m-Cholinozeptor-Antagonisten
Synonyme
- Anticholinergika, Cholinozeptoren-Blocker, m-Cholinozeptorenblocker, M-Rezeptor-Antagonisten,
Neurotrope Spasmolytika, Parasympatholytika
Übersicht
Medizin
Typ
Definition
Untertypen
Indikationen
- Asthma bronchiale
- M-Rezeptor-Antagonisten werden in der Asthmatherapie heute nicht mehr
als erste Wahl für die Therapie des akuten Asthmaanfalls angesehen. Bei
einigen Asthmaformen können sie jedoch noch mit Vorteil eingesetzt
werden. Dies gilt besonders, wenn eine Protektion gegen eine durch
Vagusreize ausgelöste Reflexbronchokonstriktion infolge physikalischer
oder chemischer Reize erreicht werden soll.
- Chronische obstruktive Bronchitis (COPD)
- Morbus Parkinson
- Narkoseprämedikation
- Spasmolyse bei Gallen- und Nierenkoliken
- Bradykarde Herzrhythmusstörungen
Kontraindikationen
Relative Kontraindikationen (allgemein)
- Schwangerschaft
- Vor allem im ersten Trimenon ist eine strenge Indikationsstellung zu
beachten.
Relative Kontraindikationen (inhalative Applikation)
Absolute Kontraindikationen (systemische Applikation)
- Engwinkelglaukom
- Parasympatholytika sind hier kontraindiziert, da sie durch die
Erschlaffung des Musculus sphincter pupillae den Kammerwinkel
weiter verkleinern und somit den Abfluss des Kammerwassers zusätzlich
behindern.
- Harnentleerungsstörungen
- Durch die Relaxation der glatten Muskulatur der Blase, wird eine
bestehende Harnentleerungsstörung zusätzlich verstärkt.
- Prostatahyperplasie
- β2-Adrenozeptor-Agonisten,
Methylxanthine wie Theophyllin
- Gegenseitiger Synergismus
- Substanzen mit anticholinergen Wirkungen (z.B. tricyclische Antidepressiva)
- Erhöhte Gefahr unerwünschter Arzneimittelwirkungen
Bemerkungen
- Die unterschiedlich ausgeprägten Nebenwirkungsprofile bei inhalativer und
systemischer Applikation machen deren getrennte Behandlung erforderlich.
- Bei der inhalativen Anwendung stehen lokale Nebenwirkungen im Vordergrund.
Allgemein ist die Verträglichkeit von inhalativ applizierten
m-Cholinozeptor-Antagonisten jedoch gut. Durch Einsatz von
Applikationshilfen lässt sie sich weiter verbessern.
Inhalative Applikation
- Mundtrockenheit (< 25 %)
- Bitterer bzw. schlechter Geschmack (20 - 30 %)
- Kardiovaskuläre Nebenwirkungen (sehr selten)
- Akuter Glaukomanfall (sehr selten)
- Nebenwirkungen am Auge entstehen meist nur durch akzidentale lokale
Exposition. Dann kann es jedoch bei entsprechender Prädisposition zu
starken intraokularen Drucksteigerungen kommen.
- Paradoxe Bronchokonstriktion
(sehr selten)
Allgemein
Anwendung

Bemerkungen
- m-Cholinozeptor-Antagonisten können auch verwendet werden, um
medikamentös (z.B. durch Neuroleptika)
induzierte Parkinson-Syndrome
zu behandeln.
- Die inhalativ applizierbaren m-Cholinozeptor-Antagonisten sind eher bei
COPD bzw. Mischformen aus COPD und Asthma
bronchiale, als bei reinem Asthma
bronchiale, indiziert. Werden β2-Adrenozeptor-Agonisten
nicht vertragen, so stellen sie jedoch auch bei Asthma
bronchiale die Mittel der Wahl dar.
- Beim Einsatz als Antiasthmatika
ist ihre Wirksamkeit meist etwas schwächer als die der β2-Adrenozeptor-Agonisten.
- Die Substanzen eignen sich gut zur Kombination mit β2-Adrenozeptor-Agonisten.
da sie in niedriger Dosierung synergistisch wirken.
- Die Substanzen eignen sich auch zur Therapie bei Säuglingen und
Kleinkindern. Bei älteren Patienten und solchen mit längerer
Erkrankungsdauer können sie besser ansprechen als β2-Adrenozeptor-Agonisten..
- In der Schwangerschaft sollten die Substanzen, vor allem im ersten
Trimenon und auch inhalativ, nur nach strenger Indikationsstellung
eingesetzt werden, da für Oxitropiumbromid
(nicht jedoch für Ipratropiumbromid)
embryotoxische Wirkungen bei Ratten beobachten wurden.
- Das Ansprechen auf m-Cholinozeptor-Antagonisten unterliegt starken
interindividuellen Schwankungen, die u.a. durch das Alter des Patienten und
dessen Erkrankungsdauer beeinflusst werden.
