Ascorbinsäure
Synonyme
- Acidum ascorbicum [lat.], l-Ascorbinsäure,
"Vitamin C"
Übersicht
Medizin
Typ
Indikationen
- Vitamin-C-Mangel
- Bei den wenigsten anderen Indikationen, die für Ascorbinsäure genannt
werden, ist ihre Wirksamkeit gesichert.
Mangelerscheinungen
- Skorbut /
Möller-Barlowsche-Erkrankung
Hypervitaminosen
- Bei prädisponierten Personen können als Nebenwirkung Nierensteine
(infolge der verstärkten renalen Ausscheidung des Metaboliten Oxalsäure)
auftreten, sofern die Tagesdosis 2.000 - 3.000 mg übersteigt.
- Ascorell, Ascorvit, Cebion C, Cetebe, Synum C, Vitamin C [...]
Pharmakologie
- Ascorbinsäure wird dosisabhängig resorbiert; die Resorptionsrate nimmt
mit steigender Einzeldosis ab.
- Bis zu einer Dosis von etwa 200 mg werden ca. 70 - 80 % aufgenommen,
bei einer Dosis von 3.000 mg nur noch etwa 40 %.
- Bei funktionellen Störungen des Jejunums und Ileums ist die Resorption
verringert.
- Die Ausscheidung physiologischer Dosen erfolgt zu etwa 10 - 20 % als
unveränderte Substanz, jeweils ca. 20 % als Dihydroascorbinsäure bzw.
Dioxogulonsäure sowie zu etwa 40 % als Oxalsäure.
Physiologie
Bedeutung
- Ascorbinsäure gehört - aufgrund ihrer möglichen reversiblen Umwandlung
in Dehydroascorbinsäure - zu den biochemischen Redoxsystemen.
- Sie ist beteiligt an:
- Weitere Funktionen sind:
- Radikalfänger zusammen mit Vitamin
E
- Ascorbinsäure ist ein optimaler Radikalfänger. Bei Kontakt mit
Radikalen wird sie rasch zum Mono-Dehydroascorbinsäure-Radikal
oxidiert. Zwei dieser Radikale disproportionieren nun zu
Ascorbinsäure und Dehydroascorbinsäure (50 % der ursprünglichen
Ascorbinsäure werden also "recycelt"), beides nicht
radikalische Verbindungen.
- Steigerung der Aktivität des Immunsystems
- Wahrscheinlich durch Hemmung der oxidativen Selbstzerstörung der
Phagozyten durch reaktive Sauerstoffspezies.
- Förderung der Resorption
von Eisen aus dem Darm.
- Hemmung der Bildung von Nitrosaminen
- Außerdem ist Ascorbinsäure am mikrosomalen Elektronentransport
beteiligt.
Tagesbedarf
- Erwachsene: ca. 75 mg
- Bei Rauchern wird eine um ca. 40 mg erhöhte Dosis empfohlen.
- Wie bei anderen Vitaminen
ist auch der Vitamin-C-Verbrauch bei schweren körperlichen
Anstrengungen (z.B. Hochleistungssport), malignen Tumoren,
Röntgenbestrahlungen, akuten und chronischen Infektionskrankheiten,
Stoffwechselerkrankungen (z.B. Diabetes
mellitus) sowie während der Schwangerschaft und Stillperiode
erhöht.
- Er übersteigt jedoch 300 mg täglich nicht.
- Die Einnahme höherer Dosierungen einmal oder mehrmals täglich
ist deshalb überflüssig.
- Überschüssiges Vitamin C wird normalerweise schnell im Urin
ausgeschieden.
Geschichtliches
- Ab 1747 untersuchte der britische Schiffsarzt James Lind das Auftreten von
Skorbut an Bord von Schiffen. Er verabreichte der Mannschaft je einen
speziellen Nahrungszusatz zur normalen Kost: Obstwein, Schwefelsäure,
Essig, Gewürze und Kräuter, Seewasser und Orangen und Zitronen. Bei Gabe
der Zitrusfrüchte zeigte sich eine rasche Besserung der Skorbutsymptome,
was er 1757 veröffentlichte aber nicht erklären konnte.
