Schilddrüsenhormone
Übersicht
Medizin
Typ
Indikationen
Kontraindikationen
Relative Kontraindikationen
- Bei korrekter Dosierung muss nicht mit Nebenwirkungen gerechnet werden.
- Überdosierung führt zu den Symptomen einer Hyperthyreose.
Anwendung
Bemerkungen
- Mittel der 1. Wahl ist - wegen der langen Wirkdauer und der dadurch
erreichbaren relativ konstanten Hormonblutspiegel - Thyroxin.
Pharmakologie
Typ
Anwendung
- Die Dosierung der Schilddrüsenpräparate erfolgt individuell unter
entsprechender Kontrolle.
- Wegen der hohen Kumulationsgefahr wird die Therapie mit niedrigen Dosen
begonnen, dann steigert man die Dosis.
- Die mittlere tägliche Erhaltungsdosis bei einer Substitutionsbehandlung
mit Schilddrüsenhormonen sowie bei der Suppressionstherapie einer euthyreoten
Struma beträgt für Thyroxin
0, 1 - 0,2 mg.
- Zur Rezidivprophylaxe der euthyreoten
Struma nach Strumaektomie werden meist nur 0,025 - 0,1 mg T4
benötigt. Von wenigen Ausnahmen abgesehen muss die Behandlung
lebenslänglich durchgeführt werden.
- In der Schwangerschaft ist der Bedarf um etwa 40 % erhöht.
- Von der Schilddrüse
werden täglich ca. 90 µg T4
und 8 µg T3
sezerniert.
- Peroral zugeführtes Thyroxin
wird zu ca. 80 %, Triiodthyronin
zu ca. 90 - 100 % resorbiert, wobei gleichzeitige Nahrungsaufnahme die
Resorption deutlich verringert.
- Das im Blut zirkulierende Thyroxin
(ca. 6 - 12 µg/dl) ist nahezu vollständig an Eiweiß gebunden. Nur 0,05 %
liegen frei vor.
- Ungefähr 60 % sind an Thyroxin-bindendes Globulin (TBG), 30 % an
Thyroxin-bindendes Präalbumin (TBPA) und ca. 10 % an Albumin
gebunden.
- Der freie Anteil von Triiodthyronin
liegt mit 0,5 % etwa zehnmal höher als der von Thyroxin.
- Estrogene
erhöhen die TBG-Konzentration im Plasma, während Nebennierenrindenhormone
und Androgene die
TBG-Konzentration erniedrigen. Die dadurch verursachte Veränderung der
Konzentration des freien und damit aktiven Hormons wird jedoch über eine
Anpassung der TSH-Sekretion rasch ausgeglichen.
- Thyroxin wird in der
Peripherie, vor allem in Leber
und Niere, durch die
5'-Deiodase (Thyroxindehalogenase) zu T3
bzw. rT3 umgewandelt.
- Weitere Metabolisierungsreaktionen erfolgen durch erneute Deiodierung,
Konjugation mit aktivierter Glucuronsäure oder aktiviertem Sulfat,
Decarboxylierung und/oder Desaminierung. Diese Metaboliten sind
unwirksam.
- Mit der Galle ausgeschiedene Konjugate von Triiodthyronin
und Thyroxin werden allerdings
im Darm weitgehend dekonjugiert und die frei werdenden Hormone
wieder rückresorbiert (enterohepatischer Kreislauf).
- Die Plasmahalbwertszeit von Thyroxin
beträgt ca. 7 Tage, die von Triiodthyronin
dagegen nur 1 - 2 Tage.
Physiologie
Typ
Definition
Bemerkungen
Bildung und Speicherung
- Die Biosynthese von erfolgt in den die Follikel umgebenden Epithelzellen
(Thyreozyten).
- Die Thyreozyten besitzen die Fähigkeit, Iodid aus dem Blut aktiv (über
einen 2Na+-I--Cotransporter) aufzunehmen und etwa
25fach anzureichern (Iodination).
- Durch TSH kann (cAMP-vermittelt)
die Transportkapazität an der basolateralen Membran so weit gesteigert
werden, dass eine Anreicherung bis zum 250fachen der Blutkonzentration
möglich ist.
- ClO4-, SCN- und NO2-
(in abnehmender Reihenfolge geordnet) hemmen die Aufnahme von I-
kompetitiv.
- An der, dem Kolloid zugewandten und zur Vergrößerung der Oberfläche mit
Mikrovilli ausgestatteten, apikalen Membran wird aufgenommenes Iodid
mit Hilfe einer des Enzyms
Thyreoperoxidase zu elementarem Iod
oxidiert (Iodisation).
- Das so entstandene elementare Iod
reagiert nun mit ca. 20 der 144 Tyrosyl-Reste des "nicht-iodierten
Thyreoglobulins". Auch diese Reaktion wird durch die Thyreoperoxydase
katalysiert.
- Dadurch entstehen Mono- und Diiodtyrosyl-Reste, wobei jeweils die 3-
und/oder 5-Position des aromatischen Rings der Tyrosin-Reste iodiert sind.
- Das so synthetisierte (nun iodhaltige) Thyreoglobulin wird durch Exozytose
ins Kolloid der Follikel transportiert.
- Die Struktur des Thyreoglobulins erlaubt es, dass die einzelnen
Tyrosyl-Reste miteinander reagieren, wobei am Thyreoglobulin nun
Tetraiodthyronylreste und (in geringerem Maße) Triiodthyronylreste
entstehen, die Speicherformen der Schilddrüsenhormone.
- Bei Bedarf wird Thyreoglobulin aus dem Kolloid durch Endozytose
wieder aufgenommen. Auch dieser Vorgang wird durch TSH
stimuliert.
