Coffein

Synonyme

  • Caffeine [engl.], Coffeinum [lat.], Koffein, Thein, 1,3,7-Trimethylxanthin

Übersicht


Medizin

Typ

Kontraindikationen

  • Leberzirrhose
  • Hyperthyreose
  • Angstsyndrom
  • Stillzeit
  • Säuglinge und Kleinkinder

Wechselwirkungen

Unerwünschte Arzneimittelwirkungen

Anwendung

Dosierung

Einzeldosis 50 - 200 mg

Bemerkungen

Coffein in Analgetika

  • Coffein findet sich in zahlreichen analgetischen Kombinationspräparaten (zusammen mit Acetylsalicylsäure und Paracetamol). In Studien zeigte die Kombination signifikant bessere Ergebnisse bei Kopfschmerzen als die Einzelsubstanzen, oder die Kombination ohne Coffein.
  • Als Grund für diesen Synergismus werden verschiedene Mechanismen diskutiert:
    • Zum einen behindert Coffein die Synthese von Prostaglandinen durch Hemmung der Neusynthese von COX-2, zum anderen gibt es zahlreiche Theorien zu zentralen Wirkungen.
    • Auf spinaler Ebene wird ein Angriff an der Schmerzweiterleitung diskutiert, der durch Hemmung von A2A-Rezeptoren zustande kommen soll. Da aber auch die schmerzhemmenden, inhibitorischen A1-Rezeptoren blockiert werden, ist ein solcher Wirkmechanismus unwahrscheinlich. Lediglich eine supraspinale Blockade präsynaptischer Adenosin-Rezeptoren könnte antinozeptiv wirksam sein.
    • Coffein scheint auch in den Neurotransmitterstoffwechsel von Dopamin und Noradrenalin einzugreifen. Es verstärkt den Turnover von Noradrenalin in verschiedenen Regionen des Gehirns, entweder durch Blockade hemmender nervaler Einflüsse im Locus coeruleus oder direkt durch einen A1-Rezeptor-Antagonismus an noradrenergen Neuronen.
      • Eine hemmende Wirkung auf die Freisetzung von Dopamin aus dem Corpus striatum für die Kombination Acetylsalicylsäure + Paracetamol + Coffein wurde an Ratten nachgewiesen. Die Noradrenalinfreisetzung war gleichzeitig erhöht.
    • Da Coffein den Durchmesser zerebraler Gefäße verengt und gleichzeitig den Liquordruck senkt, könnte dies den positiven Effekt von Analgetika mit Coffein bei vasomotorischen Kopfschmerzen erklären.
    • Coffein erhöht wohl auch die Resorptionsgeschwindigkeit der gleichzeitig aufgenommenen Analgetika.
  • Ein erhöhtes Abhängigkeitspotential von coffeinhaltigen Analgetikakombinationen wird inzwischen von den meisten Experten verneint.

Pharmakologie

Typ

Pharmakodynamik

Wirkeintritt < 10 min
Wirkungsmaximum ca. 30 min
Wirkdauer 2 - 3 h

Wirkungen (kompakt)

Wirkungen (ausführlicher)

  • Ab einer Dosis von etwa 1,4 mg/kg zeigen sich die zentralen Wirkungen des Coffeins vorwiegend auf die Großhirnrinde.
    • Beim Ermüdeten werden die Ermüdungserscheinungen aufgehoben und die geistigen Leistungen gesteigert. Ausgeruhte, hellwache Personen können dagegen ihre Leistungsfähigkeit durch Einnahme von Coffein kaum verbessern. Eine leichte Euphorie kann auftreten.
  • In Dosen ab ca. 2,5 mg/kg werden auch das Vasomotoren- und das Atemzentrum durch Coffein erregt.
  • Coffein erweitert die Koronargefäße und stimuliert die Ganglien des Reizleitungssystems. Das Herzminutenvolumen wird erhöht.
    • Da gleichzeitig Haut-, Nieren- und Koronargefäße durch peripheren Angriff erweitert werden, kommt es trotz erhöhter Herzleistung meist zu keiner Steigerung des Blutdrucks.
  • Ab einer Dosis von etwa 5 mg/kg werden auch motorische Zentren beeinflusst, bis dahin praktisch nur sensorische.
  • Die langfristige Einnahme von täglich mehr als ca. 8,5 mg/kg kann zu Angstgefühlen, Schlafstörungen, Hypertonie und Magen-Darm-Beschwerden führen.
  • Die Steigerung der Diurese kommt durch Erweiterung der Nierengefäße, nachfolgender besserer Durchblutung der Nieren und Erhöhung des Herzminutenvolumens zustande.
    • Coffein stimuliert zwar nach der Einnahme den Harndrang, beeinflusst allerdings die Gesamtharnmenge über den Tag nicht nennenswert.
  • Coffein besitzt außerdem Stoffwechseleffekte, so fördert es die Glykogenolyse und die Lipolyse.

