Coffein
Synonyme
- Caffeine [engl.], Coffeinum [lat.], Koffein, Thein, 1,3,7-Trimethylxanthin
Übersicht
Medizin
Typ
Kontraindikationen
- Leberzirrhose
- Hyperthyreose
- Angstsyndrom
- Stillzeit
- Säuglinge und Kleinkinder
Anwendung
Bemerkungen
- Coffein findet sich in zahlreichen analgetischen Kombinationspräparaten
(zusammen mit Acetylsalicylsäure und Paracetamol). In Studien zeigte die Kombination
signifikant bessere Ergebnisse bei Kopfschmerzen als die Einzelsubstanzen, oder
die Kombination ohne Coffein.
- Als Grund für diesen Synergismus werden verschiedene Mechanismen
diskutiert:
- Zum einen behindert Coffein die Synthese von Prostaglandinen durch Hemmung
der Neusynthese von COX-2, zum anderen gibt es zahlreiche Theorien zu zentralen
Wirkungen.
- Auf spinaler Ebene wird ein Angriff an der Schmerzweiterleitung diskutiert,
der durch Hemmung von A2A-Rezeptoren zustande kommen soll. Da aber auch die
schmerzhemmenden, inhibitorischen A1-Rezeptoren blockiert werden, ist ein
solcher Wirkmechanismus unwahrscheinlich. Lediglich eine supraspinale Blockade
präsynaptischer Adenosin-Rezeptoren könnte antinozeptiv wirksam sein.
- Coffein scheint auch in den Neurotransmitterstoffwechsel von Dopamin und
Noradrenalin einzugreifen. Es verstärkt den Turnover von Noradrenalin in
verschiedenen Regionen des Gehirns, entweder durch Blockade hemmender nervaler
Einflüsse im Locus coeruleus oder direkt durch einen A1-Rezeptor-Antagonismus
an noradrenergen Neuronen.
- Eine hemmende Wirkung auf die Freisetzung von Dopamin aus dem Corpus striatum
für die Kombination Acetylsalicylsäure + Paracetamol +
Coffein wurde an Ratten nachgewiesen.
Die Noradrenalinfreisetzung war gleichzeitig erhöht.
- Da Coffein den Durchmesser zerebraler Gefäße
verengt und gleichzeitig den Liquordruck senkt, könnte dies den
positiven Effekt von Analgetika mit
Coffein bei vasomotorischen Kopfschmerzen
erklären.
- Coffein erhöht wohl auch die Resorptionsgeschwindigkeit der gleichzeitig
aufgenommenen Analgetika.
- Ein erhöhtes Abhängigkeitspotential von coffeinhaltigen
Analgetikakombinationen wird inzwischen von den meisten Experten verneint.
Pharmakologie
Typ
Wirkungen (kompakt)
Wirkungen (ausführlicher)
- Ab einer Dosis von etwa 1,4 mg/kg zeigen sich die zentralen Wirkungen des Coffeins vorwiegend auf die
Großhirnrinde.
- Beim Ermüdeten werden die Ermüdungserscheinungen aufgehoben und die
geistigen Leistungen gesteigert. Ausgeruhte, hellwache Personen können
dagegen ihre Leistungsfähigkeit durch Einnahme von Coffein kaum verbessern. Eine
leichte Euphorie kann auftreten.
- In Dosen ab ca. 2,5 mg/kg werden auch das Vasomotoren- und das Atemzentrum durch Coffein
erregt.
- Coffein erweitert die Koronargefäße und stimuliert die Ganglien des
Reizleitungssystems. Das Herzminutenvolumen wird erhöht.
- Da gleichzeitig Haut-, Nieren- und Koronargefäße durch peripheren
Angriff erweitert werden, kommt es trotz erhöhter Herzleistung meist zu keiner Steigerung des Blutdrucks.
- Ab einer Dosis von etwa 5 mg/kg werden auch motorische Zentren beeinflusst,
bis dahin praktisch nur sensorische.
