Agranulozytose
Synonyme
- Maligne Neutropenie, Perniziöse Neutropenie
Übersicht
Medizin
Definition
- Sich unter Umständen innerhalb von wenigen Stunden entwickelnde,
allergisch bedingte oder allmählich einsetzende, toxische Granulozytopenie
mit schweren Krankheitssymptomen.
- Häufig als Folge einer zytotoxischen Arzneimittelallergie
oder durch dosisabhängige Schädigung des Knochenmarks.
- Dementsprechend unterscheidet man zwei Typen:
- Typ I
- Allergischer Typ, mit zeit- und dosisunabhängiger, selektiver Schädigung
der Granulozyten.
- Das auslösende Agens bindet als Hapten an körpereigene Proteine
und wird wird so zu zum Vollantigen. Gegen dieses werden Antikörper
gebildet, die mit dem Antigen Immunkomplexe bilden. Diese
Immunkomplexe adsorbieren an Granulozyten, aktivieren das
Komplementsystem und induzieren die Lyse der Granulozyten.
- Typ II
- Toxischer Typ mit zeit- und dosisabhängig variablen, nicht auf die
Granulozyten beschränkten Veränderungen des Blutbildes.
Risikofaktoren
- Hohes Alter
- Anwendung der unten genannten Arzneistoffe, insbesondere bei
gleichzeitiger Anwendung von Captopril und/oder Probenecid
- Autoimmunerkrankungen
- Niereninsuffizienz
Klinik
- Zu Beginn oft Schüttelfrost, danach kontinuierliches Fieber,
Tachykardie und allgemeines
Krankheitsgefühl.
- Charakteristisch sind frühzeitig auftretende Nekrosen
an den Schleimhäuten, v.a. des Rachens, der Tonsillen sowie im Anal- und
Genitalbereich. Diese treten typischerweise zusammen mit Schwellungen der
Lymphknoten im gleichen Gebiet auf.
- Nekrosen im Bereich des Magen-Darm- und des Respirations-Traktes sind
ebenfalls möglich.
- Hämatologische Leukopenie mit häufig
< 2000 mm-3 und weitgehendem oder völligen Fehlen der Granulozyten
sowie einer eventuellen Verminderung der Thrombozyten.
- Im Knochenmark ist zu Beginn die Anzahl der Promyelozyten erhöht.
Prognose
- Früher häufig letaler Ausgang innerhalb weniger Tage infolge von Sepsis,
Pneumonie oder Blutungen.
- Heute relativ gut; Heilung nach wenigen Tagen möglich. Dennoch werden
noch immer Letalitäten von bis zu 9 % angegeben.
Therapie
- Sofern einer der in der unten angegebenen Tabelle aufgeführten
Arzneistoffe eingesetzt wird, sollte dieser sofort abgesetzt werden.
- Symptomatische Therapie mit Glukokortikoiden
und Antibiotika.
Pharmakologie
Arzneistoffe, die sicher oder wahrscheinlich eine Allergie auslösen können
(Beispiele)
Bemerkungen
- Trotz der relativ großen Anzahl der aufgelisteten Arzneistoffe, sind
insgesamt nur relativ wenige Arzneimittel wirklich auffällig häufig vom
Auftreten einer Agranulozytose als unerwünschter Arzneimittelwirkung
betroffen.
- So werden weltweit deutlich mehr als 50 % der Verdachtsfälle
durch die oben fett dargestellten Arzneistoffe ausgelöst, wobei bei dieser
Betrachtung die unterschiedliche Anwendungshäufigkeit der einzelnen
Substanzen und die tatsächliche Kausalität für die Auslösung der
Agranulozytose unberücksichtigt ist.
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