Wirkmechanismen 

  • Coffein wirkt antagonistisch an Adenosin-Rezeptoren und schwächt so die Effekte von Adenosin dosisabhängig ab.
  • Durch die Blockade von A1-Rezeptoren wird die Ausschüttung insbesondere von Glutamat und Dopamin aus für die Reizleitung zuständigen Synapsen vermehrt - es kommt zu einem Wegfall der inhibitorischen Wirkung von Adenosin.
  • In höheren Dosierungen behindert Coffein auch den enzymatischen Abbau von cAMP zu 5'-AMP durch Hemmung von Phosphodiesterasen. Die intrazelluläre cAMP-Konzentration steigt somit an.
  • Dieser Effekt führt z.B. bei Adrenalin zu einer Verlängerung dessen Wirkdauer und Wirkstärke. Auch mit anderen Katecholaminen treten wirkverlängernde und verstärkende Effekte auf.
  • Die A2A-Rezeptor-antagonistische Wirkung beeinflusst auch das dopaminerge System. Dies könnte bei Erkrankungen wie Morbus Parkinson vorteilhaft sein, wo die neuroprotektive Wirkung von A2A-Rezeptor-Antagonisten (z.B. Istradefyllin) neue Therapiemöglichkeiten eröffnen könnte.
  • Auch an der Leber scheint eine Hemmung von A2A-Rezeptoren positive Effekte zu haben.

Pharmakokinetik

Bioverfügbarkeit (BVabs) ca. 100 %
Clearance (CLtot) 100 ml/min
Eliminationshalbwertszeit (t1/2) 3 - 5 h
(aktive Metaboliten) 3 - 7 h
(Neugeborene) 65 - 130 h
Extrarenale Eliminationsfraktion (Q0) 1,0
Plasmaproteinbindung (PB) 40 %
(andere Quelle) 25 - 36 %
tmax ca. 30 min
Verteilungsvolumen (Vapp) 0,6 L/kg

Resorption

  • Nach oraler Applikation wird Coffein rasch und vollständig resorbiert.

Metabolisierung & Exkretion

  • Coffein wird vor allem über die Cytochrom-P450-Enzyme CYP1A1 und CYP1A2 metabolisiert.
  • Insgesamt werden etwa 95 % des aufgenommenen Coffeins metabolisiert, wobei die Demethylierung und die Hydroxylierung an C-8 die wichtigsten Abbauwege sind.
    • Die Demethylierung führt zu 1,7-Dimethylxanthin und wird durch CYP1A2 katalysiert.
  • Die Hauptausscheidungsprodukte im Urin sind Di- und Monomethylxanthin sowie Trimethyl-, Dimethyl- und Monomethylharnsäure.
    • Die wichtigste Familie der zunächst gebildeten Metaboliten sind die Dimethylxanthine. Etwa 80 % des resorbierten Coffeins wird zu Paraxanthin (1,7-Dimethylxanthin), etwa 10 % zu Theobromin (3,7-Dimethylxanthin) und etwa 4 % zu Theophyllin (1,3-Dimethylxanthin) abgebaut.
  • Die gleichzeitige Einnahme mit Alkohol verlängert die Eliminationshalbwertszeit.