- Ausgehend von diesen Erkenntnissen ließ die britische Marine die Nahrungsrationen auf See
ab 1795 mit Zitronensaft ergänzen. Zusätzlich wurden auch Sauerkraut und Malz zur Skorbutprävention eingesetzt.
- 1920/21 wurde vom Biochemiker Sylvester Silva der Name Vitamin C
für ein von ihm aus Zitronen isoliertes Substanzgemisch verwendet.
- 1928 (andere Quelle 1926/27) wurde vom ungarischen Chemiker Albert Szent-Györgyi
eine reduzierende Verbindung aus der Nebennierenrinde von Rindern isoliert.
Er nannte die Substanz zunächst Hexuronsäure, da er vermutete, dass die
Substanz mit den Uronsäurem, bestimmten Hexose-Derivaten, verwandt sei. Da
die Struktur der Substanz jedoch schwer aufzuklären war, wendete sich
Szent-Györgyi an den britischen Zuckerspezialist Sir Norman Hayworth.
Dieser hatte für seine Analyse 20 g der Substanz angefordert, für die Szent-Györgyi 66 kg
Nebennieren extrahieren musste. Erst 1930 konnte er die gewünschte Menge an Substanz liefern.
- 1932 (andere Quelle 1933/34) bewies Szent-Györgyi (andere Quelle: Charles Glen King), dass seine Hexuronsäure mit dem Antiskorbutfaktor identisch
war, so dass er nun auch andere Quellen zur Isolation nutzen konnte.
Außerdem benannte er seine Hexuronsäure nun in Ascorbinsäure um,
abgeleitet von "anti scorbutus" (gegen Skorbut).
- Ebenfalls 1933/34 gelang noch die Strukturaufklärung und es wurden
bereits zwei Synthesewege entwickelt - einer von Tadeusz Reichstein und
einer von Walter Norman Haworth - die nun eine großtechnische Herstellung
von Ascorbinsäure ermöglichten und halfen Skorbut zu einer sehr seltenen
Erkrankung zu machen.
Bemerkungen
- Geringgradige Vitamin-C-Hypovitaminosen können bei Fehlernährung und
mangelnder Resorption
infolge einer anaziden Gastritis oder Leberzirrhose auftreten.
- Im Körper befindet sich ein physiologisches Reservoir von 1,5 - 3 g
Ascorbinsäure.
Chemie
Strukturformel
C6H8O6
IUPAC
- (5R)-5-[(S)-1,2-Dihydroxyethyl]-3,4-dihydroxy-5H-furan-2-on
Synonyme
- 2,3-Didehydro-l-threo-hexono-1,4-lacton
- 3-Oxo-l-gulonsäure-γ-lacton
- l-threo-Hex-2-enono-1,4-lacton
- l-xylo-Ascorbinsäure
Definition
- Ascorbinsäure hat einen Gehalt von 99,0 bis 100,5 %
Eigenschaften
Schmelzpunkt |
(Zersetzung) 189 °C |
pKS |
(pKS1, vinyloge Carbonsäure)
4,17
(pKS2, ringständige Hydroxylgruppe)
11,57
(andere Quelle, pKS2, 24 °C) 11,79 |
λmax |
(H2O, E = 580) 265 nm |
Sonstige Eigenschaften
- Farblose Kristalle oder weißes bis fast weißes, kristallines Pulver
- Verfärbt sich an der Luft und bei Feuchtigkeit
- Leicht löslich in Wasser (1:4), löslich in
Ethanol (1:25), schwer löslich in Aceton
praktisch unlöslich in Dichlormethan und Diethylether
Bemerkungen
- Ascorbinsäure ist das γ-Lacton der in der
Enolform vorliegenden 2-Keto-l-gulonsäure.
- Sie ist stark sauer, da sie eine vinyloge Carbonsäure
darstellt. Der pKS-Wert
der Carbonsäure
liegt bei 4,17, der der anderen OH-Gruppe am Ring bei 11,57.
