P-Glykoprotein (P-gp)
Synonyme
- ABCB1 (ATP-binding cassette sub-family B member 1), MDR1, PGY1
Definition
- P-Glykoprotein ist ein humaner ABC-Transporter aus der
MDR/TAP-Unterfamilie.
Vorkommen
- p-Glykoprotein findet sich auf einer Vielzahl von Körperzellen, wobei es
physiologisch besonders stark exprimiert wird auf:
- Zellen des Darmepithels
- Hepatozyten
- Zellen des proximalen Tubulus in der Niere, der Pankreas und des
Herzens
- Endothelzellen der Kapillarwände im Bereich der Blut-Hirn-Schranke
- Es ist das Genprodukt des MDR1-Gens (Multiple Drug Resistance Gen 1).
Aufbau & Funktion
- P-Glykoprotein ist ein 170 kDa schweres transmembranäres Glykoprotein.
Der Zuckerrest macht etwa 10 - 15 kDa des Moleküls aus und hängt am N-Terminus.
- Das Protein weist insgesamt 12 helikale Transmembrandomänen und zwei Nukleotidbindungsdomänen
(ATP-Bindungsstellen) auf.
- Die N-terminale Hälfte des Moleküls besteht aus 6
Transmembrandomänen an die sich eine große zytoplasmatische Domäne mit
einer ATP-Bindungsstelle anschließt. Die andere Hälfte des Moleküls
besteht erneut aus 6 Transmembrandomänen und einer ATP-Bindungsstelle. Die
Aminosäuresequenzen der beiden Hälften gleichen sich zu über 65 %.
- P-Glykoprotein ist mit zwei lipophilen Molekülteilen in der Zellmembran verankert. Ins
Zytoplasma ragen zwei hydrophile Molekülteile, die die ATP-Bindungsstellen
sowie die Substratbindungsstelle tragen.
- Die eigentliche Substratbindungsstelle
stellt man sich als lipophile Tasche vor.
- Bindet ein Substrat an die
Bindungsstelle, kommt es zu einer Konformationsänderung, die die Hydrolyse des
gebundenen ATPs auslöst. Dadurch verändert sich die Konformation von P-Glykoprotein
weiter und das Substrat wird durch einen sich bildenden Kanal in den
Extrazellularraum befördert.
Aufgaben & Funktionen
- P-Glykoprotein ist eine ATP-abhängige (aktive) Effluxpumpe mit hoher
Substratspezifität. Es entwickelte sich wahrscheinlich als hocheffektiver
Transporter für verschiedene toxische Substanzen im Laufe der Evolution.
- Es transportiert verschiedenste Moleküle mit Molekülmassen zwischen ca.
400 und 2000 Da, darunter Lipide, Steroide, Peptide, Bilirubin und andere
Xenobiotika.
- Von besonderer pharmazeutischer Bedeutung ist seine Fähigkeit, zahlreiche
Arzneistoffe aus Körperzellen entfernen zu können. So fungiert
P-Glykoprotein unter
anderem für die am Ende dieser Seite aufgeführten Arzneistoffe und Arzneistoffgruppen als Effluxtransporter.
Man erkennt, dass MDR1 eine wichtige Rolle für die Distribution vieler
Arzneistoffe und
deren Bioverfügbarkeit am eigentlichen Wirkort spielt.
Physiologische & pharmakologische Bedeutung
Allgemeines
- Durch genetische Polymorphismen im MDR1-Gen kann die Aktivität und
Expression von P-Glykoprotein deutlich interindividuell unterschiedlich sein.
- ABCB1 kann sowohl induziert, als auch inhibiert werden. In der Mehrzahl der
Fälle zeigen Substanzen, die einen Effekt auf die Aktivität von P-GP haben,
auch einen gleichgerichteten Effekt auf CYP3A4.
-
Bei vielen Arzneistoffen, für die man eine Induktion oder Hemmung von CYP3A4
für mögliche Interaktionen verantwortlich macht, lässt sich dieser Einfluss
tatsächlich nicht allein auf CYP3A4 zurückführen.
