Metamizol

Übersicht


Medizin

Typ

Indikationen

  • Akute oder chronische starke Schmerzen (z.B. nach Trauma oder Operationen, aber auch sonstiger Art)
  • Koliken der Gallenwege oder der ableitenden Harnwege
  • Tumorschmerzen
  • Fieber (hohes, therapieresistentes)

Kontraindikationen

Absolute Kontraindikationen

  • Störungen des Knochenmarks, Erkrankungen des hämatopoetischen Systems
  • Glucose-6-phosphatdehydrogenase-Mangel

Relative Kontraindikationen

  • Hypotonie, instabiler Kreislauf (nur für i.v. Applikation)
  • Koronare Herzkrankheit, Stenosen der Hirngefäße
  • Hepatische Porphyrie
  • Schwangerschaft (insbesondere 1. und 3. Trimenon), Stillzeit
  • Allergische Disposition jeder Art (Heuschnupfen, Tierhaar-, Lebensmittelallergie)

Arzneimittelinteraktionen

Unerwünschte Arzneimittelwirkungen

Gelegentlich

  • Anaphylaktischer Schock, gravierende Blutdruckabfälle (Letalität 25 %)
    • Insbesondere nach i.v.-Applikation mit einer Injektionsrate von mehr als 500 mg/min
    • Lebensbedrohliche Reaktionen noch bis 1 h nach i.v.-Injektion möglich, v.a. bei Dosierungen > 1 g

Sehr selten

  • Agranulozytose
    • Das Risiko für das Auftreten einer Agranulozytose wird in unterschiedlichen Ländern höchst unterschiedlich bewertet und führt dazu, dass Metamizol in manchen Staaten verboten, in anderen aber frei verkäuflich ist.
    • So schwankt die Inzidenz zwischen 0,56 Fällen pro 1.000.000 exponierter Personen und pro Behandlungswoche und 1 Fall auf 1.439 exponierten Personen pro Behandlungswoche. Das Risiko steigt mit zunehmender Dauer der Metamizol-Einnahme an und ist wohl auch dosisabhängig. Da es sich um eine Agranulozytose vom Typ I handelt ist der Schweregrad jedoch nicht abhängig von der Dosierung.

Sonstige

  • Rotfärbung des Harns (ungefährlich, s.u.)

Anwendung

Dosierung

Tagesdosis max. 2000 mg
(andere Quelle) max. 4000 mg
Einzeldosis 500 mg

Anwendung

Patientenhinweise

Bemerkungen

  • Zugelassen für Kinder ab 3 Monaten, abhängig von der Darreichungsform teilweise auch später.
  • Aufgrund des Agranulozytoserisikos wird eine Langzeitbehandlung nicht empfohlen. Sollte diese dennoch indiziert erscheinen, so ist eine regelmäßige Blutbildkontrolle anzuraten!

Handelsnamen

  • Analgin, Baralgin M, Berlosin, Metalgin, Metamizol [...], Nopain, Novalgin, Novaminsulfon [...]

Pharmakologie

Pharmakodynamik

Wirkeintritt (i.v.) < 4 - 8 min
(p.o.) 30 - 60 min
Wirkdauer 2 - 5 h

Wirkungen

  • Metamizol ist stark analgetisch und antipyretisch wirksam. Daneben zeigt es gute spasmolytische Wirkungen. Antiphlogistische Effekte werden erst oberhalb der therapeutischen Konzentrationen erreicht.

Wirkmechanismus

  • Amidierte Derivate der wohl eigentlich wirksamen Substanz, des Metaboliten 4-Methylaminophenazon, können an an zentrale Cannabinoid-Rezeptoren binden und hemmen Cyclooxigenasen im ZNS. Eine periphere Hemmung der Cyclooxigenase findet nicht statt.
  • Aufgrund des schwach basischen Charakters der Wirkform, kommt es zu keiner Anreicherung in entzündeten Geweben. Die beim Einsatz therapeutischer Dosierungen im entzündeten Gewebe erreichten Wirkstoffkonzentrationen sind daher für eine antiphlogistische Wirkung nicht ausreichend.
  • Für die spasmolytischen Effekte wird eine myotrope Herabsetzung der Erregbarkeit der glatten Muskulatur verantwortlich gemacht.

Pharmakokinetik

Bioverfügbarkeit (BVabs) (Suppositorien) 54 %
(p.o.) 93 %
(andere Quelle, p.o.) 100 %
Clearance (CLtot) 240 ml/min
Eliminationshalbwertszeit (t1/2) (4-Methylaminoantipyrin) 1,8 - 2,5 h
(4-Aminoantipyrin) 3,7 - 8,1 h
Extrarenale Eliminationsfraktion (Q0) > 0,6
Plasmaproteinbindung (PB) (4-Methylaminoantipyrin) 58 %
(4-Aminoantipyrin) 48 %
tmax 1 - 2 h
Verteilungsvolumen (Vapp) 0,7 L/kg

Resorption

  • Bereits im Gastrointestinaltrakt wird Metamizol durch nicht enzymatische Hydrolyse praktisch vollständig in 4-Methylaminophenazon umgewandelt. Auch nach intravenöser Applikation ist bereits 15 min nach der Gabe keine unveränderte Substanz mehr im Körper nachweisbar.
  • 4-Methylaminoantipyrin wird inzwischen als eigentlich wirksame Verbindung angesehen, so dass Metamizol selbst nur ein Prodrug darstellt.
  • Die Substanz wird rasch und in weitgehend vollständig resorbiert.

