AT1-Rezeptor-Antagonisten
Synonyme
- Angiotensin-II-Rezeptor-Antagonisten, AT1-Antagonisten, "Sartane"
Übersicht
Medizin
Typ
Definition
Indikationen
Kontraindikationen
- Schwangerschaft
- Im Tierversuch wurden Beeinträchtigungen der Entwicklung der Föten
nachgewiesen
- Schwere Leberinsuffizienz
- Beidseitige Nierenarterienstenose, schwere Niereninsuffizienz
- Hyperkaliämie
- Primärer Hyperaldosteronismus
- Antihypertensiva
- Gegenseitige Verstärkung der antihypertensiven Wirkung
- Allopurinol
- Bei gemeinsamer Einnahme evtl. leicht erhöhtes Risiko für immunologische
Reaktionen wie Leukopenie oder Stevens-Johnson-Syndrom, insbesondere bei
Vorliegen einer Niereninsuffizienz
- Kaliumsparende Diuretika (z.B. Aldosteronantagonisten),
Kaliumsalze, Ciclosporin
- Lithium
- Erhöhung der Lithium-Plasmakonzentration
- Narkotika
- Verstärkung der blutdrucksenkenden Wirkung
- Nicht-steroidale Antiphlogistika
- Abschwächung der blutdrucksenkenden Wirkung
und mögliche Nierenfunktionsstörungen
- Nicht-steroidale Antiphlogistika
führen zu einer verminderten Produktion von Prostacyclin
(PGI2), das am Vas afferens des Glomerulums normalerweise
gefäßerweiternd wirkt. Die Verminderung der PGI2-Produktion
sorgt somit also für einen verminderten Blutfluss in die Glomeruli,
einen geringeren Perfusionsdruck und eine verminderte Diurese. Die
verminderte Diurese bewirkt eine stärkere Na+- und
Wasserretention mit nachfolgend erhöhtem Blutdruck. Der verminderte
Perfusionsdruck durch verminderten Bluteinstrom kann außerdem in
Kombination mit der durch den AT1-Rezeptor-Antagonisten verursachten
Gefäßerweiterung auf der efferenten Seite des Glomerulus - mit der
Folge eines leichteren Blutabstroms - den Perfusionsdruck soweit
absenken, dass Nierenfunktionsstörungen bis hin zum akuten
Nierenversagen auftreten können.
- Kopfschmerzen, Müdigkeit, Schwindel
- Nierenfunktionsstörungen
- Insbesondere bei Stenose der Nierenarterien und Hyperkaliämie von Bedeutung, daher dann
kontraindiziert.
- Angiotensin II
bewirkt am Vas efferens des Nephrons normalerweise eine Vasokonstriktion
über die der Perfusionsdruck im Tubulusapparat mit aufrecht erhalten
wird (Regulation des Abflusses). Wird die Wirkung von Angiotensin
II blockiert, so kann u.U. der notwendige Perfusionsdruck nicht mehr
aufrecht erhalten werden und die Filtrationsleistung sinkt. Bei normaler
Nierenfunktion ist der Einfluss von Angiotensin
II gering, weshalb hier keine Probleme zu erwarten sind. Ist die
Filtrationsleistung jedoch auf eine starke Konstriktion am Vas efferens
angewiesen, kann dieser Effekt kritisch werden.
- Hypotonie
- Angioödem (selten)
- Anstieg von Leberenzymen (1 - 2 %)
- Bei den meisten betroffenen Patienten bildete sich der Anstieg
innerhalb der Therapie wieder zurück.
Anwendung
- Die genauen Dosierungen sind bei den Einzelsubstanzen angegeben.
- Eine einmal tägliche Gabe ist bei allen derzeit eingesetzten AT1-Rezeptor-Antagonisten
für eine 24stündige Blutdrucksenkung ausreichend.
Äquivalenzdosen
16 mg |
800 mg |
150 mg |
100 mg |
20 mg |
40 mg |
160 mg |
Bemerkungen
- Eine Kombination mit einem Thiazid-Diuretikum zur Verstärkung der
antihypertensiven Wirkung ist sinnvoll. Der Hyperkaliämiegefahr des AT1-Rezeptor-Antagonisten
wird dadurch durch die verstärkte Kaliumausscheidung durch das
Thiazid-Diuretikum begegnet.
- Eine Kombination mit einem Renin-Inhibitor oder einem ACE-Hemmer ist meist
nicht sinnvoll. Es wurden vermehrt Blutdruckabfälle, Hyperkaliämien und
Störungen der Nierenfunktion beschrieben.