- Die langfristige Einnahme von täglich mehr als ca. 8,5 mg/kg kann zu
Angstgefühlen, Schlafstörungen, Hypertonie und Magen-Darm-Beschwerden führen.
- Die Steigerung der Diurese kommt durch Erweiterung der Nierengefäße, nachfolgender besserer
Durchblutung der Nieren und Erhöhung des Herzminutenvolumens zustande.
- Coffein stimuliert zwar nach der Einnahme den Harndrang,
beeinflusst allerdings die
Gesamtharnmenge über den Tag nicht nennenswert.
- Coffein besitzt außerdem Stoffwechseleffekte, so fördert es die Glykogenolyse
und die Lipolyse.
Wirkmechanismen
- Coffein wirkt antagonistisch an Adenosin-Rezeptoren und schwächt so die
Effekte von Adenosin dosisabhängig ab.
- Durch die Blockade von A1-Rezeptoren wird die Ausschüttung insbesondere von
Glutamat und Dopamin aus für die Reizleitung zuständigen Synapsen vermehrt
- es kommt zu einem Wegfall der inhibitorischen Wirkung von Adenosin.
- In höheren Dosierungen behindert Coffein auch den enzymatischen Abbau von
cAMP zu 5'-AMP durch Hemmung von Phosphodiesterasen. Die intrazelluläre
cAMP-Konzentration steigt somit an.
- Dieser Effekt führt z.B. bei Adrenalin zu einer Verlängerung dessen
Wirkdauer und Wirkstärke. Auch mit anderen Katecholaminen treten
wirkverlängernde und verstärkende Effekte auf.
- Die A2A-Rezeptor-antagonistische Wirkung beeinflusst auch das dopaminerge
System. Dies könnte bei Erkrankungen wie Morbus Parkinson vorteilhaft sein, wo
die neuroprotektive Wirkung von A2A-Rezeptor-Antagonisten (z.B.
Istradefyllin)
neue Therapiemöglichkeiten eröffnen könnte.
- Auch an der Leber scheint eine Hemmung von A2A-Rezeptoren positive Effekte zu
haben.
- Nach oraler Applikation wird Coffein rasch und vollständig resorbiert.
- Coffein wird vor allem über die Cytochrom-P450-Enzyme CYP1A1 und CYP1A2
metabolisiert.
- Insgesamt werden etwa 95 % des aufgenommenen Coffeins metabolisiert, wobei die
Demethylierung und die Hydroxylierung an C-8 die wichtigsten Abbauwege sind.
- Die
Demethylierung führt zu 1,7-Dimethylxanthin und wird durch CYP1A2 katalysiert.
- Die Hauptausscheidungsprodukte im
Urin
sind Di- und Monomethylxanthin sowie Trimethyl-, Dimethyl- und
Monomethylharnsäure.
- Die wichtigste Familie der zunächst gebildeten Metaboliten sind die
Dimethylxanthine. Etwa 80 % des resorbierten Coffeins wird zu
Paraxanthin (1,7-Dimethylxanthin), etwa 10 % zu Theobromin
(3,7-Dimethylxanthin) und etwa 4 % zu Theophyllin (1,3-Dimethylxanthin)
abgebaut.
- Die gleichzeitige Einnahme mit Alkohol verlängert die
Eliminationshalbwertszeit.
LD50 |
(Ratte, p.o.) 381 mg/kg |
Bemerkungen
- Auch bei täglicher Zufuhr von Coffein treten keine bleibenden organischen
Schädigungen auf.
- Eine Toleranzentwicklung ist jedoch ebenso möglich, wie Entzugserscheinungen.
- Letztere äußern sich in Form von Kopfschmerzen, Nervosität, Reizbarkeit
und Konzentrationsstörungen. Sie treten meist etwa 24 - 48 h nach Beendigung
der Coffeinzufuhr auf und meist nur von kurzer Dauer.
