker der Immunaktivierung, z.B. Neopterin und lösliche
Rezeptoren für Tumor-Nekrose-Faktor (sTNFR), haben an Bedeutung verloren,
bringen aber in gewissen Konstellationen zusätzliche Information.
Klinische Marker
- Als klinische Marker dienen verschiedene opportunistische und
AIDS-definierende Erkrankungen, die auf der Seite AIDS
behandelt werden. Der zuverlässigste klinische Marker ist die orale
Candidiasis.
- Klinische Marker sind insgesamt als wenig sensitiv zu werten, weil sie
keine Messgröße sind, die bei allen HIV-Infizierten zu einem gegebenen
Zeitpunkt erhoben werden können.
Virologische Marker
- Die sich nach der akuten Phase einstellende initiale Plateaukonzentration
der viralen Plasma-RNA hat einen prädikativen Wert für den Zeitpunkt der
Manifestation von AIDS.
Impfung
Schutzimpfung gegen HIV
- Obwohl verschiedene Arbeitsgruppen mit unterschiedlichen Verfahren an
einer protektiven Vakzine arbeiten, ist ein sicher protektiver Impfstoff
derzeit nicht in Sicht.
- Probleme bereiten u.a. die Entwicklung einer Immunität auf Schleimhäuten
und die Antigenvariabilität von HIV.
Schutzimpfungen bei bestehender HIV-Erkrankung
- Impfungen stellen auch bzw. v.a. bei HIV-Infektionen einen sinnvollen
Schutz gegen viele Infektionskrankheiten dar. Allerdings sollte vor einer
Impfung der aktuelle Immunstatus überprüft werden und nicht jede Impfung
bei sehr schwachem Immunsystem durchgeführt werden.
- Generell sollte jede Impfung nur bei einer CD4-Zellzahl > 200 µl-1
durchgeführt werden, da sonst eine adäquate Immunantwort ausbleiben kann.
- Kontraindiziert sind folgende aktive Schutzimpfungen:
- BCG
- Gelbfieber
- Orale Polioimpfung
- Typhus-Lebendimpfstoff.
Prophylaxe
Expositionsprophylaxe
- Die Prophylaxe einer HIV-Infektion nimmt einen extrem wichtigen
Stellenwert ein, da keine völlige Heilung durch bisherige Therapien
erreicht werden kann.
- Die wichtigsten Punkte einer Infektionsprophylaxe sind die strikte
Vermeidung des Kontakts mit Blut
und Sperma sowie von Nadelstichverletzungen
- Die seit Mitte 1985 durchgeführten HIV-Antikörperkontrollen haben
eine HIV-Übertragung durch Blutprodukte extrem unwahrscheinlich
gemacht.
- Geeignete Handschuhe sollten heute bei jeder Arbeit mit Blut oder
Blutprodukten Standard sein!
- Bei Sexualkontakten kann die konsequente Verwendung von Präservativen
bei entsprechender Risikokonstellation das HIV-Infektionsrisiko
erheblich vermindern.
- Die Infektiosität von Speichel und Präejakulat wird kontrovers
diskutiert.
- Bei Stichverletzungen wird sofortige Blutungsinduktion und
Desinfektion empfohlen. Zusätzlich kann eine Postexpositionsprophylaxe
durchgeführt werden.
Postexpositionsprophylaxe
- Sollte ein direkter Kontakt mit erregerhaltigem Material wahrscheinlich
sein, so kann eine Postexpositionsprophylaxe durchgeführt werden. Der Wert
dieser Maßnahmen ist z.T. noch umstritten, erfordert in jedem Fall die
Einwilligung des Patienten (da Off-Label-Use der Medikamente) und sollte
innerhalb von 1 - 2 h nach dem Erregerkontakt erfolgen.
- Bei Erregerkontakt über weitgehend unverletzte Schleimhäute kann der
Beginn einer Expositionsprophylaxe auch noch nach bis zu 72 h sinnvoll
sein, allerdings sinkt die Erfolgswahrscheinlichkeit mit zunehmender
Dauer seit dem Erregerkontakt deutlich.
- Eingesetzt wird eine Kombinationstherapie, wie sie auch im Rahmen der HAART
üblich ist.
- Hierbei sollten die Substanzen Nevirapin
und Nelfinavir aufgrund
ihrer geringeren unerwünschten Nebenwirkungen bevorzugt werden.
Meldepflicht
- Der gesicherte Nachweis von HIV-Antigenen oder von HIV-Nukleinsäure ist
nach der Laborberichtsverordnung vom behandelnden oder sonst hinzugezogenen
Arzt dem zentralen AIDS-Infektionsregister beim Robert-Koch-Institut in Form
eines anonymen Berichts zu melden.
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