- Insgesamt stellt die mangelnde Organselektivität (aufgrund der
weiträumigen Verteilung von M-Rezeptoren
im Körper) ein Problem bei der Therapie mit Parasympatholytika dar. Dies
wird durch lokale Anwendung, sowie bestimmten Wirkstoffmodifikationen zu
vermeiden gesucht.
Pharmakologie
Wirkungseintritt |
(e.b.) 3 - 5 min |
Wirkungsdauer |
4 - 6 h |
Wirkungen
- Allgemeine Spasmolyse der glatten Muskulatur (M3)
- Es kommt zur Spasmolyse an Harn- und Gallenwegen (z.B. Relaxation des Musculus sphincter ampullae hepatopancreaticae
["M. sphincter Oddi"]) sowie am Mastdarm.
Die Peristaltik des Gastrointestinaltraktes wird vermindert.
- Durch Relaxation des Musculus detrusor vesicae wird der
Auslasswiderstand der Harnblase erhöht.
- Bronchospasmolyse (M3)
- m-Cholinozeptor-Antagonisten wirken bronchodilatatorisch, indem sie
eine vagusbedingte Bronchokonstriktion
aufheben. Daher sind sie insbesondere bei Patienten mit
Reflexbronchokonstriktion oder chronischer Bronchitis indiziert.
- Parasympatholytika sind jedoch schwächer wirksam und zeigen einen
langsameren Wirkungseintritt als β2-Adrenozeptor-Agonisten.
- Sie haben keinerlei Einfluss auf eine evtl. beim Asthmaanfall
vorliegende allergische Sofort- oder Spätreaktion. Auch das Mukosaödem,
die Plasmaexsudation, die Zilienmotilität und die bronchiale
Drüsensekretion werden durch die bei Asthma
bronchiale eingesetzten, inhalativ applizierten quaternären Substanzen
nicht beeinflusst.
- Substanzen mit lediglich tertiärem N-Atom, z.B. Atropin,
erhöhen sogar die Viskosität des Sputums infolge einer Hemmung der
Bronchialsekretion und vermindern die mukoziliäre Clearance
durch Lähmung des Flimmerepithels sodass die Dyskrinie erhöht und
die Expektoration verschlechtert wird.
- Verringerte bronchiale Schleimsekretion (M3)
- Verringerte Magensäuresekretion (M3)
- Verringerte Speichel-, Schweiß- und Tränenflüssigkeitssekretion (M3)
- Die verringerte Schweißsekretion führt zu einer verminderten
Wärmeabgabe über die Haut, die reflektorisch durch eine Erweiterung
der oberflächennahen Blutgefäße zu kompensieren versucht wird.
- Die Produktion serösen Speichels wird gehemmt.
- Vasodilatation im
Brust- und Halsbereich (M3)
- Neben der reflektorischen Weitstellung der Haut um mehr Wärme abgeben
zu können, wirken Parasympatholytika auch direkt durch die Hemmung von
M3-Rezeptoren an der glatten Gefäßmuskulatur und bewirken
eine Vasodilatation,
die sich als Hautrötung bemerkbar macht.
- Mydriasis und Akkomodationsstörungen
- Durch Erschlaffung des Musculus sphincter pupillae und des Musculus
ciliaris kommt es zu Störungen der Scharfstellung des Auges bis zur
totalen Akkomodationslähmung.
- Beschleunigung der Herzfrequenz (M2)
- Die Hemmung von M2-Rezeptoren führt zu einem relativen
Überwiegen der Einflüsse des Sympathikus
mit einer Zunahme der Sinusknotenfrequenz und einer beschleunigten
Reizleitungsgeschwindigkeit im Atrioventrikularknoten.
- In höheren Dosen können teilweise auch paradoxe Effekte mit
Frequenzsenkung, Vorhofarrhythmien und AV-Dissoziation auftreten.
- Zentralnervöse Dämpfung oder Erregung
- Reduzierung des Ruhetremors (beim Einsatz als Antiparkinsonmittel)
- Hemmung des langsamen erregenden postsynaptischen Potentials an autonomen
Ganglienzellkörpern
- Steigerung der Transmitterfreisetzung durch Unterbrechung der
Autoinhibition an postganglionär-parasympathischen Axonen
- Steigerung des Augeninnendrucks möglich
Wirkmechanismen
- Die Arzneistoffe mit quaternären N-Atomen und somit fester
positiver Ladung im Molekül werden nach inhalativer Applikation nur in
minimalem Ausmaß resorbiert. Die Blutspiegel liegen um Faktor 1000 unter
denen nach intravenöser Gabe. Auch die Resorption
von oral aufgenommenem Wirkstoff
ist sehr gering.
- Die geladenen Substanzen überwinden die Blut-Hirn-Schranke nicht. Auch
ein Übertritt über die Plazentaschranke oder in die Muttermilch sind nicht
in klinisch bedeutsamem Ausmaß zu erwarten.
Beispiele
Substanzen
sonstige
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