- Vegetativ Labile können jedoch schon auf niedrige Coffeindosen mit
Schlaflosigkeit, innerer Unruhe, Tachykardie
und evtl. Durchfällen reagieren.
- Andererseits fördert Coffein bei älteren Menschen z.T. das
Einschlafen, eventuell durch die verbesserte Hirndurchblutung infolge
der gesteigerten Herzleistung. Doch ist der genaue Mechanismus hierfür
nicht bekannt.
- Dosierungen von über 300 mg können auch bei Gesunden zu Tremor der Hände, Nervosität und
evtl. sogar leichten Herzbeschwerden führen.
- In Tierversuchen waren sehr hohe Dosen von Coffein teratogen.
- Bei Schwangeren besteht bei Dosierung über 600 mg pro Tag die Gefahr
vermehrter Aborte und Frühgeburten.
Bemerkungen
Allgemeines
- Von den in Pflanzen vorkommenden Xanthin-Derivaten Coffein, Theophyllin
und Theobromin besitzt Coffein die
stärkste psychotonische Wirkung. Weniger wirksam ist Theophyllin,
während Theobromin keinen zentral
erregenden Effekt hat.
- Coffein wird in anregenden Getränken (Kaffee, Tee, Cola) von
einem großen Teil der Bevölkerung regelmäßig eingenommen.
- Nach Kaffeegenuss tritt die Coffeinwirkung relativ rasch ein, erreicht
nach ca. 30 Minuten ihr Maximum und klingt allmählich innerhalb von 2 - 3
Stunden wieder ab. Nach Teegenuss ist der Wirkeintritt verzögert, die
Wirkdauer verlängert.
Coffeingehalt einiger Lebensmittel
50 - 150 mg |
100 mg |
25 - 90 mg |
50 mg |
2 - 20 mg |
5 mg |
50 - 110 mg |
90 mg |
3 - 35 mg |
15 mg |
35 - 55 mg |
40 mg |
|
80 mg |
Geschichtliches
- Coffein wurde 1820 von Runge erstmals isoliert.
- 1832 bestimmten Pfaff und Liebig die Summenformel.
- Die genaue Struktur wurde 1875 von Medicus erstmals postuliert.
- Erst 1895 durch die erste Vollsynthese durch Emil Fischer konnte sie
bestätigt werden.
Chemie
Strukturformel
C8H10N4O2
IUPAC
- 1,3,7-Trimethyl-3,7-dihydro-1H-purin-2,6-dion
- 1,3,7-Trimethyl-3,7-dihydro-2H-purin-2,6-dion
Eigenschaften
Schmelzpunkt |
(α-Form) 236 °C |
Löslichkeit (H2O) |
21,74 g/L |
Dichte |
1,23 g/cm3 |
log P |
-0,5 |
pKS |
10,4 |
pKB (25 °C) |
14,2 |
Sonstige Eigenschaften
- Weißes Pulver oder hexagonal prismatische Kristalle, ohne Geruch und mit schwach bitterem
Geschmack.
- Löslich in kaltem Wasser (1:50), leicht
löslich in siedendem Wasser (7:10),
Chloroform (181,82 g/L), Ethanol (1:75 bzw.
15,15 g/L), Aceton (1:50), Dichlormethan
(1:15), schwer löslich in Diethylether (1:900).
- Bei Raumtemperatur liegt normalerweise die β-Form vor. Oberhalb 141 °C,
verwandelt sich diese in die α-Form.
- Bereits ab 178 °C beginnt die Substanz zu sublimieren.
Bemerkungen
Synthese
+ CH3I
Analytik
Identität
UV-Spektrum
- Absorptionsmaximum in HCl (0,1 mol/l) bei 272 nm (E = 470).
Biologie
Vorkommen
- Enthalten in den Samen des Kaffeestrauchs, in den Blättern des
Teestrauchs, in Mate und der Colanuss.
Sicherheit
Gefahrstoffklasse
Xn |
|