- Die reduzierenden Eigenschaften der Ascorbinsäure erklären sich aus
ihrer Redukton-Struktur (die nebeneinander liegenden OH-Gruppen am Ring).
- Die Struktur der oxidierten Form, der sogenannten Dehydroascorbinsäure,
lautet:
- Während Ascorbinsäure in kristallisierter Form gegen Luftsauerstoff
beständig ist, wird sie in Lösung von Oxidationsmitteln rasch bis zur Oxalsäure
abgebaut.
- Alkalien und Schwermetalle, vor allem Kupfer,
beschleunigen den Vorgang.
Analytik
Identität
- Eisen(III)-chlorid-Reaktion
- Violette Verfärbung bei pH-Werten von 6 - 8. Eventuell Zusatz von 1
ml 10 %iger Pyridin-Lösung erforderlich.
- Fehling-Reaktion
- Ausfällung bereits bei schwachem Erwärmen
- Komplexbildung mit Natriumpentacyanonitrosylferrat(II)
- Eine alkalische Lösung der Substanz wird mit
Natriumpentacyanonitrosylferrat(II) versetzt. Beim Ansäuern schlägt
die Farbe von gelb in blau um.
- Die Reaktion eignet sich allgemein zum Nachweis enolisierbarer Aldehyde
und Ketone.
- Ninhydrin-Reaktion
(schwache Rotfärbung)
- Reduktion von Silbernitrat-Lösung
- Zu einer salpetersauren Lösung der Substanz wird Silbernitrat-Lösung
hinzugetropft. Es entsteht ein silbergrauer Niederschlag.
- Reduktion von Kaliumpermanganat-Lösung
- Entfärbung von Tillmans Reagens
- Tollens-Reaktion
- TTC-Reaktion
- Mandelins Reagens (lindgrün -> hellblau)
- Konzentrierte Salpetersäure (tiefrot)
Gehalt
- Iodometrie
- 0,150 g Substanz werden in 10 ml verdünnter
Schwefelsäure R und 80 ml
kohlendioxidfreiem Wasser R gelöst. Nach
Zusatz von 1 ml Stärke-Lösung R wird mit Iod-Lösung (0,05 mol/l) bis
zur bleibenden Blaufärbung titriert.
- 1 ml Iod-Lösung (0,05 mol/l) entspricht 8,81 mg C6H8O6.
- Die Verwendung des Stärkeindikators führt zu einer relativ
schleppenden Reaktion und zeigt den Endpunkt nicht unbedingt präzise
an. Die Verwendung von Variaminblau ist vorteilhafter.
- Bei der Gehaltsbestimmung nutzt das Arzneibuch die reduzierenden
Eigenschaften der Ascorbinsäure. Es wird ein Molekül I2 pro
Molekül Ascorbinsäure zu Iodid
reduziert.
- 2 Äquivalente
- Alkalimetrie
Biologie
Vorkommen
- Ascorbinsäure kommt in allen lebenden Zellen vor.
- Besonders reich an Vitamin C sind frische Früchte (Hagebutte,
Sanddornbeeren, Johannisbeeren, Erdbeeren, Zitrusfrüchte) und Gemüse
(Paprika, Brokkoli, Spinat, Tomaten).
- Für die Ernährung der deutschen Bevölkerung kommt als wichtigster
Vitamin-C-Lieferant die Kartoffel in Betracht.
- Von tierischen Organen besitzen die Nebennierenrinde, der
Hypophysenvorderlappen, die Leber
und das Corpus luteum den höchsten Vitamin-C-Gehalt.
- Ascorbinsäure wird nicht nur von Pflanzen, sondern auch von den meisten
tierischen Organismen selbst synthetisiert. Nur der Mensch, der Affe,
Fledermäuse und
Meerschweinchen können sie nicht bilden, da ihnen die l-Gulonolactonoxidase,
ein Flavoprotein, fehlt, das Gulonolacton zur Ascorbinsäure aerob oxidiert.
Technologie
Verwendung
- Bei der Pökelung von Fleisch beschleunigt Vitamin C die Umrötung und
verhindert die Bildung kanzerogener Nitrosamine.
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