Metabolisierung

  • 4-Methylaminophenazon wird in der Leber zu weiteren Metaboliten abgebaut. Dabei entsteht als Demethylierungsprodukt 4-Aminophenazon (4-Aminoantipyrin), welches entweder durch Acetylierung in Acetylaminoantipyrin oder aber durch Formylierung in 4-Formylaminoantipyrin überführt wird. Letzteres kann auch durch direkte Oxidation von 4-Methylaminoantipyrin entstehen.
    • Das Ausmaß, in dem die Acetylverbindung entsteht, ist vom Acetylierungsphänotyp des Patienten abhängig und daher interindividuell deutlich unterschiedlich.
    • 4-Aminoantipyrin kann auch zum atypischen Metaboliten 4-Hydroxyantipyrin umgewandelt werden.
    • Auch die rot gefärbte Rubazonsäure kann als Zwischenprodukt des Abbaus von Metamizol auftreten (s.u.). Wird sie in höherer Konzentration mit dem Urin ausgeschieden, kann dies zu einer harmlosen rötlichen Färbung des Harns führen.

Exkretion

  • Metamizol wird vollständig in Form seiner Metaboliten (etwa 50 % davon als 4-Methylaminophenazon, 4-Formylaminoantypirin, 4-Aminoantipyrin und 4-Acetylaminoantipyrin) zu > 90 % renal ausgeschieden.

Geschichtliches

  • Metamizol wurde 1922 von Höchst unter dem Namen Novalgin® in Deutschland eingeführt.

Intoxikation

Allgemeines

  • Oberhalb der therapeutischen Dosierungen, bei Einmaldosierungen von ca. 5 - 7,5 g, treten toxische Effekte auf.

Symptome

  • Gastrointestinale Beschwerden (Übelkeit, Erbrechen, Oberbauchschmerzen)
  • ZNS-Störungen, Schwindel
  • Blutdruckabfall, Tachykardie, Schock (bei i.v. Applikation)
  • Nierenfunktionsstörungen
  • Koma

Sofortmaßnahmen

  • Resorptionsvermindernde Maßnahmen (medizinische Kohle, Natriumsulfat)
  • Evtl. Magenspülung

Erweiterte Maßnahmen

  • Evtl. Hämodialyse

Notfallmedizin

Indikation

  • Starke Schmerzzustände, v.a. Koliken
  • Therapieresistentes Fieber

Anwendung

Dosierung

  • 1 - 2,5 g extrem langsam (max. 1 ml/min) i.v. dabei Atmungs- und Kreislaufkontrolle

Achtung


Chemie

Strukturformel

Summenformel

C13H17N3O4S

Molekülmasse

  • 311,36

IUPAC

  • N-Methyl-N-(2,3-dimethyl-5-oxo-1-phenyl-3-pyrazolin-4-yl)aminomethansulfonsäure

Eigenschaften

Schmelzpunkt  
pKS 2

Darstellung

  • Bei der Synthese von Metamizol wird von Phenazon ausgegangen. Dieses wird nitrosiert, anschließend reduziert und mit Benzaldehyd kondensiert. Anschließend wird das Zwischenprodukt noch methyliert und hydrolysiert, dann einer Mannich-Reaktion mit Formaldehyd unterworfen und abschließend mit Natriumhydrogensulfit in Metamizol-Natrium überführt.

Bemerkungen

Bildung von Rubazonsäure

  • Die Substanz kann bei ihrer Metabolisierung die rot gefärbte Subtanz Rubazonsäure bilden, die dann mit dem Harn ausgeschieden wird und diesen so verfärben kann.
  • Die Reaktion geht von 4-Aminophenazon und dem untypischen Metaboliten N-Desmethyl-4-aminophenazon aus.

+ ---->


Analytik

Identität

Gehalt

  • Iodometrie
    • In wässrig saurem Medium gelöst, spaltet Metamizol leicht Hydrogensulfit ab. Dieses wird mit Iod zu Hydrogensulfat oxidiert.
    • Die Titration muss bei unter 10 °C durchgeführt werden, da sonst aus Hydrogensulfit und Säure Schwefeldioxid entsteht, das entweicht.
    • 2 Äquivalente
  • Wasserfreie Titration

UV-Spektrum

  • Absorptionsmaxima in Ethanol bei 236 nm (E = 265) und 265 nm (E = 230).

 

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