- Das aufgenommene Thyreoglobulin wird in den gebildeten Vesikeln
proteolytisch gespalten, wodurch Thyroxin
und Triiodthyronin
freigesetzt werden.
- Von noch vorhandenen Mono- und Diiodtyrosyl-Resten wird I-
durch eine Deiodase abgespalten und weiterverwendet.
- Insgesamt erhält man etwa 0,2 mol Triiodthyronin
und 1 - 3 mol Thyroxin pro
mol Thyreoglobulin.
- Durch eine mikrosomale 5'-Deiodase wird Thyroxin
im Körper zu Triiodthyronin
umgebaut, weshalb das Verhältnis von T4
zu T3 im
Blut geringer ist. Insgesamt stammen so nur etwa 20 % des im Körper
zirkulierenden T3
direkt aus der Schilddrüse.
- Eine Deiodierung an Position 5 (durch eine 5-Deiodase) führt zum
unwirksamen reversen T3 (rT3).
- In der Peripherie werden normalerweise etwa gleich viel T3
und rT3 gebildet (jeweils ca. 25 µg/d).
- Beim Fasten hingegen wird die Bildung von T3
verringert und die von rT3 erhöht, da die 5'-Deiodase gehemmt
wird.
- Um eine - in diesem Fall unerwünschte - Rückkopplung in Form
einer erhöhten TSH-Ausschüttung zu vermeiden, wird die
5'-Deiodase der Hypophyse
dabei ausgenommen.
- Durch Verschmelzen der Vesikel mit der basalen Zellmembran werden die
Schilddrüsenhormone aus den Thyreozyten abgegeben und gelangen über das Blut
zu den Zellen des Körpers.
Wirkungen & Wirkmechanismen
- Sowohl T3
als auch T4 sind
hormonell wirksam. Da die Rezeptor-Affinität bei Triiodthyronin
jedoch um etwa Faktor 3 - 8 höher ist, als die von Thyroxin,
spielt bei physiologischen Konzentrationen T3
die Hauptrolle hinsichtlich der ausgelösten Wirkungen.
- Nach Durchtritt durch die Zellmembran bindet Triiodthyronin
an einen nukleären Rezeptor.
- Der dadurch entstehende aktivierte Hormon-Rezeptor-Komplex kann nun an
spezifische DNA-Sequenzen binden und darüber die Genexpression
beeinflussen.
- Triiodthyronin führt
besonders zu einer vermehrten Bildung von Na+/K+-ATPasen
und mitochondrialen Enzymen
(v.a. solchen des Kohlenhydrat- und Lipidstoffwechsels).
- Auf diese Weise bewirkt T3
vor allem eine Beschleunigung der oxidativen Stoffwechselprozesse in den
meisten Zellen: Der Energieumsatz, die Wärmebildung und der
Sauerstoffverbrauch werden erhöht (Ausnahme: Gehirn).
- In der Leber
werden die Glykogenolyse
und Gluconeogenese
gesteigert (Insulin-antagonistischer Effekt). Außerdem werden vermehrt
LDL-Rezeptoren in die Zellmembran der Hepatozyten eingebaut.
- Am Herzen
erhöht T3
wahrscheinlich die Dichte von β1-Adrenozeptoren,
eine sensiblisierende Wirkung gegenüber Katecholaminen
ist gesichert.
- In niedriger Dosierung stimuliert T3
die Proteinsynthese (anabole Wirkung), bei höherer Dosierung wird
die Eiweißbildung dagegen gehemmt (katabole Wirkung).
- Im Lipidstoffwechsel steigert T3
die Lipolyse
im Plasma und
fördert die Lipogenese im Fettgewebe und in der Leber.
Normalerweise überwiegt die lipolytische Wirkung.
- Im braunen Fettgewebe wird die Wärmeproduktion durch die Expression
des Entkopplerproteins Thermogenin erhöht.
- Diese Entkopplung von Sauerstoffverbrauch und Gewinnung von ATP
findet laut einer anderen Quelle erst unter dem Einfluss
unphysiologisch hoher Konzentrationen statt.
- Eine weitere Wirkung der Schilddrüsenhormone ist für den wachsenden
Organismus von Bedeutung.
- Physiologische Konzentrationen der Hormone sind (zusammen mit Somatotropin)
Vorbedingung für ein normales Längenwachstum sowie für die normale
Entwicklung der Organanlagen und Organe, insbesondere der Knochen und des
Gehirns.
- Im ZNS fördern sie v.a. die Myelinisierung und Dendritenbildung.
Regulation der Schilddrüsenhormonkonzentration
- Die Schilddrüsenhormonsekretion wird durch das Hypothalamus-Hypophysen-System
gesteuert:
- Der Schilddrüsenhormonkonzentration im Plasma
entsprechend wird Thyreotropin-Releasing-Hormon (TRH) und - durch
dieses gesteuert - Thyreotropin
(TSH) sezerniert.
- Letzteres stimuliert dann die Schilddrüse
zur Abgabe von T4
und - untergeordnet - von T3
ins Blut, die im Sinne eines negativen Feedback zur Hypophyse
und zum Hypothalamus
rückkoppeln.
- Zusätzlich können noch weitere Faktoren, wie z.B. Stress und die
Körpertemperatur, in die Regulation der Schilddrüsenhormone
modifizierend eingreifen: Kältereize, psychische und physische
Belastungen erhöhen den Sollwert des Regelkreises, Wärmereize und Ruhe
senken ihn.
- Durch Somatostatin, Dopamin
und Glukokortikoide
wird die TSH-Freisetzung gehemmt. Sie führen somit zu einer Verringerung
der Freisetzung von Schilddrüsenhormonen.
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