Pharmakologie
Typ
Wirkungen
- Blutdrucksenkung
- Während die Substanzen bei gesunden Probanden mit normalem Blutdruck
und ohne NaCl-Defizit den systolischen Blutdruck nur um 2 - 3 mmHg
absenken, führen sie bei Patienten mit primärer arterieller Hypertonie
zu einer Senkung des systolischen Blutdrucks von etwa 5 - 15 mmHg und
des diastolischen Blutdrucks von 5 - 10 mmHg.
- Bei bestehendem NaCl-Defizit kann die Wirkung nahezu verdoppelt
sein.
Wirkmechanismen
- Die Angiotensin-II-Rezeptor-Antagonisten greifen direkt am AT1-Rezeptor
für Angiotensin II an.
- Alle derzeit auf dem Markt befindlichen Substanzen zeigen dabei eine
mindestens 10000fach höhere Affinität zum AT1- als zum AT2-Rezeptor.
-
Der Rezeptor wird - je nach Substanz - kompetitiv oder nicht-kompetitiv gehemmt, so
dass Angiotensin
II dort keine Vasokonstriktion
mehr hervorrufen kann.
- Angiotensin-II-Rezeptor-Antagonisten greifen somit nur indirekt ins Renin-Angiotensin-Aldosteron-System
ein. Dennoch scheint die Hemmung effektiver zu sein, als bei den direkt
eingreifenden ACE-Hemmern.
- Da die Produktion von Angiotensin
II nicht allgemein eingeschränkt wird und die bisherigen
Angiotensin-II-Rezeptor-Antagonisten selektiv den Untertyp AT1
des Angiotensin-II-Rezeptors blockieren, kann das gebildete Angiotensin
II über AT2-Rezeptoren weiterhin wirken.
- Da das vorhandene Angiotensin II weniger an AT1-Rezeptoren
binden kann, steht somit relativ gesehen mehr Angiotensin II für die
Besetzung von AT2-Rezeptoren zur Verfügung. Die Aktivierung
von AT2-Rezeptoren scheint positive Effekte auf das Herz
zu haben.
- Die unerwünschte
Arzneimittelwirkungen scheinen nur gering ausgeprägt. Besonders der bei
ACE-Hemmern häufig auftretende Reizhusten wird
bei Angiotensin-II-Rezeptor-Antagonisten nicht beobachtet, was auf die
ausbleibende Hemmung des Abbaus von Kininen, insbesondere von Bradykinin,
zurückgeführt wird.
- Dadurch kommt es jedoch auch nicht zu einer evtl. positiven Vasodilatation
durch eine erhöhte Konzentration an Bradykinin.
- Bei Langzeitanwendung von AT1-Antagonisten, kann es zu einer Erhöhung der
Plasmakonzentrationen von Renin, Angiotensin I und Angiotensin II kommen, da
auch
die negative Rückkopplung auf die Neubildung dieser Substanzen
behindert wird.
Vorteile
- Beim plötzlichen Absetzen des Arzneimittels ist - anders als z.B. bei β-Adrenozeptor-Antagonisten
- keine Rebound-Hypertonie zu erwarten.
- Beim Vergessen einer einzelnen Tagesdosis bleibt die antihypertensive
Wirkung weitgehend bestehen.
- Keine negativen Effekte auf den Fett- und Glucosestoffwechsel.
- Keine Toleranzentwicklung bei Langzeittherapie.
- Die pharmakokinetischen Eigenschaften der
Angiotensin-II-Rezeptor-Antagonisten sind relativ unterschiedlich.
- Die deutlichsten Unterschiede zeigen die Substanzen hinsichtlich ihrer relativen
Bioverfügbarkeiten. Während die meisten eingesetzten Substanzen nur
Werte von ca. 15 - 30 % erreichen, ist Irbesartan
bei oraler Gabe zu 60 - 80 % bioverfügbar.
Bewertung
Geschichtliches
- Die ersten Vertreter dieser Arzneistoffgruppe wurden 1982 erstmals
synthetisiert.
- 1995 wurde Losartan als erste Substanz in Deutschland auf den Markt gebracht.
- 1996 folgte Valsartan, 1997 Eprosartan, Irbesartan und Candesartan, 1999
Telmisartan und 2002 Olmesartan.
Technologie
Bemerkungen
- Alle derzeit (2013) auf dem Markt befindlichen Substanzen haben so lange
pharmakokinetische Halbwertszeiten, dass auch ohne besondere
Retardierungsmaßnahmen eine einmal tägliche Gabe ausreichend ist.
- Die Substanzen sind zudem alle nicht säurelabil, weshalb die Tabletten
prinzipiell alle geteilt und auch gemörsert werden können.
Beispiele
Substanzen
|