- In der Praxis ist es
überaus schwierig den genauen Anteil von P-GP bzw. CYP3A4 für eine spezielle
Interaktion zu ermitteln.
- Die Wechselwirkung zwischen Chinidin und Digoxin wird inzwischen
weitestgehend auf eine Hemmung von P-GP zurückgeführt.
- Die Digoxin-Clearance
vermindert sich nach Beginn einer gleichzeitigen Therapie mit Chinidin im
Verlauf von 1 bis 7 Tagen erheblich, was zu toxischen Digoxinkonzentrationen
führen kann.
- Bei gleichzeitiger Einnahme von P-gp-Inhibitoren (siehe unten) können auch Substanzen, die sonst aufgrund ihres aktiven
Heraustransports aus den Zellen der Blut-Hirn-Schranke nicht in den Liquor
übertreten können, nun ins ZNS gelangen. So sind nun zentrale Wirkungen von
ansonsten nicht ZNS-gängigen Arzneistoffen nicht auszuschließen, z.B. bei Loperamid, das nun plötzlich doch müde
machen oder sogar die Atmung
beeinträchtigen kann.
P-Glykoprotein im Intestinum
- Eine erhöhte intestinale P-Glykoprotein-Expression kann die Resorption
von Arzneistoffen, die Substrate von ABCB1 sind durch beschleunigten
Transport aus den Zellen des Darmepithels verringern. Umgekehrt kann eine
verminderte Anzahl oder eine Hemmung von P-Glykoprotein zu einer
verstärkten Resorption mit nachfolgender Gefahr einer Überdosierung
führen.
P-Glykoprotein in den Nieren
- Eine Hemmung von P-Glykoprotein in den Nieren führt zu einer verminderten
Ausscheidung von normalerweise renal ausgeschiedenen Metaboliten. Dies kann
zu einer Anreicherung toxischer Abbauprodukte im Körper führen.
P-Glykoprotein in der Blut-Hirn-Schranke
- P-Glykoprotein stellt eine wichtige Komponente der Schutzwirkung der
Blut-Hirn-Schranke dar. Eine Hemmung des Glykoproteins führt zu einer
erhöhten Permeabilität der Blut-Hirn-Schranke, was bei Arzneistoffen eine
stärkere ZNS-Wirkung und/oder stärkere zentralnervöse Nebenwirkungen zur Folge hat.
P-Glykoprotein im Knochenmark
- ABCB1 schützt im Knochenmark die empfindlichen hämatopoetischen
Stammzellen vor toxischen Einflüssen.
P-Glykoprotein auf Tumorzellen
- Bei Tumorzellen kann eine vermehrte Expression von MDR1 zur Entwicklung
von Resistenzen gegen diverse Zytostatika führen.
- P-Glykoprotein ähnliche Proteine finden sich auch auf Bakterien. Die
Expression solcher Effluxtransporter kann durch Ausschleusung bestimmter
Substanzen klinisch relevante Resistenzen gegen verschiedene Antibiotika zur
Folge haben.
P-Glykoprotein als potentielles Drug Target
- Die resistenzfördernde Wirkung von P-Glykoprotein bei Bakterien und
Tumorzellen macht es zu einer interessanten Zielstruktur für die
Entwicklung neuer Arzneistoffe und Therapieschemata.
- Ziel ist meist eine selektive Hemmung von P-Glykoprotein auf den
Zielzellen. Dazu werden z.B. bekannte P-Glykoprotein-Inhibitoren an
spezifische monoklonale Antikörper gekoppelt.
- Ein anderer möglicher Weg zur Verminderung der MDR1-Aktivität besteht in
einer direkten Verringerung der Expression des MDR1-Gens und somit der
Anzahl von P-Glykoprotein-Molekülen auf der Oberfläche der Zielzellen.
Beispiele
Substanzen
Sonstige
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