Toxikologie

LD50 (Ratte, p.o.) 381 mg/kg

Bemerkungen

  • Auch bei täglicher Zufuhr von Coffein treten keine bleibenden organischen Schädigungen auf.
  • Eine Toleranzentwicklung ist jedoch ebenso möglich, wie Entzugserscheinungen.
    • Letztere äußern sich in Form von Kopfschmerzen, Nervosität, Reizbarkeit und Konzentrationsstörungen. Sie treten meist etwa 24 - 48 h nach Beendigung der Coffeinzufuhr auf und meist nur von kurzer Dauer.
  • Vegetativ Labile können jedoch schon auf niedrige Coffeindosen mit Schlaflosigkeit, innerer Unruhe, Tachykardie und evtl. Durchfällen reagieren.
    • Andererseits fördert Coffein bei älteren Menschen z.T. das Einschlafen, eventuell durch die verbesserte Hirndurchblutung infolge der gesteigerten Herzleistung. Doch ist der genaue Mechanismus hierfür nicht bekannt.
  • Dosierungen von über 300 mg können auch bei Gesunden zu Tremor der Hände, Nervosität und evtl. sogar leichten Herzbeschwerden führen.
  • In Tierversuchen waren sehr hohe Dosen von Coffein teratogen.
  • Bei Schwangeren besteht bei Dosierung über 600 mg pro Tag die Gefahr vermehrter Aborte und Frühgeburten.

Bemerkungen

Allgemeines

  • Von den in Pflanzen vorkommenden Xanthin-Derivaten Coffein, Theophyllin und Theobromin besitzt Coffein die stärkste psychotonische Wirkung. Weniger wirksam ist Theophyllin, während Theobromin keinen zentral erregenden Effekt hat.
  • Coffein wird in anregenden Getränken (Kaffee, Tee, Cola) von einem großen Teil der Bevölkerung regelmäßig eingenommen.
  • Nach Kaffeegenuss tritt die Coffeinwirkung relativ rasch ein, erreicht nach ca. 30 Minuten ihr Maximum und klingt allmählich innerhalb von 2 - 3 Stunden wieder ab. Nach Teegenuss ist der Wirkeintritt verzögert, die Wirkdauer verlängert.

Coffeingehalt einiger Lebensmittel

Lebensmittel ungefährer Coffeingehalt
Spannbreite Durchschnittswert
Kaffee (Tasse à 150 ml) 50 - 150 mg 100 mg
Tee (Tasse à 150 ml) 25 - 90 mg 50 mg
Kakao (Tasse à 150 ml) 2 - 20 mg 5 mg
Halbbitterschokolade (100 g) 50 - 110 mg 90 mg
Vollmilchschokolade (100 g) 3 - 35 mg 15 mg
Cola (333 ml) 35 - 55 mg 40 mg
Energy-Drink   80 mg

Geschichtliches

  • Coffein wurde 1820 von Runge erstmals isoliert.
  • 1832 bestimmten Pfaff und Liebig die Summenformel.
  • Die genaue Struktur wurde 1875 von Medicus erstmals postuliert.
  • Erst 1895 durch die erste Vollsynthese durch Emil Fischer konnte sie bestätigt werden.

Chemie

Strukturformel

Summenformel

C8H10N4O2

Molekülmasse

  • 194,191

IUPAC

  • 1,3,7-Trimethyl-3,7-dihydro-1H-purin-2,6-dion
  • 1,3,7-Trimethyl-3,7-dihydro-2H-purin-2,6-dion

CAS-Nummer

  • 58-08-2

Eigenschaften

Schmelzpunkt (α-Form) 236 °C
Löslichkeit (H2O) 21,74 g/L
Dichte 1,23 g/cm3
log P -0,5
pKS 10,4
pKB (25 °C) 14,2

Sonstige Eigenschaften

  • Weißes Pulver oder hexagonal prismatische Kristalle, ohne Geruch und mit schwach bitterem Geschmack.
  • Löslich in kaltem Wasser (1:50), leicht löslich in siedendem Wasser (7:10), Chloroform (181,82 g/L), Ethanol (1:75 bzw. 15,15 g/L), Aceton (1:50), Dichlormethan (1:15), schwer löslich in Diethylether (1:900).
  • Bei Raumtemperatur liegt normalerweise die β-Form vor. Oberhalb 141 °C, verwandelt sich diese in die α-Form.
  • Bereits ab 178 °C beginnt die Substanz zu sublimieren.

Bemerkungen

Synthese

+ CH3I


Analytik

Stas-Otto-Gang

Identität

IR-Spektrum

NMR-Spektrum

  • 90 MHz in D2O

Massenspektrum

UV-Spektrum

  • Absorptionsmaximum in HCl (0,1 mol/l) bei 272 nm (E = 470).

Biologie

Vorkommen

  • Enthalten in den Samen des Kaffeestrauchs, in den Blättern des Teestrauchs, in Mate und der Colanuss.

Sicherheit

Gefahrstoffklasse

Xn

 

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